Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)
ärgerte sie sich über Lucy, die Adam versicherte, dass sie Clinton Caine finden und Adam freilassen würden. Niemals. Adam Caine war ihr Gefangener, nicht Lucys. Es wurde langsam Zeit, dass Lucy das kapierte. Bob fuhr davon. Adam kauerte sich auf dem Rücksitz zusammen. Jenna starrte wütend auf Lucy. Dann stapfte sie auf den Eingang der Schule zu und schlang die Arme um ihren Körper, um sich vor der Kälte zu schützen.
»Ich hole meine Jacke.«
Lucy nickte und blickte dem Streifenwagen hinterher, der im Schneetreiben verschwand. Jenna schüttelte den Kopf. Sie hatte einiges über Lucy gehört. Gutes und Schlechtes. Dass sie brillant war, dass sie über so etwas wie einen siebten Sinn verfügte, der ihr die höchste Aufklärungsquote des FBI verschaffte. Dass sie eine Querdenkerin war und wahnwitzige Risiken einging, die gegen jegliche Vorschrift verstießen. Dass sie ausgelaugt und instabil war, nachdem sie vor zwei Monaten einen Mann erschossen hatte. Jenna bekam langsam den Eindruck, dass das ganze Gemunkel stimmte. Und das ergab eine ziemlich gefährliche Mischung. Sie öffnete schwungvoll die schwere Glastür und hätte beinahe eine Frau umgerannt, die nach draußen hetzte.
»Warum wird Adam Caine verhaftet?«, fragte die Frau und trat ein paar Schritte zurück, damit Jenna aus der Kälte in das warme Schulgebäude treten konnte.
»Ich darf keine laufenden Ermittlungen kommentieren, Ma’am«, antwortete Jenna.
»Er wird doch nicht … Ich meine, ich habe ihn mit den Jungen gesehen, aber …«
Moment mal. Jenna führte die Frau in ein leeres Klassenzimmer.
»Wie heißen Sie, Ma’am?«
»Mrs Chesshir, Amanda Chesshir. Ich unterrichte die vierte Klasse. Adam war mein Schüler. Vor vier Jahren, bevor … Sie wissen, was mit seiner Mutter passiert ist, oder?«
Jenna nickte und rang sich ein ermutigendes Lächeln ab. »Sie haben Adam zusammen mit Marty und Darrin gesehen?«
Mrs Chesshir zögerte. Jenna konnte ihrem Gesicht ablesen, dass sie eine Weile mit sich rang.
»Ja. Gestern Morgen. Ein paar Raufbolde schikanierten die Jungen und er mischte sich ein, bevor die Situation eskalieren konnte.«
»Wer sind diese Raufbolde?« Sie waren noch immer dabei, die Namenslisten durchzuackern und mit Eltern und Schülern zu sprechen. Aber diese Jungen würden sie sich sofort vorknöpfen, sollten sie Marty und Darrin tatsächlich Schaden zugefügt haben können.
»Ihr Anführer heißt Craig Mathis.« Mrs Chesshir zögerte erneut und legte einen Finger ans Kinn. »Gestern hat Adam gesagt, er würde die Stadt verlassen.« Aber dann erhellte sich ihre Miene. »Na klar. Er kam zurück, um bei der Suche zu helfen. Das erklärt alles. Sehen Sie? Er hat mit all dem gar nichts zu tun.«
Sicher. Jenna sah das ganz genauso. Sie lächelte. »Haben Sie vielen Dank, Mrs Chesshir. Wir melden uns bei Ihnen, wenn wir noch Fragen haben.«
Jenna verabschiedete sich von der Lehrerin, nahm ihre Jacke und schaute im Sekretariat vorbei, um sich über Craig Mathis und Konsorten zu informieren. Dem Gesichtsausdruck der stellvertretenden Schulleiterin nach zu urteilen handelte es sich bei den Jungen um keine Unbekannten.
»Eine Horde Schulhofschläger, alle miteinander«, murmelte sie und druckte die Adressen der Jungen aus. »Aber Craig Mathis ist der Schlimmste. Von wegen angehender Soziopath. Er ist ein voll entwickelter Psycho path. Er musste einmal bei mir nachsitzen und erzählte mir, wie sehr ihm die Jagd gefiel. Aber nicht aus sportlichen Gründen oder weil er gerne in den Wald ging. Nein. Er sagte, am meisten gefiele es ihm, ein Reh nur anzuschießen, damit er es beim Verenden beobachten könnte. Er sagte, dass er es am liebsten dann ausweidete, wenn es noch lebte, weil er dann das Herz eigenhändig anhalten könne.« Sie schüttelte sich angewidert.
»Nur damit Sie wissen, mit wem Sie es zu tun haben. Ich glaube nicht, dass sein Vater besser ist. Seine Mutter habe ich nie kennengelernt.«
» Danke für die Warnung.« Jenna nahm das Blatt mit den ausgedruckten Adressen und verließ das Sekretariat. Lucy würde sauer sein, weil sie in der Kälte warten musste, aber zum Teufel damit, wenn Jenna den Fall löste, und zwar richtig. Ihre Wangen pochten heiß vor Aufregung. Sie rannte aus der Tür und schlüpfte noch in ihre Jacke, als Sheriff Zeller ihr entgegenstapfte, das Mobiltelefon in der Hand.
»Was fällt Ihnen verdammt noch mal ein?«, herrschte er sie an. »Einen meiner Männer abzukommandieren, damit er sich um
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