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Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan

Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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zeigen.
    »Tut mir leid.« Katy hob die Hand zum Mund, ließ sie mitten in der Bewegung erstarren, als wüsste sie nicht so recht, warum sie es tat. »So habe ich das nicht gemeint.«
    »Ich weiß.«
    »Es ist nur so ...« Sie bewegte die Finger. »Ich habe eine solche Wut in mir, und ich weiß nicht, worauf ich sie richten soll.« Sie schlug sich mit der Faust aufs Knie. »Auf den blöden Coop, weil er nach Afghanistan ging? Auf die Taliban, weil sie ihn erschossen haben? Auf Gott, weil er es zuließ? Auf mich, weil es mich fertigmacht?«
    Katy drehte sich zu mir um. Ihre Augen waren zwar trocken, das Gesicht jedoch bleich und abgespannt.
    »Ich weiß, dass Wut und Selbstmitleid sinnlos und kontraproduktiv und selbstzerstörerisch und blabla sind. Und ich versuche wirklich, mich aus diesem Loch wieder herauszuziehen. Wirklich. Es ist nur so, dass das Leben im Augenblick ziemlich beschissen ist.«
    »Ich verstehe.«
    »Wirklich? Hattest du schon mal jemanden, der einfach abgeknallt wurde? Jemanden, der dir wirklich wichtig war?«
    Hatte ich. Gabby, meine beste Freundin. Polizisten, mit denen ich gearbeitet hatte und die mir wichtig waren. Eddie Rinaldi in Charlotte. Jean Bertrand, Ryans Partner. Ich sagte es nicht.
    »Schau, Mom. Ich weiß, dass du hier bist, um zu arbeiten. Und ich weiß, dass du für Coops Tod nichts kannst. Aber du bist den ganzen Tag nicht da, und dann kommst du zurück voller Sonnenschein und Mitleid.« Sie streckte beide Hände in die Höhe. »Ich weiß auch nicht. Du bist in Reichweite, deshalb kriegst du die geballte Ladung ab.«
    »Ich habe schon Schlimmeres abbekommen.«
    Ein dünnes Lächeln.
    Katy wandte sich von mir ab und spielte mit der Kordel an ihrer Taille, verdrehte die Enden zwischen den Fingern.
    Über unseren Köpfen raschelten Palmwedel in der Brise. Unten am Strand schrien Möwen.
    Katy hatte recht. Ich hatte sie Tausende von Meilen mitgeschleppt und dann an einem Ort allein gelassen, über den sie nichts wusste. Ja, sie war vierundzwanzig, ein großes Mädchen. Aber im Augenblick brauchte sie mich.
    Das vertraute, alte Dilemma krampfte mir die Eingeweide zusammen. Wie sollte ich Mutterschaft und Arbeit unter einen Hut bringen?
    Nur jeden zweiten Tag im CIL arbeiten? Halbtags?
    Unmöglich. Ich war auf Kosten des JPAC nach Honolulu gekommen. Und Plato Lowery wartete ungeduldig auf eine Antwort.
    Katy mitnehmen ins CIL? Eindeutig eine schlechte Idee.
    Ich setzte zum Sprechen an. »Vielleicht könnte ich —«
    »Nein, Moni. Du musst in die Arbeit gehen. Ich hätte nicht sagen sollen, was ich gesagt habe.«
    »Es hilft, wenn man sich beschäftigt.« Sanft.
    Ich machte mich auf eine heftige Reaktion gefasst. Sie kam nicht.
    »Ja«, sagte Katy. »Das stimmt.« Vorschläge sprangen mir ins Hirn.
    Nein!, rief ein weiser Sektor meiner grauen Zellen. Gib ihr Zeit. Freiraum.
    Ich stand auf und drückte Katys Schultern. Dann ging ich nach drinnen, zog mir Shorts an und lief zum Strand hinunter.
    Während ich am Wasserrand entlangspazierte, kamen mir Kindheitserinnerungen in den Sinn. Sommer auf Pawley's Island. Meine Schwester Harry. Oma. Meine Mutter Katherine Daessee Lee.
    Daisy.
    Angeregt von der Umgebung und der Unterhaltung mit Katy, feuerten Synapsen Bilder und Gefühle ab.
    Die Augen meiner Mutter, grün wie meine eigenen. Manchmal strahlend. Manchmal kühl und sich verweigernd.
    Die Verwirrung eines Kindes.
    Was für eine Mutter heute?
    Eine Frau voller gesellschaftlicher Anmaßung? Der neueste Urlaubsort, das schickste Restaurant, die Wohltätigkeitsveranstaltung, die den meisten Medienrummel verursacht?
    Eine Frau in Abgeschiedenheit? Die Vorhänge zugezogen, die Schlafzimmertür verschlossen, drinnen Weinen oder Stille.
    Wie ich Daisys überdrehten Partymodus hasste. Wie ich ihren Rückzug in ihre fliederduftende Zelle hasste.
    Mit der Zeit wurden die geschlossenen Türen und der distanzierte Blick zur Norm.
    Als Kind hatte ich meine Mutter abgöttisch geliebt. Als Erwachsene stellte ich mir schließlich die grausame Frage. Hat meine Mutter mich je geliebt?
    Und ich hatte mich der Antwort gestellt. Ich wusste es nicht.
    Meine Mutter liebte meinen kleinen Bruder Kevin. Und meinen Vater, Michael Terrence Brennan. Ich war acht, als beide starben, der eine an Leukämie, der andere betrunken am Steuer. Die doppelte Tragödie veränderte alles.
    Aber stimmte das wirklich? Oder war Daisy schon immer verrückt?
    Dieselbe Antwort. Ich wusste es nicht.
    Ich wollte eine Nähe zu meiner

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