Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)
dieses Geräusch. Hatte es früher schon gehört. Bob taumelte nach hinten und fiel dann auf die Seite. Er griff mit beiden Händen an seine Brust. Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor. Es floss sehr schnell, bis es in einen langsam fließenden dunkelroten Strom überging.
»Na, großer Bruder.« Über Bobs Körper hinweg lächelte Morgan Adam an. Sie hielt noch immer die blutige Klinge in der Hand. »Daddy hat mich geschickt, um dich hier abzuholen.«
Adams Blut gefror zu Eis. Atemlos und schwindelig sah er Bob beim Sterben zu. Der Mann war nett gewesen. Er hatte es nicht verdient, zu sterben. Nicht so. Ach Quatsch! In seinem Kopf hörte er Dads Stimme. Er war nur ein Fisch. Und jetzt ist er ausgenommen wie ein Fisch. Dads Lachen klang so echt, dass Adam sich auf seinem Stuhl drehte. In der Erwartung, Dad zu sehen, blickte er über seine Schulter. Aber da war nur Morgan. Sie trug himmelblaue Skihosen und eine passende Jacke, gelbe Schneestiefel und eine kecke rote Strickmütze mit Bommeln. In dem Outfit sah sie jünger aus, als sie war. In jedem Fall waren ihre Beine so kurz, dass sie einen kleinen Sprung über den noch immer zuckenden Körper machen musste. Das sah sehr anmutig aus, als sei sie eine Ballerina. Dann wirbelte sie herum, bückte sich und nahm Bobs Waffe an sich.
»Du bist ein flüchtiger Verbrecher, du willst eine Waffe, nehme ich an?«
Adam rutschte mit dem Stuhl von ihr fort. »Ich will die Waffe nicht.«
»Klar willst du das.«
Sie steckte die Waffe ein, griff nach dem Schlüssel für die Handschellen und stand auf. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, aber ihre Augen blieben kalt. Sie entdeckte Adams Messer und seine anderen Habseligkeiten auf dem Regal. Das Bargeld und die Schlüssel nahm sie ebenfalls an sich. Dann kam sie auf Adam zu, das blutige Messer in einer Hand. Adam rutschte mit dem Stuhl so weit er konnte zurück. Morgan konnte darüber nur grinsen. Sie blieb gerade weit genug von ihm entfernt. Mit einem der Taschentücher säuberte sie die Klinge. Die besudelten Tücher steckte sie zusammen mit dem gereinigten Messer in ihre Tasche. Dann nahm sie Adams Messer an sich. Er wollte schreien, er wollte sich zur Wehr setzen, aber was würde es bringen? Er war machtlos. Und Morgan wusste das ganz genau.
»Damit wir nicht noch einmal zurückkommen müssen«, sagte sie. Ihr Lächeln durchstach Adam wie ein scharfer Dolch. Dann versenkte sie die Klinge in Bobs rechter Brusthälfte und ließ sie dort stecken. Sie warf Adam die Schlüssel zu. Seine Finger waren taub, aber nach einer Weile schaffte er es schließlich, die Handschellen aufzuschließen.
»Okay, dann mal los. Daddy erwartet uns.«
Kapitel 26
Jenna steuerte den Taurus zur Sheriffwache. Lucy saß schweigend neben ihr auf dem Beifahrersitz und knirschte mit den Zähnen. Das Geräusch ließ Jenna schaudern.
»Tut mir leid. Das war wohl Zeitverschwendung.«
»Mach dir keine Vorwürfe«, entgegnete Lucy. »So ist das eben. Man muss mit zwanzig Personen sprechen, um bei einer das entscheidende Puzzleteil zu finden.«
»Schon komisch. Dass der Caine-Junge gestern Vormittag mit den beiden Kleinen zusammen war.«
»Ja.« Lucy klang resigniert. »Wir können das nicht unerwähnt lassen.«
Sie erreichten die blinkende Ampel am Fuß des Berges. Oben bei Mathis hatten die Wiesen im Sonnenaufgang golden geglänzt, aber hier unten dominierten Schatten und Trübsal. Als hätten die Wolken sich mit den Bergen auf beiden Seiten des Tales verschworen, New Hope in ewige Dunkelheit einzuhüllen. Auf dem Parkplatz vor der Sheriffwache stellten sie den Taurus neben Bobs Streifenwagen ab. Die Wache war hell erleuchtet. Jenna schwang sich aus dem Wagen. Ihr blieb keine andere Wahl, als mit den Turnschuhen in dem hohen Schnee zu versinken und ihre Füße erneut eisiger Kälte auszuliefern. Hätte sie doch nur Stiefel mitgenommen, wie Lucy.
Sie tänzelte durch den Schnee und versuchte, mit so wenigen Schritten wie möglich zur Eingangstür zu gelangen, wo Lucy schon stand und Jenna mit einem Kopfschütteln beobachtete, das Jenna an ihre Mutter erinnerte.
»Was ist? Das sind Designer-Turnschuhe. Aber jetzt sind sie wohl hinüber.«
»Ich dachte nur gerade an euren Schwur bei der Bundespost. ›Weder Schnee noch Regen noch Hitze oder dunkle Nacht halten uns von der Zustellung der Briefe ab‹ oder so ähnlich.«
»Haha, sehr witzig. Lass uns Caine holen und hier abhauen. Ich habe die Schnauze voll vom Landleben.«
Lucy ließ ihre Hand kurz
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