Blutiger Regen: Leonie Hausmann ermittelt im Schwäbischen (German Edition)
Knotenpunkt im Mafianetz sein, dessen Fäden sich langsam entwirrten.
Vielleicht klärte sich das Ganze ja auch ganz anders, dachte er grimmig, als er den Saab aus dem Parkhaus auf die Hirschlandstraße lenkte. Vielleicht saß sie mit Gianluca im Café Maille und aß Eis, oder sie hatten heißen Sex in seiner Designerwohnung. Fabian schlug aufs Lenkrad. Wenn sie sich doch gemeldet hätte!
Es war halb neun, ein freundlicher Abend im Hochsommer, der den wechselhaften Tag vergessen ließ. Langsam lichtete sich der Feierabendverkehr. An der Kreuzung zur Rotenackerstraße stand er vor der roten Ampel und versuchte, Leonie auf ihrem Handy zu erreichen. Nichts. Entschlossen fuhr er links ab in die Stadt hinunter und stand schließlich vor dem Haus in der Turmstraße. Hier also wohnte Gianluca Battista, der Mafioso. Die Adresse hatte er ebenfalls gestern Nacht recherchiert. Kurzentschlossen stieg er aus und klingelte. Der Name stand an der Klingel ganz unten. Es war ein Bau aus der Zeit um die Jahrhundertwende mit einer schicken Holzeingangstür und großen, dunklen Fenstern in der Erdgeschosswohnung. Wenn die zwei da waren, würde er sich als eifersüchtiger Nebenbuhler ausgeben. Er schluckte trocken. Was tat die Mafia mit aufdringlichen Rivalen? Egal. Er musste das Risiko eingehen. Er klingelte noch einmal, doch es blieb alles still.
58.
»Warum Massimo und Maria?« Sie saß noch immer auf dem Bett in Corteses Kellerverlies. Ihre Füße waren eiskalt, und sie spürte, wie sich das Zittern unerbittlich von außen nach innen fraß. Trotzdem strengte sie sich an und sprach weiter. Vielleicht verflüchtigte sich die Leere in ihrem Kopf dann ja und machte der einen, zündenden Idee Platz, die ihre Rettung sein würde.
»Du frierst ja.« Gianluca stand von seinem Segeltuchstuhl auf, holte eine dicke Wolldecke aus dem Schrank und legte sie ihr fürsorglich um die Schultern. Dann setzte er sich neben sie auf die Sofakante.
»Tja, die beiden alten Pizzeriabesitzer …«, fuhr er fort. Er schaute sie von der Seite an. »Wieso bringst du den Mord an ihnen mit uns in Verbindung?«
»Ich habe, nun …« Sie spürte, dass sie knallrot wurde.
»Sabine Marian«, spuckte er voll Verachtung aus.
»Sie hat nichts damit zu tun.«
»Ich weiß, dass du lügst. Aber lassen wir das. Es war sicher nicht unsere einfachste Entscheidung. Aber Massimo hatte schon einmal geplaudert und sich nicht an die Spielregeln gehalten. Heute pfeifen es die Spatzen von den Dächern. Aber damals hätte es fast einen Skandal gegeben. Wir dachten, Massimo hätte Ruhe gegeben. Aber stattdessen spaziert er zu dieser – Frau – und will das Gesetz der Omertà schon wieder brechen.«
»Und was wollte er ihr verraten?«
Seine Hand, die nach ihrer griff, fühlte sich fest, warm und trocken an. Sie versprach trügerische Sicherheit. »Du zitterst ja«, wunderte er sich. »Es gibt viel Geld zu verdienen in Stuttgart in den nächsten Jahren. Wir sind gerne mit dabei, wenn Großprojekte gebaut werden.«
»Stuttgart 21?« Leonie schluckte trocken und dachte an Subunternehmer, die ihre Arbeiter unter Tarif bezahlten. Spottbillige Baufirmen und hinterzogene Steuern – interessierte sich der Staat wirklich für solche Machenschaften, die sich in einer Grauzone zwischen den Gesetzen bewegten? Und musste die Bahn nicht zugreifen, wenn irgendjemand die explodierenden Kosten reduzierte? Unwillkürlich fragte sie sich, was Sabine Marian für diese Informationen geben würde. Dann wandte sie sich wieder Gianluca zu. »Und wie ist es für dich?«
»Was?«
»Dass dein Onkel ein Mafiaboss ist?«
Er schaute sie von der Seite an. »Mein Onkel?« Er runzelte die Stirn und dachte einen Moment lang nach. Dann begann er zu lachen. Laut und immer lauter, bis er sich vor Heiterkeit auf die Knie schlug. »Du denkst, dass mein Onkel der Chef ist? Das stimmt aber nicht.«
»Und wer dann?«, fragte sie, doch da sickerte die Wahrheit schon in sie ein wie schmutziges Wasser. Was für eine perfekte Tarnung das Restaurant doch abgab.
Als er weitersprach, war seine Stimme sehr leise. »Mein Vater Clemente Battista hat den Clan geleitet. Als er ermordet wurde, war ich erst achtzehn und musste mir Respekt verschaffen. Das ging nicht ohne meine beiden Onkel, die mir immer zur Seite gestanden haben.«
Leonies Herz schlug in ihrer Brust wie ein gefangener Vogel. Sie rückte einige Zentimeter von ihm ab und hoffte, dass er es nicht bemerkte.
»Du weißt ja, Blutrache. Das war mein
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