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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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okay.«
    Ich hatte meine Wildlederhandschuhe drinnen liegen lassen, aber es schien keine gute Idee zu sein, hineinzugehen und sie zu holen. Ich steckte die Hände in die Taschen und machte mich auf den Rückweg zur Zufahrtstraße. Ich schätzte meine Chancen, mitgenommen zu werden, bevor die Bullen mich schnappten, auf eins zu zehn. Meine Ohren waren eiskalt, und mir war flau im Magen. Beschissene Nacht.
    »Warte! He, warte!
    Ich drehte mich um. Sie war es, sie lief, um mich einzuholen, und ihre Haare wehten hinter ihr her.
    »Du warst toll«, sagte sie. »Echt toll.«
    »Ich habe ihn schwer verletzt«, sagte ich dumpf. »Ich habe so etwas noch nie getan.«
    »Ich wünschte, du hättest ihn umgebracht!«
    Ich sah sie im frostklaren Licht blinzelnd an.
    »Du hättest hören sollen, was sie über mich gesagt haben, bevor du reingekommen bist. Gelacht haben sie, auf diese großspurige schmutzige Art – haha, seht euch das kleine Mädchen an, noch so spät im Dunkeln unterwegs. Wohin des Wegs, Süße? Willst du mitfahren? Ich besorg dir ’ne Fahrt, wenn du’s mir besorgst. Verdammt! «
    Sie sah über die Schulter, als könnte sie sie mit einem Blitz aus ihren dunklen Augen töten. Dann wandte sie sich mir wieder zu, und ich hatte wieder das Gefühl, als wäre ein Scheinwerfer in meinem Gehirn eingeschaltet worden. »Ich heiße Nona. Ich komme mit dir.«
    »Wohin? Ins Gefängnis?« Ich zog mit beiden Händen an meinen Haaren. »Damit wird der Erste, der anhält, wahrscheinlich ein Bulle sein. Dieser Koch hat es ernst gemeint, dass er die Bullen rufen würde.«
    »Ich halt den Daumen raus. Du stellst dich hinter mich. Sie werden für mich anhalten. Sie halten immer bei einem Mädchen, wenn es hübsch ist.«
    Dem konnte ich nicht widersprechen und wollte es auch nicht. Liebe auf den ersten Blick? Vielleicht nicht. Aber etwas war es. Können Sie das nachvollziehen?
    »Hier«, sagte sie. »Die hast du vergessen.« Sie gab mir die Handschuhe.
    Sie war nicht noch mal reingegangen, und das bedeutete, sie hatte sie die ganze Zeit gehabt. Sie hatte gewusst, dass sie mit mir kommen würde. Mir wurde unheimlich zumute. Ich zog meine Handschuhe an, und wir gingen die Zufahrtstraße entlang zur Autobahnböschung.
     
    Sie hatte recht gehabt mit der Fahrt. Das erste Auto, das den Zubringer entlangkam, nahm uns mit.
    Wir hatten beim Warten nicht mehr miteinander gesprochen, aber mir kam so vor, als hätten wir es. Ich werde Ihnen jetzt nicht diesen Blödsinn über PSI und so was auftischen; Sie wissen selbst, wovon ich spreche. Sie haben es selbst erlebt, wenn Sie je bei einem Menschen waren, der Ihnen wirklich nahestand, oder wenn Sie jemals eine dieser Drogen geschluckt haben, deren Namen aus Anfangsbuchstaben bestehen. Man muss sich nicht unterhalten. Die Kommunikation scheint über eine emotionale Hochfrequenz-Wellenlänge abzulaufen. Eine Handbewegung sagt alles. Wir waren Fremde. Ich kannte nur ihren Vornamen, und wenn ich jetzt zurückdenke, glaube ich nicht, dass ich ihr meinen gesagt habe. Aber es klappte. Es war keine Liebe. Ich hasse es, das dauernd zu wiederholen, aber ich habe das Gefühl, ich müsste es. Ich möchte das Wort nicht mit dem, was zwischen uns war, in den Dreck ziehen – nicht nach allem, was wir getan haben, nicht nach Castle Rock, nicht nach den Träumen.
    Ein hoher, greller auf- und abschwellender Sirenenton zerriss die kalte Stille der Nacht.
    »Hört sich wie ein Krankenwagen an«, sagte ich.
    »Ja.«
    Wieder Schweigen. Das Mondlicht verschwand hinter der dicken Membran einer Wolke. Ich dachte, der Mond hatte nicht getrogen; noch bevor die Nacht vorüber war, würden wir Schnee bekommen.
    Scheinwerfer tasteten sich über den Hügel.
    Ich stellte mich hinter sie, ohne dass sie es mir noch einmal sagen musste. Sie strich ihr Haar zurück und hob dieses wunderschöne Gesicht. Während ich beobachtete, wie der Blinker signalisierte, dass das Auto auf die Autobahnauffahrt wollte, überkam mich ein Gefühl des Unwirklichen  – es konnte nicht wirklich sein, dass dieses bildschöne Mädchen sich entschlossen hatte, mit mir zu kommen, es konnte nicht wirklich sein, dass ich einen Mann so zusammengeschlagen hatte, dass er einen Krankenwagen brauchte, es konnte nicht wirklich sein, dass ich am Morgen im Gefängnis sein würde. Unwirklich. Ich kam mir vor wie in einem Spinnennetz. Aber wer war die Spinne?
    Nona streckte den Daumen aus. Das Auto, eine Chevrolet-Limousine, fuhr an uns vorbei, und ich dachte,

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