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Blutige Seilfahrt im Warndt

Blutige Seilfahrt im Warndt

Titel: Blutige Seilfahrt im Warndt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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sage ich, dass es kein Mord war.«
    Verdutzt schaute Schnur den Mitarbeiter an, worauf Grewe anfügte: »Kein Bergmann bringt einen anderen um. Diese Männer sind echte Kameraden und halten zusammen.«
    »Das ist mir als Argument zu schwach«, gestand Schnur. »Ich hätte ein bisschen mehr erwartet.«
    »Dafür brauche ich mehr Fakten, um die Sachlage besser beurteilen zu können«, gab Grewe zu.
    Schnur grübelte eine Weile, bis er sagte: »Diese Fakten werden wir noch zusammentragen. Dann schauen wir, wie wir in diesem Fall weiter vorgehen werden.«
    »Soll ich zur Witwe des Toten fahren?«, bot sich Grewe an.
    »Nein. Das übernehme ich.«
    »Warum?«
    »Weil du die Akte über den Fall lesen sollst, um festzustellen, wo wir etwas übersehen haben. Vermutlich gibt es einige Ungereimtheiten, die nur du als Fachmann für den Bergbau feststellen kannst.«

Nahe an der Grenze zu Frankreich im Waldgebiet des Warndt liegt der Ort Dorf im Warndt. Kurz vor dem ersten Weltkrieg als Kleinsiedlung gegründet war der Ort durch neue Bauabschnitte immer weiter vergrößert worden. Erst in den sechziger Jahren war die Werkssiedlung der Saarbergwerke entstanden. Ein Wohngebiet, das sich durch seine praktische Bauweise hervortat, weil auf engem Raum sehr viele Wohnungen untergebracht waren. Einige Bäume zierten die Siedlung, deren Laub die Rasenflächen zwischen den einzelnen Häuserblocks bedeckten. An der ersten Kreuzung, die Jürgen Schnur und Andrea Westrich passierten, prangten eine weiß getünchte Walze einer Schrämmaschine und ein Kohlewagen. Diese beiden Exponate ließen keinen Zweifel daran, dass sie richtig waren.
    Schnur bog in die Barbara-Straße ein und ließ den Wagen langsam rollen, damit er die Hausnummern ablesen konnte. Am Haus mit der Nummer 12 bremste er ab.
    »Hier ist es!«
    Sie stiegen aus und steuerten die Tür an, an deren Seite eine ganze Reihe von Klingeln mit Namen angebracht war. Peter Demplers Wohnung lag im Erdgeschoss.
    Andrea drückte auf den Klingelknopf. Schon nach wenigen Sekunden ertönte der Summer.
    Sie traten ein.
    In der Wohnungstür direkt neben dem Hauseingang stand eine Frau, deren Gesicht eingefallen wirkte. Auch ihre Augen waren geschwollen, als habe sie geweint.
    »Wer sind Sie?«
    Schnur stellte sich und seine Kollegin vor, woraufhin die Augen der Frau sofort aufblitzten, als sie fragte: »Sie wollen mir doch nicht sagen, dass mein Peter ermordet wurde?«
    »Wir wollen nur sichergehen«, meinte Schnur und überreichte der Witwe den Inhalt aus den Kleiderkörben ihres Mannes.
    »Niemals!«, schrie die Frau fassungslos. »Wer sollte so etwas tun?« Sie beachtete den Karton nicht, sondern ließ ihn einfach auf den Boden fallen. Andrea hob ihn schnell wieder auf.
    Aus der Wohnung auf der gegenüberliegenden Seite trat eine ältere Frau mit einem neugierigen Gesicht heraus.
    »Wollen wir uns nicht lieber in Ihrer Wohnung unterhalten?«, fragte Schnur.
    Frau Dempler nickte und ließ die beiden Polizeibeamten eintreten. Was sie nun zu sehen bekamen, erstaunte sie. Alles war in der Farbe Orange gehalten. Die Tapeten schimmerten in dieser aufdringlichen Farbe, die Gardinen ließen das Tageslicht in orangenen Tönen herein. Tischdecken, Geschirr, Blumenvasen, Kerzen und Wandschmuck – einfach alles.
    Schnur verkniff sich eine Bemerkung, doch die Frau erkannte, was in ihm vorging.
    »Mein Mann und ich lieben diese Farbe«, sagte sie. »Das Schwarz durch seine Arbeit bringt er sogar mit nach Hause. Das ist so trostlos, deshalb wollten wir uns etwas gönnen, was genau das Gegenteil davon ist.«
    Ein überdimensional vergrößertes Foto, das die halbe Wand der Essecke einnahm, zeigte die Tagesanlage der Grube Warndt. Lange verweilte Schnurs Blick darauf. Frau Dempler machte keinerlei Anstalten, den beiden Besuchern einen Platz anzubieten. Also ließen sie sich nach einer Weile unaufgefordert am großen Tisch nieder, der in der Mitte des Raums stand. Die Tür zum Nebenzimmer stand offen. Dort sahen sie eine Küchenzeile, die aus einzelnen alten Geräten bestand. Die Hängeschränke darüber waren weiß und wirkten ebenfalls altmodisch.
    »Das Bergamt hat uns im Fall Ihres Mannes um Amtshilfe gebeten. Deshalb wollen wir uns absichern, dass wirklich nichts übersehen worden ist«, erklärte Andrea.
    Die Witwe ließ sich auf den Stuhl am Kopfende des Tisches sinken und begann zu weinen. Schnur und Andrea warteten geduldig, bis sie endlich den Kopf hob, die Nase geräuschvoll hochzog und bestimmte:

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