Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)
unruhigen Rhythmus gegen die Fensterscheibe. Es war noch nicht einmal Mittag rum und die Sonne schien sich für den Rest des Tages schon verabschiedet zu haben.
»Hat man das Mädchen identifiziert, das mit Adam in der Sheriffwache war?«
»Du meinst das Mädchen, das er als Geisel genommen hat, nachdem er Bob umgebracht hatte?« Sollte Lucy doch in ihrer Fantasiewelt leben, in der Adam Caine nichts Böses tat, aber Jenna hatte verdammt noch mal keine rosarote Brille auf.
»Nein. Keiner der Beamten kennt die Kleine und angeblich hat sie auch an der Schule niemand erkannt.«
»Sie muss ungefähr zwölf sein. Ganz klar schulpflichtiges Alter.«
»Vielleicht stammt sie ja gar nicht von hier.«
»Und woher kam sie dann? Sie taucht einfach so auf, zur richtigen Zeit am richtigen Ort.« Lucy schnalzte ungläubig mit der Zunge. »Das gefällt mir nicht.«
»Es muss dir ja nicht gefallen. Aber so ist es eben. Wir haben es auf Video, Lucy. Adam Caine hat Bob getötet. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
Kies spritzte zur Seite, als sie in die Auffahrt zu Hardings Haus bogen. Der Sheriff parkte in dem Rondell vor dem Haupteingang. Unter den langen Stahlträgern, die aus dem Felsgestein herausragten, stand eine schwarze Cadillac-Geländelimousine. Jenna stellte ihren Taurus hinter dem Wagen des Sheriffs ab. Mehrere Dutzend breiter Steinplatten führten hinauf zur Eingangstür. Obwohl jemand offensichtlich geschippt und gestreut hatte, waren die Platten vereist. Der pittoresk aussehende Rost, der die Haustür aus Stahl überzog, war sicher künstlich, dachte Jenna. Zeller wartete einen kurzen Moment, bevor er dem Beamten zunickte, der daraufhin mit der Faust gegen die Tür hämmerte. Harding riss die Tür auf und blickte die Besucher mürrisch an. Dann blickte er über die Schulter zurück und rief:
»Sieh, was du angerichtet hast!«
Olivia kam aus dem dunklen Flur hervorgehuscht, griff Lucy am Arm und zog sie ins Haus.
»Es ist mir egal, was du sagst. Er ist mein Bruder und ich werde alles tun, um ihn zu retten.«
»Wir wollen weder Ihre Hilfe, noch brauchen wir sie«, informierte Harding Zeller. »Und Ihre ganz besonders nicht«, wandte er sich an Lucy. Aber es war zu spät. Zeller und der Hilfssheriff waren schon im Haus, dicht gefolgt von Jenna. Harding verdrehte die Augen und schloss die Tür hinter ihnen. Er marschierte in die Küche, ohne sich darum zu scheren, ob man ihm folgte.
»Ich habe keine Ahnung, was Olivia Ihnen gesagt hat …«
»Wie wäre es zum Beispiel damit, dass Sie Beweise in einem Entführungsfall vernichtet haben?«, bemerkte Lucy, als sie in der Küche angekommen waren. Die Fensterscheiben waren sauber und auf der Terrasse stand ein Putzeimer. Harding machte sich noch nicht einmal die Mühe, zum Fenster hinüberzublicken. Er beugte sich nach vorn. Der große Küchentresen mit der Arbeitsplatte aus Granit trennte sie voneinander wie der Schreibtisch einer Führungskraft. »Meine Frau ist in einem sehr labilen Zustand. Den Teufel würde ich tun und sie das lesen lassen.«
»Na klar. Fragen Sie ihn nach dem Erpresserbrief. Fragen Sie ihn, warum er Sie nicht angerufen hat, Sheriff. Warum ich das tun musste.«
»Geh nach oben und sieh nach deiner Mutter.« Hardings Tonfall war drohend, selbst ohne den Blick, den er Olivia zuwarf.
»Nein. Ich möchte wissen, was du tun wirst, um Darrin zurückzubekommen.«
Harding stützte sich mit beiden Fäusten auf der Arbeitsplatte ab.
»In Anwesenheit eines Kindes werde ich keine wichtigen Dinge besprechen. Geh jetzt. Sieh nach deiner Mutter.«
»Warum bin ich erwachsen genug, um mich um jede Person in diesem Haushalt zu kümmern, wenn du nicht da bist – und das ist eigentlich immer –, aber nicht erwachsen genug, um dabei zu helfen, meinen Bruder wiederzubekommen?«
Die Spannung zwischen Vater und Tochter half der Situation nicht. Jenna fragte sich, wer wohl zuerst nachgeben würde. Aber dann schritten Zeller und Lucy ein. Zeller stellte sich neben Harding. Lucy berührte Olivia sacht am Ellenbogen und führte sie in die Lobby. Kurz danach hörte man jemanden die Treppe hinaufgehen und Lucy tauchte wieder auf. Zwischen ihren Fingerkuppen hielt sie einen Bogen Papier.
»Ich bezweifle, dass wir darauf Beweisspuren sicherstellen werden«, sagte sie und legte das Papier auf die Arbeitsplatte, damit es alle lesen konnten: Eine Million, kleine Scheine, nicht gekennzeichnet. Einkaufstüte von Macy’s, rotes Band. Ablegen unter dem Weihnachtsbaum im
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