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Blutige Seilfahrt im Warndt

Blutige Seilfahrt im Warndt

Titel: Blutige Seilfahrt im Warndt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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gesehen hatte. Einer Eingebung folgend steuerte er die Kaffeeküche an. Er ahnte, dass sie dort einen heißen Kaffee trank. Genau das wollte er jetzt auch tun.
    Als er die Tür öffnete, schlug ihm sofort polternder Lärm entgegen. Es hörte sich an, als herrschte dort eine Schlägerei. Doch als er sich genauer umsah, stellte er fest, dass die Männer einfach nur heftig miteinander diskutierten, wobei sie ihre Stühle zum Tisch schoben, was ein schabendes Geräusch verursachte. Andrea stand in der Mitte der vielen Männer. Sie machte den Eindruck, als diskutierte sie genauso laut und lebhaft.
    Damit hatte sie Schnur nun doch neugierig gemacht. Was hatte die Kollegin wieder herausgefunden?
    Er drängte sich an den murrenden Bergmännern vorbei zu der Frau in der Mitte und fragte: »Was ist hier los?«
    »Ich habe eine interessante Entdeckung gemacht«, meinte Andrea und grinste Schnur schelmisch an.
    »Und was?«
    »Schau hier!« Sie zeigte Schnur zwei Fotos. Auf beiden war ein Mann mit blonden Haaren und Vollbart abgebildet. Am Qualitätsunterschied der beiden Fotos war deutlich zu erkennen, dass sie zu verschiedenen Zeiten gemacht worden sind.
    »Das hier«, meinte sie und zeigte auf das Bild in schlechterer Qualität, »ist Karl Fechter in jüngeren Jahren.«
    Dann hob sie das andere Foto hoch und meinte: »Und hier sehen wir Tim Fechter, seinen Sohn.«
    Die Männer sahen sich zum Verwechseln ähnlich.

    Anke verstand sofort.
    Mit der Hand griff sie nach dem Holster. Doch Tim Fechter kam ihr zuvor. Mit grober Gewalt riss er ihren Arm hoch und nach hinten. Vor Schmerz stieß sie einen Schrei aus, der ihr jedoch im Hals steckenblieb, als sie das Messer an ihrer Kehle spürte, das er plötzlich in seiner freien Hand hielt.
    Kullmann und Pierre wollten sich nähern, doch er rief mit Panik in der Stimme: »Keinen Schritt näher, oder ich schlachte sie ab.«
    Die beiden alten Männer blieben erschrocken stehen.
    »Das wollen Sie doch gar nicht, Tim«, sprach Anke, obwohl ihr die scharfe Seite der Klinge schmerzhaft in den Hals drückte.
    »Halt’ die Klappe!« Mehr sagte Tim nicht dazu und zerrte Anke tiefer in den Stollen hinein.
    Sie konnte nicht erkennen, ob ihr Kullmann folgte. Alles um sie herum war dunkel. Das Licht an Tim Fechters Helm wackelte so hastig, dass sie nur Flimmern sah. Sie wusste nicht, was dieser Mann mit ihr vorhatte. Das einzige war die Erkenntnis, dass Tim Fechter das Phantom war. Und dieser Mann war für viele grausame Morde verantwortlich. Ihr Adrenalinspiegel stieg schlagartig an. Das Bild ihrer lachenden Tochter tauchte vor ihren Augen auf. Sie durfte jetzt nicht aufgeben. Es gab ein kleines Mädchen, für das es sich lohnte, ums Überleben zu kämpfen.
    »Denk nicht dran!«, kam es so unvermittelt von Tim, dass Anke glaubte, er könne Gedanken lesen. »Ich habe noch nie eine Frau getötet. Aber wie sagt man so schön: Einmal ist immer das erste Mal!«
    »Wo gehen wir hin?«, fragte sie, um sich und ihn abzulenken.
    »Am Ende dieses Stollens gibt es einen uralten Blindschacht. Dort bringe ich dich hin.«
    Anke bekam eine Gänsehaut. Das klang nicht gut.
    »Wie tief?«
    »Tief genug.«

    Schnurs Versuche, die Grubenwehr auf den Mann aufmerksam zu machen, den er inzwischen für das Phantom hielt, scheiterten daran, dass sie ihm nicht mehr glaubten.
    »Sie kommen ständig mit neuen Theorien.« An diesem Argument prallte Schnurs Warnung einfach ab.
    »Was haben Sie inzwischen unter Tage erreicht?«, fragte der Kriminalkommissar, um seine Wut über diese Sturheit in den Griff zu bekommen. Insgeheim hoffte er auf die Auskunft, dass die Männer dort unten auf Kullmann, Anke und Pierre getroffen seien. Aber kein Kommentar dieser Art fiel.
    Andreas Gesichtsausdruck zeigte ihm deutlich, dass sie Angst hatte. Auch er fühlte sich nicht mehr wohl. Der Gedanke, hinter dem Altmeister herzulaufen, schreckte ihn ab, da er nicht wusste, welche heimtückischen Fallen ihn in diesem ungeschützten Schacht erwarteten. Aber dieses untätige Herumsitzen und dabei etwas zu wissen, was weder Kullmann noch Anke wussten, erschien ihm ebenfalls unmöglich.
    »Darf ich mal Ihr Telefon benutzen?«, fragte er in seiner Not den Grubenwehrmann, der ständig in Kontakt mit den Männern vor Ort blieb.
    »Nein! Für Plaudereien sind diese Dinger nicht gedacht.«

    Schon von weitem sah Anke im hastigen, hin und her springenden Licht ein quadratisches Loch in der Erde. Die oberen Ränder waren mit runden Holzbohlen verstärkt. Je

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