Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)
nicht vor, sie gehen zu lassen. Du willst nur das Geld.«
»Da ich mit der Fernfahrerei aufgehört habe, sind wir in letzter Zeit etwas knapp bei Kasse gewesen.«
»Aber du hast immer gesagt, nichts geht über Familie.«
»Ja, na und?«
Morgan hüpfte durch den Schnee zwischen den beiden und durchbrach das unsichtbare Spannungsfeld.
»Nein, du Idiot. Du wirst nirgendwohin gehen. Genausowenig wie diese Kinder. Wo auch immer du sie zurückgelassen hast, dort werden sie sterben.«
Adams Sicht verschwamm und sein Gesicht wurde noch kälter, als es ohnehin schon war. Sein Blut schien aus seinem Körper zu fließen und vom Schnee verschluckt zu werden. Er sah nach unten, halb in der Erwartung, den Schnee blutrot zu sehen, aber nein. Er war noch immer weiß und rein, und auf der Oberfläche glitzerten Eiskristalle. Wieder sah er Sally vor seinem inneren Auge, wie sie am Abend zuvor lachend im Schnee gespielt hatte.
»Nein. Das könnt ihr nicht tun. Sie gehören doch zur Familie.« Adam starrte Morgan an. Er hatte noch nie ein Mädchen geschlagen, aber so wie ihre Augen vor Belustigung funkelten, als wäre das alles nur ein Spiel …
»Kinder, Kinder.« Auch in Dads Stimme mischte sich polternde Fröhlichkeit. »Morgan, hör auf, deinen großen Bruder zu reizen. Und, Adam, natürlich musst du dich um die Kleinen kümmern. Davor allerdings brauche ich bei einer Sache deine Hilfe.«
»Bei was denn?«
»Lucy Guardino. Du und Morgan, ihr werdet mir Lucy Guardino bringen. Es ist langsam an der Zeit, dass sie dafür bezahlt, was sie deiner Mutter angetan hat.«
Zellers Mobiltelefon klingelte. Er wandte sich ab, um den Anruf ungestört entgegennehmen zu können. Harding nutzte die Gelegenheit und wandte sich direkt an Lucy.
»Soweit ich weiß, haben Sie gestern mit meiner Frau gesprochen.«
»Ja.« Lucy wartete ab, was als Nächstes kommen würde, aber zu ihrer Überraschung nahm sein Gesichtsausdruck weichere Züge an.
»Danke. Es schien ihr … besser zu gehen. Zumindest besser als seit langer Zeit. Trotz …« Er deutete auf den Erpresserbrief, der mittlerweile in einem kleinen Plastikbeutel zur Beweissicherung steckte. »Trotz allem.«
»Sie ist eine starke Frau. Sie braucht nur ab und zu jemanden, der sie daran erinnert.«
Bei diesen Worten verfinsterte sich seine Miene wieder. Aber Lucy verstand. Sie war die Außenstehende hier. Sie würden die Jungen entweder retten oder nicht. Egal wie es ausging, sie würde nach Hause zu ihrer Familie zurückkehren können.
»Ich muss los. Mich mit den Männern der Pennsylvania-Polizei treffen.« Harding griff nach den Schlüsseln.
»Die Eliteeinheit für die Lösegeldübergabe.«
»Ja. Aber ich möchte Karen hier nicht alleinlassen.« Sein Blick schweifte nach oben, in Richtung Obergeschoss. »Nicht mit irgendeinem fremden Beamten. Würde es Ihnen etwas ausmachen, zu bleiben? Nur, bis wir Bescheid wissen.«
Zu ihrer eigenen Überraschung nickte Lucy. Irgendwie schien sie Karen das schuldig zu sein. Sie konnte nicht genau sagen, warum. Das Leid, das der Frau vor sieben Jahren widerfahren war, hätte sie nie verhindern können. Aber weil die Dinge immer außer Kontrolle gerieten, wenn sie nach New Hope kam, fühlte sie sich einfach verantwortlich.
»Natürlich. Ich bleibe hier.«
»Danke.« Harding schaltete wieder in den Geschäftsmodus. »Nun, ich muss dann mal.« Und weg war er.
Der Sheriff beendete das Telefonat.
»Es gibt noch ein Kind, das verschwunden ist. Sie ist vier und seit gestern Morgen weiß niemand, wo sie ist.«
»Wer ist das?«
»Rachel Strohmeyers kleine Tochter. Sally.«
Rachel? Lucys Magen begann zu rotieren. »Sally war nicht in dem Mobilheim?«
Zeller schüttelte den Kopf. »Und man hat alle Nachbarn abgeklappert. Sie ist verschwunden. Wie die anderen.«
Der Beamte nahm den Beweisbeutel mit dem Erpresserbrief darin von der Küchenarbeitsplatte und ging nach draußen. Zeller zögerte.
»Lucy, ich glaube, Sie haben recht. Da steckt mehr dahinter. Es sind zu viele Dinge, die uns in zu viele unterschiedliche Richtungen zerren. Das ergibt alles keinen Sinn. Wenn Sie irgendwelche Antworten haben, raus damit.«
Lucy wünschte, sie hätte eine Antwort parat. Oder wenigstens eine konkrete Idee, der sie nachgehen konnten.
»Okay.« Zeller seufzte tief. Er setzte seinen Hut auf und öffnete die Tür. »Ich gehe dann mal. Und es macht Ihnen nichts aus, hierzubleiben?«
»Nein. Jemand sollte hier sein.«
Nachdem Harding und der Sheriff gegangen
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