Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)
mit Lucy sprechen und mich noch einmal entschuldigen. Und meine Hilfe anbieten. Das ist alles.«
Er hatte den Kopf eingezogen und versuchte, das Kinn im Jackenkragen unterzubekommen. Es war bitterkalt, aber der Hilfssheriff schien das gar nicht zu merken. Vielleicht war es Furcht, die Adam frösteln ließ. Die Furcht, dass er nicht noch eine Chance bekommen würde, seinen Dad zu finden. Seine Augen brannten. Er blinzelte heftig und zog die Nase hoch. Bob tat so, als bemerke er nichts. Aber als er aufstand, um nach einer Kaffeetasse zu greifen, schob er eine Box mit Kleenex in die Nähe von Adams freier Hand.
»Möchtest du wirklich nichts?« Ich setze eine neue Kanne auf.«
Anstatt ein Taschentuch zu nehmen, schniefte Adam in seinen Jackenkragen. Er war doch kein Weichei. »Danke, nein.«
Aber bevor Bob den Tresen erreichte, wo die Kaffeemaschine stand, drang ein lautes Summen durch den Raum. Adam zuckte erschrocken zusammen. Die Handschellen klapperten gegen die metallische Stuhllehne.
»Das wird Jenna sein.« Bob stellte die Tasse ab und ging zu der Glastür, die den Bürobereich vom Empfangsbereich abtrennte.
»Was zum Teufel ist denn da los?«
Morgan liebte diesen Part. Wenn das Blut voller Erwartung durch ihren Körper pulsierte, dieser Kupfergeschmack im Mund. Das prickelnde Vorgefühl war beinahe so spaßig wie die eigentliche Tat.
Und dieses Mal war ganz besonders, anders: Diesmal traute Clint Morgan einen Soloeinsatz zu.
Morgan hatte beobachtet, wie der Bulle Adam in die Wache führte. Ein winziges Gebäude, das sich darüber zu wundern schien, dass es noch stand, obwohl der Wind gegen seine Mauern schlug. Schnaubend und schnaufend wie ein großer, böser Wolf.
Der Verteilung des Lichts nach zu urteilen gab es wohl zwei voneinander getrennte Bereiche im Inneren. Machte Sinn. Man wollte schließlich nicht, dass die Öffentlichkeit von dienstlichen Angelegenheiten Wind bekam. Eine Kamera überwachte den Parkplatz, drinnen gab es wahrscheinlich noch eine. Vielleicht auch zwei. Pillepalle. Morgan überquerte den schneebedeckten Parkplatz. Der Haupteingang war aufgeschlossen, obwohl es noch außerhalb der Öffnungszeiten war. Erwartete man jemanden? Die Straße war in beide Richtungen leer. Das nächste Licht, das orange-gelb durch den frühmorgendlichen Trübsinn blinkte, kam von der Ampel am Ortsausgang. Morgan konnte das Blut, das gleich fließen würde, förmlich schon schmecken. Sie öffnete die Tür und betrat die Wache. Sie wusste, dass Clint sie beobachtete. Gleich würde sie ihn stolz machen. Sehr stolz. Und das war die einzige Sache auf der Welt, die zählte. Clint bei Laune zu halten. Denn wenn Clint guter Dinge war, dann war Morgan sein Augenstern. Und nichts und niemand würde ihr das wegnehmen. Niemand. Selbst nicht ein großer Bruder.
Kapitel 25
Das Heim der Caines hatte so ausgesehen, als habe ein in guten Tagen erbautes, solides Haus schwere Zeiten erlebt. Das Heim der Mathis war das genaue Gegenteil: Es sah aus wie ein Haus, das in schweren Tagen erbaut worden war und lang genug durchgehalten hatte, um bessere Zeiten zu erleben. Das zweistöckige Holzhaus stand auf der östlichen Flanke des Berges, was ihm eigentlich etwas Majestätisches hätte verleihen können. Es bot eine umwerfende Aussicht auf die Bergwiesen, die sich anmutig bis zum Waldrand erstreckten und dahinter sanft ins Tal abfielen. Allerdings hatte es ein spitzes Dach und war gerade einmal halb so breit, wie es sein könnte. Es sah so aus, als habe jemand die ursprünglichen Baupläne einfach in der Mitte durchgeschnitten. Hoch und dürr stand es da wie eine Vogelscheuche, die nach vorn zu kippen und jederzeit den Abhang hinunterzurutschen drohte. Aber die Auffahrt zum Haus war sorgfältig geräumt und gestreut. Als sie näher kamen, sah Lucy, dass das Dach gut in Schuss und die Holzverkleidung vor kurzem gestrichen worden war. Unter dem Verandadach lagerten frische Holzscheite. Aus dem Kamin kringelte schwarzer Rauch, der sich vor dem weißen Schnee und dem blassen Morgenlicht abhob.
Auf den Steinplatten, die zum Eingang führten, war ebenfalls geschippt worden, aber es hatte sich schon wieder eine neue Schneeschicht gebildet. Gerade als sie an der Haustür ankamen, wurde ein Gewehrschuss abgefeuert, dessen Echo vom Berg hinter dem Haus zurückgeworfen wurde. Lucy warf sich auf den Boden, rollte gegen die Mauer der Veranda und zog ihre Waffe. Jenna wollte das Gleiche tun. Mist. Sie hatte schon wieder vergessen, dass
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