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Blut will Blut

Blut will Blut

Titel: Blut will Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Barnes
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zusammengefalteten Zettel aus der
Tasche. «Aber auch wenn er heute nicht mehr trinkt, könnte ihn das hier
ermutigen, wieder anzufangen.»
    Er reichte seiner Tante eine
Fotokopie der Nachricht, die er auf Dariens Schreibtisch gefunden hatte. «Das
kam zusammen mit einem toten Vogel.»
    Nachdenklich spielte sie mit
dem Zettel. «Auf wessen Selbstmord wird hier Bezug genommen?»
    «Auf den von Samuel Borgmann
Phelps.»
    «Aha.»
    «Du kanntest ihn?»
    «Habe schon von ihm gehört. In
meiner Jugend war es die heiße Sache, zu einer Aufführung in Phelps’ Boston
Rep zu gehen. Er veranstaltete die tollsten Parties, bis zum Ende. Glaubte,
er könnte Boston in den Broadway verwandeln. Kein Mensch wußte, wie schlecht es
ihm wirklich ging. Hinter der Familie standen Generationen von Reichtum und
Wohlstand. Das dachte zumindest jeder.»
    «Was ist aus ihnen geworden?»
    «Aus der Familie Phelps? Keine
Ahnung. Er hatte Kinder, da bin ich sicher. Es war eine riesige Beerdigung mit
unheimlich vielen Leuten. Möchtest du, daß ich es herausfinde?»
    «Ich kann...»
    «Ich helfe dir gern, Michael.
Und es macht mir Spaß herumzuschnüffeln. Eines der wenigen Talente, die
ausgesprochen gut zu älteren Leuten passen.»
    «Tja, ich könnte schon jemanden
gebrauchen, der ein paar Lebensläufe überprüft. Sieh doch mal, ob diese Leute
hier wirklich all das gemacht haben, was sie behaupten.»
    «Wunderbar.» Tante Mary
strahlte. «Und wie steht es mit Geld, Michael? Wer hat ein starkes finanzielles
Interesse an Dariens Erfolg oder Mißerfolg? Er ist kein Sam Phelps. Er kann
nicht alles allein machen. Ich könnte mich beim Massachusetts Council of
Arts umhören. Mit einer Mitgliedschaft, Kreditwürdigkeit, einem Ruf als Exzentriker
und einer konfusen Art erreicht man viel, wenn man impertinente Fragen stellt.»
    «Toll.» Spraggue lächelte seine
alles andere als konfuse Tante an. «Ich werde die Besetzung im Auge behalten.
Falls ich die Augen offenhalten kann.»
    «Morgen früh Probe?»
    «Zwei-eins, Zwei-zwei und
Zwei-drei. Sämtliche Szenen, in denen ich mir den Mund fusselig reden muß.»
    «Dann fahr nicht zurück nach
Cambridge», sagte Mary ernst. «Das Turmzimmer ist jederzeit für dich bereit.
Dora gibt sich gern dem Gedanken hin, daß du es eines Tages satt hast, selbst
zu kochen, und wieder zu uns ziehst.»
    «Falls ich das je tun sollte,
dann ganz sicher nur wegen Doras Erdbeertörtchen.»
    «Im Ernst, Michael, es ist dein
Haus...»
    «Und du wohnst hier für mich.
Es ist einfach zu gottverdammt groß, Mary. Ich fühle mich hier nicht wohl. Wir
haben das alles doch schon so oft durchgekaut...»
    Tante Mary klingelte mit der
Glocke auf dem Schreibtisch. Pierce führte Spraggue hinaus, wünschte ihm noch
eine gute Heimfahrt. Der Butler weigerte sich, auf Spraggues Zwinkern zu
reagieren. Manchmal siegte die Würde seiner Stellung über die Erinnerungen an
die Versteckspiele, die er vor vielen Jahren mit Michael gespielt hatte.
    Spraggue fuhr mit gemächlichem
Tempo nach Hause. Der Wein hatte ihn entspannt, und er fühlte sich ein wenig
aufgekratzt. Um die Zeit totzuschlagen, sprach er seinen Text, genoß den tiefen
Klang seiner Stimme im begrenzten Raum des Wagens. Zweiter Akt, erste Szene
fertig. Jetzt Zwei-zwei. Dann Zwei-drei. Zahlen.
    Auf der Hammond Street fuhr er
rechts ran und schaltete die Innenbeleuchtung ein. Dann wühlte er methodisch
durch seine Taschen. Der Zettel, Gregs Zettel aus dem blutverschmierten Sack.
Wie lauteten die Zahlen?
    Schließlich fand er ihn,
sorgfältig in seine Brieftasche gelegt. Ja. Vier Zahlen — eine römische und
drei arabische. Die erste, römisch: das dürfte die Nummer des Aktes sein. Dann
die Szene. Dann die Textzeile. Erster Akt, fünfte Szene, Zeile achtunddreißig.
    Spraggues Finger blätterten in
dem blau gebundenen Dracula- Skript. Erster Akt. Erster Akt, zweite
Szene. Dritte Szene. Er schlug die Seite um, verharrte, blätterte zurück.
    Er irrte sich. Dracula hatte keine fünfte Szene im ersten Akt.
    Den restlichen Weg nach Hause
fuhr er schweigend.
     
     
     
     

Kapitel Sieben
    Zum vierten Mal in zwei Minuten
warf Darien einen finsteren Blick auf seine Uhr.
    «Ich habe schon zweimal in
seiner Wohnung angerufen, Mr. Darien», sagte Karen Snow. «Niemand meldet sich.»
Sie zögerte, fügte dann hinzu: «Hören Sie, er wohnt doch nur fünf Blocks von
hier. Ich könnte kurz rüberlaufen und...»
    «Ich bin sicher, daß hier noch
eine Menge Arbeit auf Sie wartet!» unterbrach

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