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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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Frömmigkeit und zog sich nach Schleißheim und in die Wilhelminische Feste, die heutige Maxburg, in München zurück.
    Herzog Maximilians größtes Bestreben war die finanzielle Sanierung seines Staates. Er reformierte die Beamtenschaft und schuf effektiv arbeitende Organe wie die Hofkammer. Er erließ Mandate gegen »gartende Knechte« (entlassene Soldaten, die von Raub und Erpressung lebten), gegen das Spielen, Fluchen, Kleiderordnungen, die den Luxus eindämmen sollten, und vieles mehr. Gleichzeitig sollte das Ansehen des Staates nach außen erhöht werden, wozu eine prächtige Residenz gehörte. Die recht günstige Scagliola-Kunst kam dem Herzog in seinem sparsamen Bestreben gerade recht. Es gelang ihm, Blasius und Wilhelm Fistulator (die latinisierte Form von Pfeiffer), angesehene Meister ihres Fachs, für sich zu verpflichten. Es heißt, dass zu jener Zeit Blasius Fistulator der einzige Scagliola-Künstler bis weit über die Landesgrenzen hinaus war, der sich meisterlich auf diese ungewöhnliche Kunstform verstand. Herzog Maximilian beanspruchte kurzerhand ein Monopol auf die Scagliola und das Geheimnis ihrer Fertigung. Mit dieser Kunsttechnik wurden nun ganze Kabinette, die Kapelle, Kamin- und Türumrahmungen der Steinzimmer ausgestattet und so die antike Tradition kaiserlicher Paläste zitiert. Auch in der Möbelkunst wurde die Scagliola eingeführt. Das erste nachweislich von Fistulator gefertigte Stück von großer zeremonieller Bedeutung ist eine vier Meter lange Tischplatte der verlorenen Fürstentafel im Antiquarium der Residenz. Noch heute sind in der Residenz einige außerordentliche Stücke von Vater und Sohn Fistulator, wie eine achteckige Tischtafel, zu bewundern.
    Wer einmal ein solches Kunstwerk gesehen hat, wird die Bewunderung von Herzog Maximilians Zeitgenossen für die Residenz und die Werke der Fistulators nachvollziehen können. Scagliola ist ein Kunstmarmor, eine Intarsien-Technik, die dem Kunsthandwerker einiges abverlangt. Die Hauptbestandteile von Kunstmarmor sind Gips, Leimwasser und Farbe, aber jede einzelne Komponente dieser Mischung bedarf einer perfekten Zusammensetzung. Gips härtet in kurzer Zeit aus, mit Leimwasser lässt sich die Abbindzeit verlängern. Allein das Kochen von Leimwasser ist eine Wissenschaft für sich. Leimwasser neigt zum Gelieren beim Erkalten und muss daher mit reinem Sumpfkalk aufgerührt werden. Zudem muss der Gips eingefärbt werden. Der Kunsthandwerker muss genau wissen, wie weit die Pigmente während des Trocknungsprozesses verblassen, wie sie auf verschiedene Füllstoffe reagieren. Füllstoffe können während der Arbeit ausgehen, und beim erneuten Anrühren können sich neue Farbnuancen ergeben etc. Es wird eine Art Farbteig angesetzt, dann müssen die verschiedenen Gemenge in Form gebracht werden. Die brockige Marmormasse wird eingespritzt, gegossen und gestrichen. Oft ist es notwendig, die einzelnen Vorgänge zu wiederholen. Alles, was auf dem Werktisch liegt, wird vorsichtig zusammengeschoben, gerollt, gedrückt, gelegt, nach weiteren Arbeitsgängen werden Scheiben aus der gewonnenen Masse geschnitten und auf den Untergrund aufgebracht, so dass eine Fläche entsteht. Von den Werkzeugen sind besonders die Kupferkelle und der Rackler zum Schälen und Abgleichen des Marmors zu nennen. Endlich muss die Fläche geschliffen und poliert werden. Auch hierfür sind viele verschiedene Arbeitsgänge notwendig. Die Fläche wird gesäubert und mit leicht angewärmtem, gebleichtem Mohnöl eingerieben. Danach wird die Oberfläche mit reinem Bienenwachs bestrichen, bis der unvergleichliche Glanz entsteht.
    Ich gebe hier nur einen kleinen Einblick in die komplizierten Arbeitsschritte bei der Herstellung von Stuckmarmor. Es lässt sich erahnen, von welch hohem Wert das Wissen und Können von Blasius und Wilhelm Fistulator für den Herzog gewesen sind. Stolz führte der Herzog hochrangige Gäste durch die Prunkräume, die zu seiner Zeit einmalig waren.
    Großartige Kunstwerke in Pietra-Dura, »commesso di pietre dure«, habe ich vor allem im Palazzo Pitti, Florenz, gesehen. Die Bilder aus Stein sind von unvergleichlicher Schönheit und haben mich zur Figur des Edelsteinschneiders Ruben Sandracce inspiriert. Die Technik wurde Ende des sechzehnten Jahrhunderts in den Hofwerkstätten der Medici in Florenz entwickelt. Da die besten Künstler an einem Ort verpflichtet wurden, konnten Technik und Werkzeuge weiterentwickelt werden und wundervolle Arbeiten entstehen. Die

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