Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)
damit der Kloß in seinem Hals verschwand. Aber der Kloß hatte nichts mit seiner Mutter zu tun. Sondern damit, was an diesem Tag noch passiert war.
»Aber …« Jetzt kam der wirklich schwierige Teil. Der, über den er nie ein Wort verloren hatte. »Ich habe damals auf dich eingestochen.«
Lucys riss den Kopf hoch, als sie das hörte.
» Du warst das?«
»Als ich in die Höhle rannte, war da Mom und sagte, dass sie mehr Zeit brauchte. Sie gab mir ein Messer. Sie hat gesagt, ich solle dich irgendwie aufhalten.«
Er blinzelte gegen die Tränen an. Er wünschte, es wäre einfacher. Am besten brachte er es so schnell wie möglich hinter sich.
»Sie wollte, dass ich dich umbringe und dann die anderen Polizisten hole. Aber … aber, ich konnte nicht. Ich wusste, wie es geht, wohin ich stechen musste, aber ich konnte einfach nicht. Ich habe gekniffen. Wie ein Fisch.«
Einen quälend langen Moment sah Lucy an ihm vorbei, die Augen in die Vergangenheit gerichtet. Auf Wiedersehen, Hausarrest. Hallo, Knast. Für eine lange, lange Zeit. Man gab nicht einfach einen Mordanschlag auf eine FBI-Agentin zu und kam ungestraft davon. Und er würde Lucy verlieren, was noch viel schlimmer war.
»Du warst erst zehn Jahre alt, Adam. Und du hast mich gar nicht richtig verletzt.«
Er sah überrascht auf.
»Du bist nicht sauer auf mich? Ich meine …«
»Versteh mich nicht falsch, ich will so etwas nie wieder erleben. Dein Bewährungshelfer und der Richter müssen davon erfahren. Du darfst solche Geheimnisse nie mehr für dich behalten, diese Zeiten sind vorbei.«
»Nein, ähm … Ich …«, stammelte er in die Stille. Er wusste nicht, was er noch sagen sollte.
»Genau betrachtet, hast du mir so wahrscheinlich das Leben gerettet, Adam. Wenn du mich nicht aufgehalten hättest, dann hätte es gut sein können, dass Marion mich diese Klippe hinuntergestoßen hätte. Und mein Mann und meine Tochter hätten nie erfahren, was wirklich mit mir geschehen war.«
Daran hatte er gar nicht gedacht.
»Dann sind wir also … Also ist alles in Ordnung? Du verlässt mich nicht, oder?«
Er schämte sich über die Verzweiflung in seiner Stimme und blickte zu Boden. Er wartete auf eine Antwort.
»Nein, Adam, ich werde dich nicht verlassen. Warum sollte ich das tun, wo du dich doch gerade zu so einem ordentlichen jungen Mann entwickelst?«
Sie stand auf und klopfte sich den Hosenboden sauber.
»Aber jetzt müssen wir los, sonst kommen wir zu spät zu dem Treffen bei Amanda. Und ich muss nach Hause. Es gibt da ein Fußballspiel, das ich nicht verpassen darf.«
Das Endspiel der Bestenauswahl. Lucy stand an der Seitenlinie des Fußballfeldes und störte sich weder am Regen noch an dem spritzenden Schlamm, den die Spieler aufwirbelten, während sie dem Ball hinterherjagten. Sie wartete auf Nick. In einer Hand hielt sie einen roten Regenschirm, groß genug für zwei und so auffällig, dass Megan sie von überall auf dem Spielfeld orten konnte. Anders als die anderen Fußballer-Eltern hielt sie den Regenschirm in der linken Hand. So blieb ihre Schusshand frei. Der Reißverschluss ihres Parkas stand offen. Aber letzten Endes lag das an der Macht der Gewohnheit. Es gehörte eben zum Job.
Die Menge jubelte, lachte und spornte die Spieler an, und Lucy stand mittendrin. Sie wurde nur einmal kurz nervös, als zwei Väter von hinten drängelten, um den Elfmeter besser verfolgen zu können, aber selbst das brachte sie kaum aus der Ruhe. Dreimal ignorierte sie das Klingeln ihres Mobiltelefons, aber als es zum vierten Mal läutete, ging sie schließlich doch ran. Es half, dass der Schiedsrichter gerade das Spiel unterbrochen hatte. Vielleicht musste Nick absagen. Aber es war ihr Vorgesetzter, John Greally. Wie die anderen drei Male zuvor auch.
»Guardino.«
»Wo zum Teufel bist du? Die Seelenklempner haben angerufen. Du hast deinen Termin versäumt. Schon wieder!«
»Es ging nicht anders. Ich bin bei Megans Spiel.«
»Wie geht es ihr?« Johns Tochter spielte in Megans regulärem Team, hatte es aber nicht in die Bestenauswahl geschafft.
»Sie rockt den Laden hier.« Stolz klang aus Lucys Stimme. Greally lachte.
»Ganz die Mutter. Du klingst auch besser. Mehr wie du selbst.«
Lucy klemmte das Telefon zwischen Ohr und Schulter und ging auf den Parkplatz. Sie lehnte sich gegen ihren Wagen und behielt Megan im Auge. Nicht aus Vorsicht. Sie wollte keine Sekunde von dem Spiel verpassen.
»Es geht mir auch besser«, gab sie zu. »Ich weiß, dass das, was
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