Feuerteufel: Roman (German Edition)
Ich bin so weit. Ich habe genug geübt, um problemlos auf zwanzig Meter Entfernung einen Eimer zu treffen. Ich genieße die Schwere der mit Flüssigkeit gefüllten Flaschen in der Hand und das Wissen, dass ich Kraft und Wurfrichtung daran anpassen kann. Und ich sehe sie vor mir: Wie eine Wüstenmaus in einem brennenden Terrarium wird sie herumrennen.
Gestern Abend habe ich vier Flaschen gefüllt, ein altes Laken zerschnitten und in jede Flasche als Korken ein dickes Stück Stoff gedrückt. Dann habe ich die Flaschenhälse mit Klebeband umwickelt, damit alles an seinem Platz bleibt. Dabei war ich vollkommen ruhig, meine Hände gehorchten mir. Jetzt hingegen vermag ich kaum den Stift zu halten. Die Buchstaben sind fast nicht lesbar, aber das ist wahrscheinlich auch nur gut so.
Seit der Teich zugewachsen ist, baden hier nicht mehr so viele, die dicke Zementröhre, die als Grill dient, steht, wie ich gehofft hatte, immer noch da. Sicherheitshalber habe ich einen Eimer mit Wasser bereitgestellt, ehe ich die erste Flasche angezündet und in die Röhre geworfen habe.
Die Hitze schlug mir entgegen, als die Flammen aufstiegen. Lange stand ich ganz still da und kostete die Wärme aus. Sie wirkte lindernd, das Schlimme in der Brust wurde ein wenig schwächer. Dann löschte ich das Feuer und machte dasselbe noch einmal, wieder und wieder, und stellte mir dabei vor, wie ihr Wohnzimmerfenster zerplatzt und sich der schicke Teppich unterm Sofatisch in ein Feuermeer verwandelt, wie die Flammen größer werden, an den Wänden hochlecken und die Fotografien runterfallen lassen, wie dieses Rosenbild zusammenschnurrt und zerstört wird, wie der Rauch aufsteigt. Und das ganze Haus erfüllt.
Ich kann nicht mehr sagen, wie oft ich mich im Wald versteckt und sie da drinnen beobachtet habe, wie ich sie mit dem zufriedenen, selbstgefälligen Lächeln im Gesicht habe herumtänzeln sehen. Als ob nichts von Bedeutung wäre.
Die Flaschen sind jetzt fertig und liegen in ein Badehandtuch eingewickelt im Rucksack. Eine fürs Wohnzimmer, eine für die Küche und zwei in Reserve.
Endlich bestimme ich.
1
Jetzt war sie also wieder mal allein. Eine ganze Woche. Magdalena setzte sich auf die Stufen der Terrasse und schaute über den See. Unten am Steg, knapp fünfzig Meter entfernt, lagen immer noch die Badehandtücher, die Petter und sie benutzt hatten.
Ein stiller, drückender Augustabend. Nur ein Bootsmotor und das gleichmäßige Spritzen des Rasensprengers auf dem Grundstück von Bengt und Gunvor waren zu hören. Die Wasserstrahlen wiegten vor und zurück und machten einen kleinen Regenbogen neben der Eberesche.
Magdalena stand auf und ging in die Küche, um eine Dose für die Himbeeren zu holen. Im Flur drehte sie sich mit dem Rücken zum Spiegel, zog das Hemd aus und sah sich über die Schulter. Die Haut auf den Schultern leuchtete rot zwischen den Sommersprossen. Sie hatte sich tatsächlich einen Sonnenbrand geholt. Nun war sie fast vierzig und wusste immer noch nicht, wie viel Sonne sie vertrug!
Schließlich fand sie in dem vollgestopften Schrank über der Mikrowelle eine alte Eisschachtel mit Deckel und ging wieder hinaus. Der Wohnzimmerboden war voller Grashalme und Fußspuren nach dem warmen, faulen Badewochenende, aber jetzt hatte sie keine Lust, sich damit zu befassen. Später, dachte sie. Morgen.
Magdalena ging über die Terrasse in den Garten zur Himbeerhecke. Das trockene Gras pikte unter den Füßen, als würde man über Tannenzweige laufen. An der Ecke des Vorratsschuppens hingen verblühte Lupinen mit Samenkapseln, die an einen verbogenen Kamm erinnerten.
Zusammenziehen. Petter hatte das Thema wieder angeschnitten. Eigentlich wäre das selbstverständlich, denn sie verbrachten fast alle freie Zeit, die sie hatten, gemeinsam. Trotzdem widerstrebte ihr der Gedanke daran.
Vorsichtig zupfte Magdalena eine Himbeere ab und ließ sie in die Plastikdose fallen, wo sie mit einem sanften Plumpsen auf dem Boden landete.
Sie würde niemals den Tag vergessen, an dem Ludvig völlig ohne Vorwarnung verkündet hatte, dass er sich scheiden lassen wolle und seine Taschen gepackt hatte. Ihr hatte es den Boden unter den Füßen weggezogen. Mit einem Mal gab es weder Alltag noch Zukunft, nichts von alledem, was früher einmal Wirklichkeit gewesen war.
Sie erinnerte sich an die Welle der Kälte, die sie in den ersten Monaten kurz vor dem Aufwachen überrollte, an das seltsame Zucken in der Zunge, wenn sie an seine neue Freundin dachte, und
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