Blutiger Sand
Ich komme“, rief ihr Mann. Nahm einen kurzen Anlauf und sprang kopfüber ins Wasser, tauchte sie mit dem ganzen Gewicht seines Körpers unter.
Prustend und wild um sich schlagend kam sie wieder hoch. „Du Idiot! Du weißt, dass ich nicht ordentlich schwimmen kann.“
Sie klammerte sich an den Beckenrand. Ernest war nirgends zu sehen. Ein sanftes Plätschern verriet, dass sie nicht allein im Pool war.
„Lass die dummen Spielchen“, schrie sie.
Als sie zu begreifen schien, dass der Sprung ins kalte Wasser zu viel für das schwache Herz ihres Mannes gewesen war, verließ sie rasch den Pool. Offensichtlich hatte sie keine Lust, ihm beim Sterben zuzusehen.
Nebenan öffnete sich die Terrassentür. Die Männer warteten, bis die Frau in ihrem Appartement verschwunden war. Zum Glück ließ sie die Tür zu ihrer Terrasse offen.
Der jüngere der beiden folgte ihr. Er bemühte sich, nichts anzufassen.
Sie war im Bad, stand unter der Dusche. Ernest hatte es anscheinend doch geschafft, die scheußlichen Kakerlaken zu beseitigen.
Sein Messer bohrte sich von hinten zwischen ihre Rippen. Kein Fleisch war im Weg. Es war, als würde sich die Klinge durch die Ritzen eines Skeletts bewegen. Ein perfekter Stich durch die Lunge. Es dauerte keine Minute, bis sie ihr Leben aushauchte.
Ein viel zu schöner Tod für dieses Aas, dachte er. Kurz darauf verließ er um tausend Dollar in bar und einige wertvolle Schmuckstücke reicher das Royal Hawaiian Motel und ging zu seinem Wagen.
Sein Komplize hatte den Mann mittlerweile aus dem Pool geholt. Plötzlich begann Ernest zu husten und zu spucken. Ein Schuss aus nächster Nähe genau zwischen die Augen – ein Schalldämpfer sorgte für ein leises „Plop“ – beendete seinen schrecklichen Husten.
Der Mörder wälzte den leblosen Körper wieder in den Pool. Das Wasser verfärbte sich rot. Blutrot.
17.
Painted Desert, Arizona, April 2012
Schon beim Frühstück im El Rancho habe ich Orlando mit Fragen gelöchert. „Was hat dieser Pat gesagt? Wer ist der Mann, den er für einen Serienmörder hält?“
Orlando hat mich eindringlich gebeten, den Mund zu halten und erst im Wagen darüber zu reden.
„Pat kennt tatsächlich einen Mann namens ‚The Snake‘. Er hat ihn in einem Diner in Flagstaff kennengelernt. Der Typ hat ihm Angst gemacht. Hat dort eine Show mit seinen Messern abgezogen. Zwar hat er niemanden verletzt, aber er hat sich aufgeführt wie ein Irrer. Und Pat meinte sich zu erinnern, dass dieser Mann von einem anderen Gast ‚The Snake‘ genannt worden ist“, sagt er, kaum dass wir in Simons Jeep sitzen.
Simon will sofort umkehren und diesen Pat genauer befragen.
„Das hat keinen Sinn. Pat ist heute frühmorgens nach Flagstaff zu seiner Familie gefahren“, sagt Orlando.
„Wieso hast du uns nicht früher Bescheid gegeben?“, frage ich empört.
„Ich hab euch nicht stören wollen.“
„Idiot“, schimpfe ich.
Entlang der Route 66 von Gallup nach Flagstaff liegen Navajo-, Zuñi- und Hopi-Reservate nebeneinander. Die alte Straße zeichnet sich im rosafarbenen Licht ab. Eine graue Schneise mitten durch die Wüste. Tumbleweeds fegen vor uns über die Straße. Simon bremst jedes Mal, wenn so ein Strauchbündel daherkommt.
„Die haben uns in Utah auch genervt“, sagt Orlando.
Simon fährt in das Navajo-Reservat, zu Bens früherem Arbeitsplatz.
Er hält direkt vor dem Office der Navajo Tribal Police und geht allein in das Büro. Orlando und ich warten draußen.
Beim Anblick der Misere rund um das offizielle Gebäude, das ebenfalls nichts als eine baufällige Hütte mit einem verrosteten Wellblechdach ist, wird mir ziemlich mulmig. Hier sieht es genauso aus wie in den Dörfern der Roma in der Slowakei oder in Ungarn. Dreck und Müll nicht nur auf den unasphaltierten Straßen, sondern auch im Umkreis der ärmlichen Hütten. Verwahrlost aussehende Kinder, erwachsene Männer mit Bierdosen in der Hand und verhärmte Frauen in schmutzigen Kleidern, die uns mit leeren Blicken anstarren. Was für ein Elend!
Ein paar räudige Köter laufen hinter uns her, als wir den Wagen verlassen. Ich verscheuche sie mit energischer Stimme.
Ein uralter Kleinlaster kommt uns entgegen. Auf der Ladepritsche drängen sich mindestens ein Dutzend Indianer. Grölend prosten sie uns mit ihren Bierflaschen zu. Von wegen Alkoholverbot in den Reservaten.
Simon kommt aus dem Büro und ruft den Betrunkenen in der Sprache der Navajo etwas zu. Daraufhin verstummen sie.
„Die Leute von der
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