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Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan

Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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worauf Danny hinauswollte. »Aber auch das ist nicht immer passiert.«
    »Nein. Manchmal kam der Papierkram erst später. Vielleicht trafen Lowerys Unterlagen erst in Vietnam ein, als er bereits tot und seine Leiche nach Hause geschickt worden war.«
    »Ist aus der Akte ersichtlich, ob Röntgenaufnahmen überhaupt je existierten?«
    »Nicht wirklich. Sagen wir, bei einem Soldaten wurde eine Zahnwurzel- oder Bissflügelaufnahme gemacht. Dann wurden die Röntgenbilder entweder gelocht und direkt in die Akte geheftet oder in einen kleinen Umschlag gesteckt und lose beigefügt. So oder so könnten die Aufnahmen verloren oder verlegt worden sein.«
    Ein plötzlicher, unheilvoller Gedanke. »Oder absichtlich entfernt?«
    Etwas flackerte in Dannys Augen und verschwand, bevor ich es interpretieren konnte. »Soll heißen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Möglich.« Danny nahm ein Schädelfragment zur Hand und kratzte behutsam daran, so wie ich es bei Sugarman getan hatte. »Brandspuren.«
    »Vereinbar mit dem berichteten Hubschrauberabsturz«, sagte ich. »Wie auch die fehlenden Hände und Füße und die Schädelfrakturen.«
    »Das biologische Profil, die Verletzungen, das Timing, der Fundort. Es passte alles. Deshalb die Identifikation 68 in Tan Son Nhut.«
    »Johnson, Dadko und ein medizinischer Offizier mit Schreibproblemen schickten diesen Kerl als Spider Lowery nach Hause.«
    »Weickmann.«
    »Was?«
    »Der Name des medizinischen Offiziers war Weickmann.«
    »Konntest du dieses Gekritzel etwa lesen?«
    »Jahrelange Übung.«
    »Wie auch immer. Die Fingerabdrücke meiner Wasserleiche aus Quebec sagen, dass sie sich geirrt haben.«
    »Vietnam explodierte '68. Das System war überlastet.« In der Tat.
    Am Anfang des Krieges bearbeitete eine einzige Stelle alle Amerikaner, die in Südostasien ums Leben kamen. Als die Opferzahlen im Frühjahr 67 in die Höhe schnellten, wurde klar, dass man so nicht mehr weitermachen konnte. Die viel zu kleine und in einer überfüllten Ecke des Stützpunkts gelegene Leichenhalle in Tan Son Nhut war ineffizient, ungenügend und ein Gesundheitsrisiko.
    Daher wurde eine zweite Leichenhalle in der Da Nang Air Base eröffnet. Von Juni 67 an wurden die Überreste, die in der Zone des I. Corps geborgen wurden, nach Da Nang gebracht.
    Aber die Tet-Offensive ließ die Zahlen ins Atmosphärische steigen. Im Februar 68 bearbeiteten die zwei Leichenhallen etwa 3000 Tote, zu diesem Zeitpunkt eine größere Zahl als zu jeder vergleichbaren Epoche.
    Das Ergebnis war die Errichtung einer modernen Halle mit zwanzig Tischen auf einem neuen Grundstück in Tan Son Nhut. Im August 68 nahm diese neue Einheit ihren Betrieb auf.
    Spider Lowerys Huey stürzte im Januar dieses Jahres in Long Binh ab, also kurz nach der Tet und acht Monate vor Eröffnung der modernen Anlage in Tan Son Nhut.
    Im Chaos des Kriegs war ein Fehler gemacht worden.
    Kurz nach eins machten Danny und ich eine Pause. Weil wir an diesem Tag so viel wie möglich erreichen wollten, verzichteten wir aufs Mittagessen im Offiziersclub oder auf dem Malama-Golfplatz und begnügten uns stattdessen mit einer schnellen Pizza im BX. Das Futterloch. Es gibt einen Grund für diesen Spitznamen.
    Auf der Rückfahrt zum CIL rief ich Katy an. Sie als unglücklich zu beschreiben wäre, als würde man sagen, Nixon hätte sich über die Tonbänder ein bisschen geärgert.
    Um Viertel nach zwei waren Danny und ich wieder bei 2010-37. Zwei Stunden lang kratzten wir vertrocknetes Fleisch und Gewebe von Knochen, eine Arbeit, die ich extrem langweilig finde. Und der Geruch ist ekelhaft.
    Adipocire ist eine wachsähnliche Substanz, die durch die Hydrolyse von Fett bei der Verwesung entsteht. Ich war schon fast fertig, als ein kleiner Brocken des Zeugs von dem Fragment des Oberkiefers, das ich eben reinigte, ins Waschbecken fiel. Ich sah Wasser um den Brocken herumwirbeln, kleine Stückchen ablösen und in den Abfluss spülen.
    Dann richtete ich den Blick auf die nun freiliegende Gesichtsarchitektur. Von den Wangenknochen war nichts mehr vorhanden, und die Jochbein-Oberkiefer-Naht war unauffällig.
    Ich drehte das Fragment.
    Der obere Gaumen war breit, die sich überschneidenden Nähte größtenteils noch nicht verschmolzen.
    Ich führte meine Sonde in eine der leeren Zahnhöhlen ein. Wieder löste sich ein Krümel Adipocire. Mit den Augen verfolgte ich seine Flugbahn ins Waschbecken.
    Der erste Brocken war inzwischen um die Hälfte reduziert. Ich wandte mich bereits wieder

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