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Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)

Titel: Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Kern
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Station verlegt werden würde. Leonie hatte Leander bei Sebastian abgegeben, der sich mit ihm vor den Fernseher gelümmelt hatte. Noch immer konnte sie kaum glauben, was der freundlichen und immer bemühten Frau Deringer zugestoßen war. Die Normalität des Nachmittags war nichts als eine Illusion gewesen, die in Gewalt und Verletzung geendet hatte.
    Nachdem das Gewitter in Richtung Schwäbische Alb abgezogen war, lag das Foyer der Klinik lichtdurchflutet in der Abendsonne. Neben der Warteecke mit ihren rostfarbenen Sesseln befand sich die automatische Drehtür. Patienten im Jogginganzug strebten, ihren Infusionsständer hinter sich herziehend, nach draußen, um auf dem Vorplatz ihre Nikotinsucht zu pflegen. Plötzlich spülte die Tür zwei kleine, blonde Kinder nach innen, die sich in der Halle verdutzt umsahen. Als der Vater sich mit einem riesigen Rosenstrauß durch den Drehmechanismus gekämpft hatte, waren die beiden schon zur Cafeteria gerannt und begutachteten den Zeitschriftenständer.
    »Lukas, Mia! Ihr wollt doch das Baby sehen«, scheuchte er sie in Richtung der Aufzüge zur Geburtenstation. Leonie verdrehte die Augen. Jetzt hatten die stolzen Eltern drei Flöhe zu hüten, wobei das Kleinste wahrscheinlich Simon oder Emma hieß. Sie hatte ihren Sohn ebenfalls im Esslinger Klinikum zur Welt gebracht. Alles war so glatt verlaufen, dass ihr der Professor danach prophezeit hatte, mit ihrem gebärfreudigen Becken könnte sie locker noch sechs weitere Kinder bekommen. Noch heute lief es ihr ganz kalt über den Rücken, wenn sie daran dachte. Fest nahm sie sich vor, das Vorstellungsgespräch am Montag nicht ausfallen zu lassen, koste es, was es wolle.
    In diesem Moment glitt die automatische Tür der Notaufnahme nach außen auf. Eine Krankenschwester schob Frau Deringer im Rollstuhl hindurch und steuerte zielbewusst auf die Aufzüge zu. Leonie und Sybille erhoben sich.
    »Frau Deringer, wir sind hier«, rief Sybille und winkte.
    Müde hob die alte Dame ihre linke Hand, an der noch immer der lila Nagellack glitzerte. Der rechte Arm steckte vom Oberarm bis zum Handgelenk in einer Art Schiene. Sie trug ein gemustertes OP-Hemd. Eine Infusionsflasche lag in ihrem Schoß.
    »Gut, dass Sie da sin, Fräulein Sybille. Und das Fräulein Leonie auch. Das wär aber net nötig gwea.«
    »Frau Deringer«, sagte die Krankenschwester. »Wir sollten jetzt auf Station fahren. Ihr Arm ist gebrochen, und Ihr Blutdruck ist viel zu hoch. Sie müssen sich dringend ausruhen.«
    »Aber die zwoi bringet mir doch mei Sach!«, protestierte die alte Dame.
    »Dann kommen Sie eben mit!« Die Schwester drückte auf den Aufzugknopf.
    »Halt!«, rief es aus Richtung der Drehtür. Ein älterer Mann mit einem weißgrauen Bürstenhaarschnitt näherte sich mit großen Schritten. »Sind Sie Frau Deringer? Mein Name ist Fritz Keller, Hauptkommissar von der Polizeidirektion Esslingen. Ich hätte einige Fragen an Sie.«
    »Nein!«, sagte die Schwester genervt. »Wenn wir nicht endlich in Ruhe auf Station fahren können, lasse ich Sie alle drei rauswerfen.«
    Der Aufzug kam, und sie schob den Rollstuhl hinein. Leonie und Sybille folgten ihr.
    »Also gut«, sagte der Kommissar. »Dann fahre ich eben auch mit.« Er sprang so flink hinterher, dass man ihm sein Alter gar nicht anmerkte. Schweigend fuhren sie in den ersten Stock, durchquerten ein paar Flure und erreichten schließlich das Krankenzimmer. Auf dem Bett an der Tür saß eine grauhaarige Dame im Jogginganzug und aß ihr Abendbrot. Als die Karawane hereinkam, schaute sie interessiert auf.
    »Ein Bett am Fenschter«, sagte Frau Deringer erleichtert und schaffte es, ohne Hilfe aus dem Rollstuhl auf die Bettkante zu steigen. Ahornzweige nickten an die Scheibe. Auf dem Nachttisch stand ein abgedecktes Abendessentablett. Einen Moment später lag sie unter der Bettdecke, die Leonie ihr über die Beine breitete. Sybille stellte Zahnbürste und Duschgel in das kleine Bad und räumte den Schrank mit den notwendigen Kleidern ein. Morgenmantel, Pantoffeln und ein sauberes Nachthemd legte sie am Bett zurecht. Nur der Kommissar hatte keine Zeit mitgebracht. Er stand an der Wand und trommelte mit seinen Fingern ungeduldig auf die Fensterbank.
    »Es tut mir leid, Frau Deringer«, sagte er. »Aber Sie müssen sich noch einen Moment lang konzentrieren, so dass ich Ihre Aussage aufnehmen kann. Wie ist der Überfall denn abgelaufen?«
    Leonie sah, wie sich die alte Dame zusammennahm, und wünschte den Kommissar zum

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