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Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)

Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)

Titel: Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CJ Lyons
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lehnen und der Stapel umkippen würde. Und dann gab es da noch diese herablassenden Strafverteidiger, die sie im Zeugenstand am liebsten gekreuzigt hätten. So wie der, der in diesem Moment vor ihr auf und ab tigerte.
    »Sie tragen eine Waffe, nicht wahr, Spezialagentin Guardino?«
    »Ja. Das ist Vorschrift.«
    Sie befanden sich im Bundesgerichtsgebäude auf der Grant Street. Es war ein altes Gebäude mit hohen Decken, dunkler Eichenvertäfelung und marmornen Böden, die tödlich für Leute mit Senkfüßen waren, weil man in Ermangelung von Bänken oder Stühlen nur im Stehen warten konnte. Außerdem zog es in den weiten Fluren auf ganz gemeine Weise. Lucy bekam selbst noch in ihrem wärmsten Strickkostüm eine Gänsehaut.
    »Sie trugen also Ihre Waffe in jener Nacht bei sich, als Sie meinen Mandanten zwangen …«
    »Einspruch!« Der Bundesbezirksstaatsanwalt klang gelangweilt. »Spezialagentin Guardino hat Mr Plushenko nicht gezwungen, eine Aussage zu machen.«
    »Stattgegeben.« Der Richter machte sich kaum die Mühe, seinen Blick von dem Papier zu heben, mit dem er beschäftigt war. Seinen Bewegungen nach zu urteilen – schreiben, innehalten, durchstreichen, erneut innehalten – handelte es sich wahrscheinlich um ein Kreuzworträtsel.
    Durch ein übertriebenes Schulterzucken gab der Strafverteidiger zu verstehen, dass er diese Meinung nicht teilte, fuhr dann aber fort, nachdem er sich dazu bequemt hatte, seinen Kopf vor dem Richter kurz zu neigen.
    »Sie waren bewaffnet, als Sie meinen Mandanten einschüchterten …«
    »Einspruch, Euer Ehren …«
    »Stattgegeben.« Jetzt blickte der Richter doch auf. »Herr Rechtsanwalt, bitte beziehen Sie sich ausschließlich auf die bestehenden Tatsachen.«
    »Es tut mir leid, Euer Ehren. Ich bin wohl etwas ratlos, wie ich Ms Guardinos Bedürfnis, bei einer harmlosen Unterhaltung mit einem siebenundsechzigjährigen, offiziell als sehbehindert anerkannten, pensionierten Klempner eine halbautomatische Pistole im Kaliber vierzig zu halten, als etwas anderes als Einschüchterung bezeichnen sollte.«
    »Wir haben Sie verstanden. Fahren Sie fort.«
    Es gab doch nichts Schöneres, als wenn über einen gesprochen wurde, als sei man nicht anwesend. Lucy war daran gewöhnt, aber sie registrierte, dass die Jury unruhig wurde. Sie veränderte leicht ihre Position auf dem harten Holzstuhl im Zeugenstand und lächelte die Geschworenen an, wobei sie sich um eine entspannte Körperhaltung bemühte. Ein kurzes Achselzucken und ein leichtes Kopfschütteln; sie wollte, dass ihr Haar vorteilhaft über ihre Schultern fiel. Tut mir wirklich leid, dass dieser Typ Ihre Zeit verplempert.
    Schnell begab sich der Strafverteidiger vor die Geschworenenbank, um die Aufmerksamkeit der dort Versammelten wieder auf sich und seinen Mandanten zu lenken, der in seinem Sonntagsanzug samt ausgefranster Manschetten und altmodischer, gestreifter Polyesterkrawatte dasaß wie ein einfacher Mann aus der Arbeiterklasse. Ein Mann aus dem Volk, wie die Geschworenen. Alt. Mit der abgedunkelten Brille von jemandem, der kürzlich an den Augen operiert worden war. Und krank. Er hustete in seine geballte Faust. Alles, aber doch kein Kinderschänder!
    Genau aus diesem Grund hasste Lucy Gerichtstermine. Es waren Rollenspiele, die mit Gerechtigkeit nur sehr wenig und mit der Wahrheit gar nichts zu tun hatten.
    »Spezialagentin Guardino.« Der Strafverteidiger drehte sich abrupt um, als klagte er Lucy an. »Haben Sie nicht vor zwei Monaten einen Mann getötet? Und müssen Sie sich deshalb nicht einem vorschriftsmäßigen psychologischen Gutachten unterziehen?«
    »Einspruch!« Jetzt klang der Bundesbezirksstaatsanwalt doch interessiert. Leider galt das auch für die Geschworenen. Als ihnen dämmerte, dass die FBI-Agentin im Zeugenstand eben die FBI-Agentin war, über die im September die Nachrichten andauernd berichtet hatten, spitzten sie plötzlich ihre Ohren.
    »Das ist relevant.«
    »Es betrifft die Gemütsverfassung der Zeugin, in der sie meinen Mandanten befragte.«
    »Spezialagentin Guardino hat den Angeklagten mehrere Monate vor dem Zwischenfall, auf den sich der Rechtsanwalt bezieht, befragt.«
    Der Richter nickte.
    »Stattgegeben.«
    Theoretisch waren die Guten – Lucy und die Staatsanwaltschaft – die Gewinner. Aber die Verteidigung hatte die Geschworenen ganz klar dorthin gelenkt, wo sie sie haben wollte: Jetzt glaubten sie, dass Lucy eine abschussfreudige Ordnungshüterin war, die den Angeklagten so lang

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