Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan
bleiben. Oder in Savannah, Raleigh oder Kathmandu.«
Es gibt einen Gott, der unsere Gebete erhört.
»Wie geht's Lija?«, fragte ich.
»Klasse.«
Katy und Lija Feldmann sind seit der Highschool beste Freundinnen. Vor einem Jahr, nach Katys lange hinausgezögertem Collegeabschluss, beschlossen die beiden, zusammenzuziehen. So weit, so gut.
»Wie ist die Arbeit?«
»Hirnbetäubend. Ich sortiere Blödsinn, kopiere Blödsinn, recherchiere Blödsinn. Hin und wieder gebe ich Blödsinn im Gerichtsgebäude zu den Akten. Diese Ausflüge in die heiligen Hallen der Justiz bringen mein Adrenalin echt in Wallung.« Sie lachte. »Aber wenigstens habe ich einen Job. Die Leute werden entsorgt wie Atommüll.« Okay.
»Wo bist du?«
»Im Stadthaus. O Gott. Ich hoffe, wir können hier bleiben.«
»Soll heißen?«
»Coop kommt aus Afghanistan zurück.«
Coop war Katys Vermieter und, soweit ich das beurteilen konnte, hin und wieder auch von romantischem Interesse. Schwer zu sagen. Der Mann schien permanent außer Landes zu sein.
»Ich dachte, Coop ist in Haiti.«
»Schnee von gestern. Sein Engagement beim Friedenskorps endete vor zwei Jahren. Dann war er zehn Monate in den Staaten und arbeitet jetzt für eine Gruppe mit dem Namen International Rescue Committee. Die haben ihre Zentrale in New York.«
»Wie lange ist Coop schon in Afghanistan?«
»Fast ein Jahr. Irgendwo in einer Ecke namens Helmand-Provinz.«
War Coops Wiederauftauchen der Grund für Katys sonnige Laune? Und für Smooths Abgang?
»Du scheinst dich über seine Rückkehr zu freuen.« Diskret.
»O ja.« Das O war so lang wie fünf Vokale. »Coop ist irre. Und er kommt sofort zu mir, nachdem er sich zu Hause gemeldet hat.«
»Wirklich.« Mein Tonfall machte daraus eine Frage. »Wenn du es schlau anstellst, liebste Mommy, dann bringe ich ihn vielleicht mal vorbei.«
Eine offensichtliche Finte, aber da Katy so aufgeregt war, beschloss ich, das Thema weiterzuverfolgen.
»Wie heißt denn dieser irre Herr mit richtigem Namen?«
»Webster Aaron Cooperton. Er ist aus Charleston.«
»Du hast ihn auf der UVA kennengelernt?«
»Ja.«
»Wie kommt es, dass der junge Mr. Cooperton Besitzer eines Stadthauses in Charlotte ist?«
»Er hat hier die Schule abgeschlossen.«
»Gefiel es ihm in Charleston nicht?«
»Wurde nicht wieder eingeladen.«
»Verstehe.«
»Er ist wirklich nett. Man kann viel Spaß mit ihm haben.« Daran hatte ich keine Zweifel. »Und das Stadthaus?«
»Seine Eltern kauften es ihm, als er auf die UNCC wechselte. Als Investition. Die sind vraiment gespickt.«
Daher Coops Freiheit, sich in moralisch bewundernswerten, aber jämmerlich unterbezahlten Jobs zu engagieren.
Wie auch immer. Zotteliger Musiker draußen. Abgesicherter Aktivist drin. War mir ganz recht.
»Warst du nach Coops Rückkehr aus Haiti mit ihm zusammen?«
»Wenn es ging. Er war viel in New York.«
Ich hielt einen Augenblick inne, um Katy die Möglichkeit zu geben, zum Grund ihres Anrufs zu kommen. Wie sich zeigte, gab es keinen.
»Na dann, Mommy-o. Einen schönen Tag noch.«
Mommy-o?
Wer war diese fremde Frau, die sich als meine Tochter ausgab?
Gegen Mittag brachte Ryan Charlie vorbei. Da er gleich wieder zu Lily wollte, blieb er nur kurz. Die Tür hatte sich kaum geschlossen, als der Vogel zwei seiner schlüpfrigeren Sprüche abließ.
»Immer rein mit den jungen Stechern!«
»Charlie!«
»Klappe zu und Falle auf.«
Ganz offensichtlich war die Papagei-Trainings-CD in meiner Abwesenheit nicht sehr oft gespielt worden.
Kurz zur Information: Charlie war vor einigen Jahren bei einer Razzia in einem Bordell konfisziert worden und wurde dann zu Ryans Geschenk an mich. Das Repertoire des kleinen, gefiederten Freundes lässt, sagen wir mal, tief blicken.
Um eins rief Jean-Claude Hubert, der Chief Coroner, an. Hubert hatte John Lowerys Vater ausfindig gemacht, einen gewissen Plato Lowery, und ihn über die Fingerabdruckidentifikation der Leiche in Hemmingford informiert. Zunächst war Plato verwirrt. Dann schockiert. Dann skeptisch.
Die United States Army war ebenfalls ins Bild gesetzt worden.
»Und jetzt?«, fragte ich Hubert.
»Jetzt warten wir ab, was Uncle Sam zu sagen hat.«
Um halb zwei fuhr ich zum Marché Atwater in der Nähe des Lachine-Kanals im Viertel Saint-Henri. Der Markt, der im Jahr 1933 gegründet wurde, liegt nur zehn Autominuten von meiner Wohnung entfernt.
Im Inneren des zweistöckigen Art-déco-Pavillons bieten Läden und Stände Käse, Wein,
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