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Blutige Nacht

Blutige Nacht

Titel: Blutige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor O. Munson
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verlangen wird, gestillt zu werden.
    »Lass uns weitermachen«, flüstert sie im Dunkeln, rollt zur Seite und greift nach unten.
    Ich spüre den sich nähernden Sonnenaufgang wie eine Zeitbombe in mir heranticken und schiebe ihre verlangende Hand zur Seite. »Ich kann nicht«, sage ich. »Die Zeit ist um. Ich muss gehen.«
    Ihr entfährt ein enttäuschtes »Nein«, dann ein »Warum denn?«.
    Ich stehe auf und muss wie beim Versteckspiel nach meinen Klamotten suchen. »Ich will dich nicht anlügen, Puppe. In Wahrheit ist es so, wenn ich nicht bei Tagesanbruch zu Hause bin, also, dann verwandle ich mich in einen Kürbis.« Reesa kichert. »Und das willst du doch nicht, oder?«
    Sie schüttelt den Kopf wie ein kleines Mädchen. »Nein.«
    Ich ziehe meine Hose an. Aufgestützt auf einen Arm, beobachtet sie mich. »Also war das nur ein – du weißt schon – ein einmaliges Ding?«
    »Hast du etwa nicht gezählt? Das war ein fünfmaliges Ding.«
    Wieder lacht sie. »Du weißt, was ich meine.«
    »Sag du es mir.«
    »Mir wäre es lieber, dem wäre nicht so.«
    »Ich glaube, mir wäre das auch lieber.« Ich meine das so, obwohl ich weiß, dass wir uns geradewegs in dem türenlosen Expresszug nach Nirgendwo befinden.
    »Gut.« Sie sieht jetzt müde aus, unterdrückt ein Gähnen und sagt: »Vielleicht können wir dann nächstes Mal deine Tiefkühltruhe ausprobieren.«
    »Das würde dir nicht gefallen.«
    »Weiß nicht. Klingt irgendwie ganz schön abgedreht.« Sie sieht mich mit ihrem viel zu süßen Lächeln an, als ich beim Anziehen der Jacke schmerzhaft zusammenzucke.
    Ich sage ihr, wenn wir das, was wir heute Nacht hier vollführt hatten, in der Kühltruhe versuchen würden, dann wäre das einzige Verdrehte ihr Hals. Dann beuge ich mich hinunter, küsse sie zum Abschied und lasse sie lächelnd im Dunkeln zurück.

Kapitel 17
    G as als Hinrichtungsmittel wurde erstmals von einem Toxikologen namens Dr. Allen McLean Hamilton in Erwägung gezogen. Die ursprüngliche Idee lag einfach darin, die verurteilten Gefängnisinsassen zu vergasen, während die armen Trottel in ihren Zellen schliefen. Als sich das als nicht durchführbar erwies, haben sich die sadistischen Machthaber auf die Gaskammer geeinigt. Von manchen als menschlicher erachtet als Erschießen, Hängen oder der elektrische Stuhl, hielt man daran fest. Sie wurde 1938 zur regulären Hinrichtungsmethode in der Strafanstalt von San Quentin.
    Versteckt im Kellergeschoss des Gefängnisses wie ein beschämendes Familiengeheimnis, sieht die Gaskammer von San Quentin genau nach dem aus, was sie ist: eine Todeszelle. Niemals käme jemand auf die Idee, sie mit einer Sauna zu verwechseln. Schon allein der Anblick der achteckigen, eins achtzig mal zwei vierzig großen, hexenhautgrünen Metallwände verursacht einem ganz weiche Knie. Man betritt die Gaskammer durch eine luftundurchlässige, ovale Tür, wie man sie von U-Booten kennt. Das Erste, was einem auffällt, wenn man eintritt, ist die Tatsache, dass zwei Stühle darin stehen statt nur einer. Wahrscheinlich für den Fall, dass der Wächter einen Selbstmordanfall bekommt. Durch fünf breite, quadratische Fenster können Zeugen mit steinernem Ausdruck dabei zusehen, wie man mit abgetragenen Lederriemen an den Stuhl gefesselt wird.
    Man fragt sich, für wie viele andere diese Riemen bereits verwendet wurden. Man fragt sich, ob sie gekämpft haben. Man fragt sich, ob man selbst kämpfen sollte. Irgendetwas fühlt sich einfach nicht ganz richtig an bei der Vorstellung, völlig kampflos zu gehen. Aber man tut es nicht. Es hat keinen Sinn. Kämpfen ist in etwa so sinnvoll, wie über eine Klippe zu springen und auf dem Weg nach unten mit den Armen zu schlagen. Also lässt man es bleiben. Und lässt sie machen. Lässt sie einen festzurren. Lässt sie alles das tun, was sie tun müssen, um einen sterben zu lassen.
    Durch Löcher im Sitz erblickt man eine Metallschüssel. Sie enthält eine Mischung aus Schwefelsäure und destilliertem Wasser. Darüber hängt ein Pfund Natriumzyanid-Pellets in einem Gazesäckchen wie ein gehängter Mann.
    Wenn die Wächter ihren Dienst erledigt haben, gehen sie denselben Weg zurück, den sie gekommen sind. Man spürt, wie verdammt glücklich sie darüber sind, hier wieder rauszukommen. Wie glücklich sie sind, nicht derjenige auf dem Stuhl zu sein. Die mit Gummi abgedichtete Stahltür schließt mit einem unangenehmen, schmatzenden Saugen. Ein Klappern wäre sehr viel angenehmer. Ein breites Sperrrad

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