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Blut will Blut

Blut will Blut

Titel: Blut will Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Barnes
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ich liege gern
vor zwölf im Bett und mache noch eine Stunde Yoga vor dem Einschlafen. Mein
Kater macht Theater, wenn ich ihn nicht rechtzeitig füttere. Ich gehe jetzt
besser. Und ich finde, du solltest auch nicht allein hierbleiben.»
    «Wenn du es kannst...», begann
Spraggue.
    «Aber ich habe keine Angst vor
Gespenstern, Michael Spraggue. Du?»
    «Nein.» Spraggue senkte seinen
Blick nicht. «Gespenster interessieren mich nicht besonders.»
    «Nicht mal die Gespenster von
Selbstmördern?»
    «Du meinst den alten Phelps?»
    «Ah, du hast schon von ihm
gehört.» Deirdre nickte anerkennend. «Selbstmörder sind komisch. Sie können
einfach so Vampire werden. Müssen nicht erst gebissen werden.»
    «Spontane Vampir-Erzeugung»,
meinte Spraggue ernst.
    Sie lachte. «Es ist nicht, daß
du keine Angst vor Gespenstern hast. Du glaubst einfach nicht an sie. Das ist
etwas völlig anderes. Ich an deiner Stelle würde nicht nachts allein hier
bleiben.»
    «Ich habe nicht vor, lange zu
bleiben», erwiderte Spraggue. «Ich will nur einmal meinen Text für morgen
durchgehen, und dann bin ich wieder weg. Wahrscheinlich hole ich dich ein,
bevor du in den Bus steigst.»
    Zu seiner Erleichterung nahm
sie eine Jacke vom Stuhl. «Also, bis dann», sagte sie. Ihre hochhackigen Schuhe
machten keinen Laut auf den Stufen oder dem Teppich. Sie verschwand im Foyer.
Spraggue hörte, wie die Tür zufiel. Stille.
    Er bewegte sich schnell. Der
Schalter, mit dem die Arbeitsbeleuchtung ausgeschaltet wurde, befand sich neben
der zweiflügeligen Tür. Gott sei Dank. Wenigstens mußte er nicht über eine
pechschwarze Bühne gehen und hoffen, daß Deirdre nicht bei runtergelassener
Versenköffnung geprobt hatte. Er ging die Treppe zu Dariens Büro hinauf.
    Das Schloß war alt und
verrostet. Spraggue brauchte mit dem Dietrich zehn Minuten, bevor es aufging.
    Er zog das Rollo vor das
Fenster mit Blick auf die Huntington Avenue, widerstand dem Impuls, es zu
öffnen und den abgestandenen, süßlich kranken Geruch hinauszulassen, bevor er
die trübe Birne unter der Decke anknipste. Der Schreibtisch, das Sideboard, ein
freistehender Aktenschrank mit zwei Schubladen. Lange dürfte die Suche nicht
dauern. Fakten. Er brauchte Fakten: Lebensläufe, Programmhefte, finanzielle
Unterlagen. Wenn er wartete, bis Darien «die Angemessenheit der Herausgabe
solcher Dokumente» feststellte, würde die verfluchte Aufführung längst vorüber
sein.
    Die untere Schublade des
Aktenschrankes war seine Goldgrube. Ordentlich in alphabetischer Reihenfolge
abgelegte Lebensläufe, der Entwurf eines Programmheftes auf übergroßen
Kartonbögen. Die Aktenmappe mit der Aufschrift FINANZEN war leer.
    Er durchsuchte noch einmal die
anderen Schubladen. Vielleicht hatte Darien den Kram mit in sein Hotel
genommen, um alles noch einmal durchzugehen. Vielleicht bewahrte auch der fette
Intendant diese Unterlagen auf.
    Bis er mit dem ganzen
Papierkram im rund um die Uhr geöffneten Copy-Shop am Harvard Square gewesen
war, die Originale zurückgelegt und mit Tante Mary einen Schlummertrunk
genommen hatte... würde es wieder Zeit für die Proben sein!
    Die Hand auf dem Lichtschalter,
verharrte er einen Augenblick. Eine dicke, in rotes Leder gebundene Kladde lag
schief auf dem Schreibtisch. Er kehrte noch einmal zurück.
    Die fehlende Akte lag nicht
darunter, Finanzunterlagen stopfte man nicht in einen kleinen, unverschlossenen
weißen Umschlag.
    Spraggue richtete die Kladde
gerade aus, nahm sie dann noch einmal in die Hand. Die Schrift kam ihm bekannt
vor. Hier wartete noch Arbeit. Dieser Brief war mit der Post gekommen. Drei
ganze Zeilen Buchstaben und Zahlen in Blockschrift. Nicht einfach nur ein Name,
nicht einfach nur ein paar Zahlen...
    Spraggue ließ den Brief aus dem
Umschlag gleiten, breitete ihn auf dem Schreibtisch aus. Und das hier war auch
einfach zu verstehen:
    MR. DARIEN, lautete der Brief.
REICHT EIN SELBSTMORD FÜR DIESES THEATER??? DA CAPO!!!
    Spraggue rümpfte die Nase. Der
Geruch des Raumes schien plötzlich intensiver geworden zu sein. Er bückte sich.
Neben dem Papierkorb war es beinahe unerträglich.
    Mit Fingerspitzen, eine Armeslänge
entfernt, schob er ein paar zusammengeknüllte Blätter zur Seite.
    Der Vogel war groß, schwarz und
tot. Keinerlei Hinweise auf Gewaltanwendung. Aber trotzdem ein fürchterlicher
Gestank.
    Wenigstens, dachte Spraggue,
ist es kein Albatros.

Kapitel Sechs
    Eine schmale, dunkle Silhouette
zierte das Deckblatt des Programmheftes, die

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