0759 - Die Nacht der Höllenfürstin
»Ich fühle mich wieder völlig gesund«, sagte Sid Amos.
Professor Zamorra musterte den Ex-Teufel, der als Asmodis einst Fürst der Finsternis gewesen war, kritisch.
»Danach siehst du mir nicht gerade aus«, sagte er »Du bist ein wenig blass um die Hörner.«
Unwillkürlich tastete der Ex-Teufel nach seinen Schläfen.
»Du bist ein krummer Hund, Professor«, sagte er dann. Natürlich sah er in seiner Tarngestalt völlig menschlich aus!
»Wollte sagen, um die Nase.« Der Parapsychologe und Dämonenjäger grinste. »Vielleicht hättest du doch noch ein paar Tage länger in Merlins Regenerationskammer bleiben sollen.«
Die hatte Amos schon vor ein paar Wochen wieder verlassen, genau zu der Zeit, als Zamorra das Beaminster-Cottage aufgeben musste, seinen Zweitwohnsitz in Südengland.
»Hätte mir gerade noch gefehlt«, brummte Amos. »Noch ein paar Tage ohne Kontrolle über meine laufenden Geschäfte, und immer wieder Merlins sorgenfaltiges Gesicht, wenn er nachschaut, wie’s mir geht… Nein, danke, muss ich nicht haben.«
»Aber ohne seine Hilfe wärest du tot.«
»Der eine sagt dies, der andere sagt das. Und niemand kennt die Wahrheit«, orakelte der Ex-Teufel. »Wirt, noch ein Fläschchen Glühwein!«
»Glühwein!«, schnob Mostache zornig, der Wirt der besten und einzigen Gaststätte im Dorf. »Es ist Sommer, wertungeschätzter Herr Teufel. Sommer! Da trinkt kein Mensch Glühwein!«
»Bin ich ein Mensch?«, konterte Amos trocken. »Mach hin, Zamorra zahlt!«
»Zamorra zahlt nicht«, wehrte der Parapsychologe ab. »Wenn du dich unbedingt besaufen willst, dann gefälligst auf deine Rechnung und nicht auf meine.«
»Du bist äußerst unsozial«, stellte Amos fest. »Mit dieser egoistischen Einstellung kommst du sicher in die Hölle.«
»Ich darf dich bei Gelegenheit daran erinnern, dass ich schon einige Male in derselben war«, sagte Zamorra.
»Eben!«, sagte Amos grinsend.
Derweil schlurfte Mostache heran, eine Flasche Rotwein in der Linken. Die Rechte streckte er aus. »Nur gegen Vorkasse, Monsieur Diable.«
Amos zuckte mit den Schultern. »Ich habe kein Geld. Ich bin nur ein armer Teufel.«
»Und was ist mit deinen Geschäften, die du eben erwähnt hast?«, fragte Nicole Duval, Zamorras Gefährtin.
»Über die hatte ich eben während der Zeit bei Merlin keine Kontrolle«, seufzte der Ex-Teufel.
»Kein Geld, kein Wein«, sagte Mostache und wandte sich wieder ab.
Amos riss ihm blitzschnell die Flasche aus der Hand. »Pass auf!«, verlangte er und öffnete sie mit einer raschen magischen Bewegung. Dann griff er mit der anderen Hand in eine Tasche seiner Lederweste, nahm einen kleinen Beutel heraus und streute ein paar winzige Körner in Zamorras leeres Glas. Dann füllte er mit dem Wein auf.
Es brodelte. Bläuliche Flämmchen züngelten und erloschen wieder.
»Probier mal!« Asmodis machte eine einladende Geste.
Mostache schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht lebensmüde.«
»Na, wenn du meinst«, sagte Amos. »Aber du hast früher schon häufig von meinen sagenhaften Kreationen probiert.«
Zamorra schnupperte an dem Wein. Dann nahm er einen kleinen Schluck, beurteilte ihn - und nahm einen größeren Schluck.
»Paradiesisch«, sagte er.
»Hä?«, machte Amos. »Genau das sollte es ja nicht sein!«
Zwei Sekunden später spie Zamorra Feuer.
***
»Toller Effekt, wie?« Amos verzog die Lippen zu einem Grinsen. »Eben Glühwein, wie bestellt, allerdings eine ganz besondere Sorte. Damit kannst du deinem Drachen Konkurrenz machen.«
Zamorra betrachtete das Glas, nahm nachdenklich einen weiteren Schluck - und gab alsbald einen weiteren Feuerstrahl von sich.
»Nicht schlecht«, stellte er fest. »Es schmeckt wirklich fantastisch, und dieser Show-Effekt… Das könnte mir gefallen.«
»Also, wie ist es, Mostache?«, grinste Amos den Wirt an. »Nimmst du das Zeugs als Bezahlung?« Er hielt ihm den kleinen Beutel entgegen.
Mostache verdrehte die Augen und schnappte danach.
Schon öfters hatte Asmodis ihm ein paar Rezepte für wahrhaft ›höllische‹ Getränke überlassen. Trotzdem sah er den Ex-Teufel nur ungern in seinem Lokal.
Doch den scherte das nicht. Er fand es wesentlich komfortabler, sich mit Zamorra hier im Lokal zu treffen, als den Professor im Château Montagne aufzusuchen. Die enorm starke weißmagische Abschirmung bereitete ihm nach wie vor erhebliche Probleme, die er sich nur ungern aufhalste.
»Weshalb bist nun eigentlich hier?«, wollte Zamorra wissen.
Er, Nicole und Sid
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