Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)
sammelte sich zu weißem Nebel. Nichts, außer stapelweise Kisten voller reifbezogenem Fenchel, Zucchini und Weintrauben, so hart wie Kiesel. Er folgte einer Eingebung und grub unter den Zucchini, durchbrach drei Schichten der länglichen, harten Dinger, bis er einen Pappboden spürte, der da nicht sein sollte. Eine winzige Öffnung, in die er seinen Zeigefinger drückte. Darunter Plastiktüten, glatt weich, voller Schnee. Volltreffer. Das würde die Drogenfahndung interessieren. Jetzt jedoch musste er Leonie finden. Tu was, nutze die Zeit! , pochte es in ihm. Aber was nur? Sein Kopf war leer.
In diesem Moment hörte er Stimmen, die Deutsch sprachen. Er hechtete hinter einen wackligen Stapel eisiger Erdbeerkisten und brachte ihn gerade eben wieder ins Gleichgewicht, bevor die Männer kamen. Als er sie erkannte, erstarrte er. Da war Alessio. Sein Onkel hatte gelogen, als er sagte, dass der Junge nach Kalabrien geschickt worden war. Und neben ihm ging Battista, eine Waffe in der Hand. Sie durchquerten den Raum, ohne nach links oder rechts zu schauen. »Du weißt, was du zu tun hast, wenn sie nicht kooperiert«, sagte Battista. Fabian lehnte sich zurück. Er hatte verstanden.
60.
Als sie den Raum betraten, saß Leonie noch immer auf dem Bett. Ihre Zähne klapperten, obwohl sie sich bis zum Kinn in die Decke gewickelt hatte und mit den Armen ihre Knie umklammerte. Alessio stellte sich neben die Tür wie ein Wächter, seine Augen waren dunkel, sein Gesicht ausdruckslos. Gianluca kam auf sie zu. »Ich war so dumm, mich zu verlieben«, sagte er. »Ich habe mich gegen meine Gefühle gewehrt. Vergeblich. Doch ausgerechnet der Frau, die ich liebe, kann ich nicht trauen. Woher soll ich wissen, dass du mich nicht verrätst?«
Sie drückte sich mit dem Rücken an die Wand und hätte sich am liebsten in Luft aufgelöst. »Warum hast du mich hergebracht?«, flüsterte sie.
»Um dich zu prüfen. Wie weit gehst du für unsere Liebe? Was ist sie dir wert? Hast du mir wirklich hinterherspioniert? Oder ist da dieser andere, dieser Fabian? Du musst dich entscheiden. Entweder du gehst mit meiner Familie ins Ausland. Dann gehörst du zu uns. Oder aber …«
Sie wusste, was er meinte. Sie hatte die Schwelle des Aichwalder Anwesens überschritten und damit die Weichen gestellt. Sie schaute zu Alessio, der weiß wie die Wand an der Tür stand und gebannt zuhörte.
»Und was ist mit Leander?« Bei seinem Namen füllten sich ihre Augen mit Tränen, und die Worte kamen erstickter raus, als sie sollten. Ihre Absicht, Haltung zu bewahren, hatte sich in Luft aufgelöst. »Den holen wir nach, wenn nach einigen Monaten Gras über die Sache gewachsen ist.« Leonie biss sich auf die Lippe und nickte. Leander, ein Mafiakind wie Alessio, in seiner Seele zerrissen zwischen den Menschen, die er liebte, und den Taten, die sie begingen. Sie schaute noch einmal zu dem Jungen an der Tür, der kaum merklich den Kopf schüttelte. Die Tränen brachen sich jetzt Bahn, liefen ihre Wangen herunter, ohne dass sie etwas dagegen unternehmen konnte.
»Und wenn ich mich – anders – entscheide?«
»Dann stirbst du.« Er kam näher und strich ihr vorsichtig über die Wange. »Glaubst du, ich kann das nicht? Den Menschen töten, der mir am liebsten ist? Die Organisation muss um jeden Preis geschützt werden. Aber in dem Fall ist es seine Aufgabe.« Er zeigte auf Alessio. »Er ist mir noch etwas schuldig, der kleine Drecksack.«
Der Junge an der Tür sackte in sich zusammen. Gianluca wandte sich wieder Leonie zu.
»Aber wenn du zu mir stehst, wird es dir an nichts fehlen. Ich werde dich auf Händen tragen wie eine Königin. Du musst nur die richtige Entscheidung treffen. Und dafür musst du bereit sein, für mich dein altes Leben aufzugeben.«
Leonie fühlte sich kraftlos und leer. Auch wenn Gianluca kein Mörder gewesen wäre, liebte sie ihn nicht genug, um mit ihm zu gehen. Aber so kam das überhaupt nicht in Frage.
»Die Polizei wird eure Spuren aufnehmen«, sagte sie und fühlte sich wie betäubt. »Niemand kann sich in Luft auflösen.«
Er schüttelte den Kopf und lachte. »Glaub mir, es gibt Kanäle, über die wir spurlos verschwinden können. Und noch wird mein Name nirgendwo mit der ’Ndrangheta in Verbindung gebracht.«
Er trat näher und legte ihr seine kalte Hand an die Wange. »Wie wirst du dich entscheiden?«
Sie schwieg und schaute zur Göttin Aphrodite hinüber, die niemals ihren Fuß an Zyperns Küste setzen würde.
»Ich kann nicht
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