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Blutiger Spessart

Blutiger Spessart

Titel: Blutiger Spessart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Huth
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wollten. Der Kronzeuge war wie ein Augapfel gehütet worden. Wochen hatte er in einer sicheren Wohnung im Landkreis Würzburg verbracht. Dort hatte man ihn verhört und seine Zeugenaussagen aufgenommen. Eine ganze Gruppe Ermittler der Sondereinheit
Spessartblues
war für seine Bewachung abgestellt worden, da sein Leben höchst gefährdet war.
    Das Verfahren, das in ganz Deutschland für Furore in den Medien sorgte, wurde insgesamt von außerordentlich strengen Sicherheitsmaßnahmen begleitet. Die Justiz rechnete damit, dass von bestimmten Kreisen der Versuch unternommen werden könnte, Emolino zu befreien, und man traf entsprechende Vorsichtsmaßregeln. Zu viel stand für den Angeklagten auf dem Spiel. Immerhin drohte ihm eine lebenslange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung.
    Aus anderen Gründen, aber in noch viel stärkerem Maße galt diese Bedrohungssituation auch für Mallepieri. Sein Leben war extrem gefährdet, das stand außer Zweifel. Um heute Morgen keine längere Fahrt über Land in Kauf nehmen zu müssen, war Mallepieri gestern am späten Abend in die Justizvollzugsanstalt Würzburg verlegt worden, wo er die Nacht, streng bewacht, in einer Einzelzelle verbrachte.
    Fünfzehn Minuten später erreichte das Fahrzeug mit dem Kronzeugen sein Ziel: die Einfahrt zur Tiefgarage des Strafjustizzentrums Würzburg in der Ottostraße. Per Funk überzeugte sich der Fahrer davon, dass das vorausfahrende Fahrzeug mit dem Angeklagten am Ziel angekommen war. Wie man ihm sagte, saß Emolino bereits in einer Wartezelle des Strafjustizzentrums, wo er bis zum Beginn des Prozesses verwahrt wurde. Man konnte also den Kronzeugen in ein gesichertes Zimmer neben dem Schwurgerichtssaal schaffen.
    Beckmann schaltete das Sondersignal aus. Langsam rollte er die am Altbau der Würzburger Justiz entlangführende Parkstraße entlang, die zugleich die einzige Zufahrtsstraße zur Tiefgarage des Strafjustizzentrums darstellte. Zwischenzeitlich hatte der Regen deutlich nachgelassen. Die Beamten im Fahrzeug machten sich bereit. Diese Phase, eingesperrt in die sich schluchtartig verengende Zufahrt zur Tiefgarage des Gerichts, war die gefährlichste während des gesamten Gefangenentransports. Hier gab es kein Ausweichen und keine Wendemöglichkeit. Wenn sie erst einmal das schwere Metalltor zur Tiefgarage passiert hatten, waren sie in relativer Sicherheit. Es gab dort reservierte Parkplätze für Polizeifahrzeuge, von denen aus man den Zeugen auf kurzen, sicheren Wegen zum Schwurgerichtssaal bringen konnte.
    Die auf grün springende Ampel oberhalb des Tores zeigte an, dass die Zufahrt zur Tiefgarage freigegeben war. Beckmann rollte langsam die Asphaltstraße hinunter, die mit Gefälle zum ferngesteuerten Tor der Garage führte. An der tiefsten Stelle der Einfahrt hatte sich aufgrund des Unwetters ein regelrechter See gebildet. Während sich der Transporter im Schritttempo der Einfahrt näherte, drückte ein Justizwachtmeister, der den Vorgang auf einem Bildschirm in der Zentrale im Gebäude verfolgen konnte, den Schaltknopf, und das Tor bewegte sich knarrend im Schneckentempo nach oben.
    Der Mann, der sich hinter den Büschen der angrenzenden Parkanlage versteckte, kniete bereits in der richtigen Position. Er wusste, dass er vom nahen Fußgängerweg nicht gesehen werden konnte. Eine ganze Reihe von Sträuchern gab ihm ausreichend Deckung. Im Übrigen waren bei dem augenblicklichen Regenwetter sowieso nur wenige Menschen unterwegs. Er wischte sich mit dem Ärmel das Wasser aus dem Gesicht. Dass er nass bis auf die Haut war, störte ihn nicht.
    Aufs äußerste konzentriert, beobachtete er die Ankunft des zweiten Gefangenentransporters. Er hatte genaue Instruktionen erhalten. Der zweite Wagen war sein Ziel! Das erste Fahrzeug war schon seit einiger Zeit in der Garage verschwunden.
    Als der Wagen kurz vor dem Tor zum Stillstand kam, führte er das Abschussrohr an die Schulter, klappte die Zielvorrichtung auf und blickte hindurch. Ruhig visierte er, erfasste das Ziel und betätigte ohne Hast den Auslöser. Dieses russische Modell eines panzerbrechenden Raketenwerfers war kinderleicht zu bedienen und hatte nur einen geringen Rückstoß. Nach hinten einen langen Feuerstrahl ausstoßend, zischte die Rakete aus dem Abschussrohr und raste mit rasch zunehmender Geschwindigkeit auf das rückwärtige Fenster des Polizeifahrzeugs zu. Die vergleichsweise dünne Panzerung des Fahrzeugs war für das Geschoss, das mühelos siebzig Millimeter

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