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Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)

Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)

Titel: Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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im Glas. »Ein Achter«, murmelte er zu sich selbst. »Achteinhalb.«
    Noch einmal wurde seine Aufmerksamkeit von dem leeren Sessel in der Ecke angezogen. Ein Fossil aus einer anderen Zeit. So trage ich die Vergangenheit mit mir herum , dachte er, lächelte lakonisch über sich selbst und seine Handlungslähmung und fragte sich gleichzeitig, wie viele solcher schweren, unnützen Sessel wohl Platz in seinem Bewusstsein beanspruchten.

60
     
    Maria Hoff hatte es nicht eilig. Es war dunkel. Im Rückspiegel sah sie Scheinwerfer. Aber alle Scheinwerfer sahen gleich aus. Sie löste den Griff um das Lenkrad und betrachtete ihre Finger. Sie zitterten nicht. Zufrieden umfasste sie wieder das Lenkrad. Warf einen weiteren Blick in den Spiegel. Jetzt war es wichtig, ganz sicher zu gehen. Sie musste den richtigen Scheinwerfer erkennen. Sie musste sicher sein, dass sie ihr folgten. Sie dachte: Wenn jemand mir folgt, dann sicher das Adlergesicht, die mittelalterliche Polizistentante.
    Sie musste lächeln. Wie dusselig der kleine Polizist geschaut hatte, als er erkannte, dass er mit einem hirntoten PC auf dem Schoß dasaß! Wo ist die Festplatte ?
    Sie musste grinsen. Sie lachte laut.
    Das Kaninchen aus dem Hut! Plopp! Wo war das Kaninchen geblieben?
    Was für eine Idiotentruppe.
    Sie trocknete sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln und bog bei Bekkelaget rechts in Richtung Ormøya ab. Sie sah in den Spiegel. Die Scheinwerfer waren immer noch da. Sie dachte: Scheiß drauf !, und folgte dem Ormsundsveien über die Insel. Das Meer funkelte silbern im Mondlicht. Zwei Silhouetten bewegten sich über das Deck eines Segelboots. Romantisch. Wenn das hier vorbei ist , dachte sie, dann werde ich ein Segelboot kaufen und weit wegfahren . Scheinwerferlicht im Spiegel. Das Adlergesicht mit der Blondinenperücke, garantiert , dachte sie. Okay, sieh mir zu und halte mich auf, wenn du kannst ! Der Sund zwischen Ormøya und Malmøya, das Straßenstück mit Wasser zu beiden Seiten, kam näher. Sie öffnete das Handschuhfach und legte die Festplatte auf den Sitz. Der Abstand zwischen Ormøya und Malmøya betrug fast hundert Meter. Sie war jetzt draußen auf der Mole. Fuhr vierzig Meter. Hielt abrupt an. Sah in den Spiegel. Das Adlergesicht hatte auch angehalten. Die Scheinwerfer standen still.
    Sie öffnete die Wagentür. War draußen. Nahm Anlauf. Schrie laut beim Werfen. Wie eine Diskuswerferin , dachte sie und betrachtete das Schimmern des Metalls in der Dunkelheit, als die Festplatte in einem schönen Bogen weit hinausflog. Sie schrie so lange, dass sie das Platschen nicht hörte, als das Metallstück die Wasseroberfläche durchschlug. Zwei Sekunden später saß sie wieder im Wagen. Schälte sich aus dem Kragen, der ihre Kopfbewegungen einengte. Zurück. Den Rückwärtsgang einlegen. Gas geben . Der Motor miaute und piepste angestrengt. Doch ihre Hände zitterten nicht. Der Wagen schlingerte nicht einen Zentimeter. Der Joker war gespielt. Es gab keinen Raum mehr für Zweifel oder Nervosität.
    Sie hielt mit quietschenden Bremsen neben dem Wagen mit den leuchtenden Scheinwerfern. Winkte der Frau am Steuer zu, machte eine Kehrtwende und fuhr zurück.
    Sie dachte: Jetzt habt ihr richtig was zu tun .
    Er war verschwitzt und atemlos. Obwohl er sich Zeit gelassen und den Sessel langsam eine Stufe nach der anderen hinuntergezogen hatte, hatte er trotzdem für einen Menschen mit geringer Lungenkapazität Schwerstarbeit geleistet. Jetzt stand er am Fenster und betrachtete den Sessel auf dem Bürgersteig, während er sich die Hemdsärmel runterkrempelte. Wie lange würde es dauern? Als das letzte Mal ein Abfallcontainer in dieser Straße gestanden hatte, war er in weniger als vier Stunden leer geräumt gewesen. Aber jetzt war es Abend und dunkel. Die Geier müssen das Aas erst entdecken, bevor sie es fressen können.
    Man soll Geier niemals unterschätzen. Der erste strich schon nach wenigen Minuten an dem Sessel vorbei. Die Gestalt blieb stehen, wendete und kam zum Sessel zurück. Ein Mann mit dickem Bauch, Hochwasserhosen, in ausgetretenen Hausschuhen. Er hob den Kopf und sah sich um. Dann beugte er die Knie und befühlte vorsichtig die Polsterung des Sessels. Er hob den Arm und sah auf die Uhr. Sah sich noch einmal um. Dann saß er Probe, wippte leicht auf und ab, stand wieder auf und trat ins Licht. Gunnarstranda kannte ihn: Ein Mann, der Friheten abonniert hatte und auf der anderen Straßenseite im Erdgeschoss wohnte.
    Der Mann ging.
    Kurz darauf

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