Die Seele heilen
Niemand ist davor gefeit, an einer Depression zu erkranken, auch nicht, wenn er unter günstigen Bedingungen lebt. Dies zeigt die Geschichte der Autorin Dr. Sabine Wehner-Zott, die trotz positiver Lebensumstände eine schwere Depression entwickelte. Glücklicherweise tragen Forscher, Ärzte und Psychotherapeuten, wie Prof. Hubertus Himmerich, dazu bei, dass Depressionen heute richtig behandelt werden.
Vor über drei Jahren schlitterte die Lehrerin
Dr. Sabine Wehner-Zott in eine tiefe Depression. Sie hat sich mit ihrer Krankheit und dem Weg ihrer Genesung intensiv auseinandergesetzt, und so ist schließlich dieses Buch entstanden.
In mir wuchs die Angst
Wochenlang arbeitete ich bis zur Erschöpfung, verzettelte mich dabei ziellos in Kleinigkeiten und stellte jeden Abend mit Schrecken fest, dass ich nicht annähernd das Pensum geschafft hatte, das ich mir vorgenommen hatte. Nachts wälzte ich mich im Bett hin und her, plante, machte mir Sorgen und schlief immer weniger. Wenn ich doch einnickte, dann schreckte ich nach kurzer Zeit schweißgebadet auf und mir war, als hätte ich in meinem Kopf ein Gedanken- und Sorgenkarussell, das sich mit jedem Tag schneller drehte. Und je schneller es sich drehte, desto verzerrter nahm ich die Realität wahr und desto schwieriger wurde es für mich, an andere Dinge zu denken als an meine übergroßen Sorgen. Diese nahmen in meiner Vorstellung solche Dimensionen an, dass sie alles, was es Positives in meinem Leben gab, verdrängten. Von meinen Problemen konnte mich nichts ablenken. Ich weinte oft und in mir wuchs die Angst, dass mit mir etwas Schwerwiegendes nicht in Ordnung sein könnte.
Als sei ich mir selbst abhanden gekommen
Eines Tages war es dann so weit. Ich hatte mich wieder die ganze Nacht schlaflos hin und her gewälzt, Lösungsmöglichkeiten für das in meiner Vorstellung immer größer werdende Problem gesucht und als unrealistisch verworfen. Tagsüber hatten sich wie schon in den vorhergegangenen Tagen düstere Grübeleien mit zielloser, unproduktiver Aktivität abgewechselt. Der Tag, an dem ich endgültig wusste, dass etwas in meinem Kopf nicht mehr stimmte, war ein schöner, warmer Sommertag. In mir aber war es dunkel und kalt. Ich war mit dem Fahrrad auf dem Weg nach Hause. Und plötzlich geschah es: Als hätte ich eine CD mit Kratzer in meinem Kopf, konnte ich nur noch den einen Satz denken: »Wir schaffen es nicht und ich bin schuld!« Der Satz wuchs wie ein riesiger schwarzer Schatten und verdrängte alles andere. Und schließlich musste er raus, wollte ausgesprochen, herausgeschrien werden. Ich sprang vom Fahrrad, warf es auf den Gehweg, taumelte nach Hause, »Wir schaffen es nicht ...!« in einer Endlosschleife vor mich hinbrabbelnd. Und neben diesem Gedanken hatte nur noch eine schreckliche Gewissheit Platz: Etwas in meinem Denken funktionierte nicht mehr richtig und ich konnte nichts, aber auch rein gar nichts dagegen tun! Ich wankte ins Haus, lief wie ein eingesperrter Tiger im Wohnzimmer im Kreis. »Wir schaffen es nicht und ich bin schuld«, gab ich ununterbrochen erst flüsternd, dann schreiend von mir, und um mich zu »bestrafen«, fing ich an, mich in den Oberarm zu zwicken. Ich hatte vollkommen die Kontrolle über mein Denken und Handeln verloren. Mir schien es, als sei ich mir selbst abhanden gekommen. Mein ganzes Leben war aus den Fugen geraten, und ich war unfähig, das zu ändern.
In der Dunkelheit meiner Seele
Die Depression brachte mein Leben völlig durcheinander, aber auch das meines Umfeldes. Meine Familie hatte das Gefühl, mich in der Dunkelheit meiner Seele nicht mehr erreichen zu können. Und die Finsternis in mir überschattete auch ihr Leben. Zudem bekamen meine Angehörigen die Auswirkungen der Depression auf ihren Alltag zu spüren, denn ich war auf einmal nicht mehr die zupackende, alles managende Frau. Und das, was ich früher alles mit links erledigt hatte, blieb liegen. Wir alle fühlten uns völlig hilflos und unsicher und es war für uns alle ganz furchtbar. In seiner Not brachte mich mein Mann zu einem Psychiater und der wies mich mit der Diagnose »schwere depressive Episode« sofort in eine Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie ein.
Es geht mir wieder gut
Das alles liegt jetzt über drei Jahre zurück. Das, was ich während der Depression für absolut unmöglich gehalten hatte, ist eingetreten. Es geht mir wieder gut und mein Leben geht seinen ganz normalen Gang. An meinem Fall können Sie sehen, dass auch Ihre
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