Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan
dem Zimmer. Als er Schritte hörte, drehte er sich um.
Hinter Bandaus Rücken stand ein Schreibtisch mit einem MacBook Pro darauf, das offensichtlich ziemlich neu war. Der Deckel stand offen.
»Na, ist der Herr Beamte mal wieder ein wenig voreilig?« Ryans Lächeln war eisig.
»Nein, Sir.«
»Sie sind ohne Durchsuchungsbeschluss hier eingedrungen.«
»Wollte nur die Szene sichern.«
»Dann wollen wir mal hoffen, dass das stimmt.« Bandau sagt nichts im Sinne einer Rechtfertigung oder Entschuldigung.
Ryan und ich gingen methodisch vor, denn wir wussten nicht so recht, was wir suchten.
In den Küchenschränken standen angeschlagenes Geschirr, Reinigungsmittel, Fertigprodukte aus dem Supermarkt und genügend Selbst eingemachtes, um den nächsten Advent zu überdauern.
Der Kühlschrank zeigte das übliche Sortiment aus Würzsoßen, Milchprodukten, Frühstücksfleisch und Brot. Kein Kaviar. Keine Kapern. Kein französisches Mineralwasser in Glasflaschen.
Ein Teller, ein Glas und Besteck klemmten in einem Trockengestell aus Plastik. Auf einer Arbeitsfläche stand eine halb leere Flasche Scotch.
Das Bad war, wie die Küche, überraschend sauber. Im Medizinschränkchen rezeptfreie Medikamente und persönliche Pflegeprodukte. In der Dusche billiges Shampoo und billige Seife.
Das Schlafzimmer war ähnlich unauffällig. Doppelbett mit grauer Wolldecke, Kissen, keine Tagesdecke. Nachtkästchen mit Lampe, Radiowecker und Augentropfen. Hölzerne Kommode mit Boxershorts und T-Shirts, einer gestreiften Krawatte und einem halben Dutzend zusammengerollte Socken, alle schwarz, in den Schubladen.
Der Wandschrank hatte die Größe eines Briefkastens. Jeans und Hemden. Schwarze Polyesterhose. Ein hässliches Sportsakko, hellbrauner Cordsamt.
Auf dem Boden standen zweieinhalb Paar Stiefel, ein Paar Schnürhalbschuhe und ein Paar Sandalen mit Reifengummi als Sohlen.
Auf dem obersten Regalbrett lagen Stapel von Magazinen. Ryan zog ein paar heraus und blätterte sie durch. »Aber hallo.«
Ich las die Titel. Titten-Mann. Arsche-Mann. »Der Kerl ist flexibel«, sagte ich.
Ryan nahm ein anderes zur Hand. Lollipopmädchen. Die erste Geschichte hatte den Titel Park ihn in meinem Höschen. Ich versuchte, dieses literarische Juwel zu entziffern. Gab es auf. Die Aufforderung ergab keinen Sinn.
Ich schaute Ryan an. Seine Augen und die Brauen waren schon wieder in Bewegung. Ich wusste, dass ich gleich einen Höschenkommentar zu hören bekommen würde.
»Anstandsformen, Sir.«
»Dorthinnen wir zu jenem trefflichen Computer?«, fragte Ryan bescheiden.
»Dorthin ist kein Verb.«
»Lasst uns voran, flachshaarige Maid.«
Mein Augenverdreher dürfte eine persönliche Bestleistung gewesen sein.
»Ich unterwerfe mich den überleg'nen Künsten meiner edlen Dame.«
»Vielen Dank.«
»Und ihrer unbefleckten Unterwäsche.« Ich boxte Ryan auf den Arm und deutete zum Schreibtisch.
Bandau stand weiter am Fenster, die Beine gespreizt, die Ellbogen angewinkelt, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und schaute hinaus.
»Kein Telefon«, sagte ich. »Keine Kabel. Hatte Laurier ein ISP-Konto?«
»Soll heißen?«
»Internal Service Provider. Wie Videotron oder Bell?«
»Soweit ich das feststellen konnte, nicht.«
Der Mac erwachte schnurrend zum Leben und fragte nach einem Passwort. Ich versuchte PASSWORT. 123456. ABCDEF. Verschiedene Kombinationen aus Jean und Laurier. Lauriers Adresse und den Straßennamen. Das alles durcheinander gemischt und von hinten nach vorne. Kein Erfolg.
LOWERY.
Nichts.
YREWOL.
Ich nahm die Initialen JCR und wandelte sie um in die Positionsziffern im Alphabet. 100318. Drehte die Abfolge um. 813001. Nahm die Initialen von hinten nach vorne. 180310. Drehte auch das um. 0130081.
Doch der kleine Cursor widerstand mir noch immer.
Ich stellte mir ein Telefon vor und probierte die Ziffernschlüssel der Buchstabenfolge LOWERY.
569379. Ich war drin.
Als der Computer komplett hochgefahren war, entdeckte ich am rechten Rand der Symbolleiste ein fächerförmiges Icon. Drei Streifen. Ich klickte es an.
»Er hat sich ins Signal der Nachbarn eingehackt.« Ich deutete auf den Codenamen eines Netzwerks. Fife.
»Kann er das tun?«
»Die Fifes haben wahrscheinlich ihre Telefonnummer als Passwort benutzt. Viele Leute tun das. Laurie kannte sie oder schaute sie nach. Vielleicht fragte er sie auch um Erlaubnis. Wie auch immer, sobald das Passwort eingegeben ist, erinnert sich der Computer an das Netzwerk und wählt es
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