Blutinsel
alten Mannes gestoßen war. Mit Sicherheit hatte er es verloren, als er zu Boden gestürzt war. Wenn es die Polizei in der Nähe des Tatortes gefunden hatte, dann würden sie nicht zögern, ihm den Mord anzuhängen, dessen war er sich bewusst.
Er zuckte zusammen, als die Bäume unter dem heftigen Wind knackten, und drückte sich noch ein ganzes Stück tiefer in die Kuhle. Seit über einer Stunde regnete es ununterbrochen, dennoch blieb ihm nichts anderes übrig, als sich auf den Weg zu machen. Bald schon würde die Dunkelheit über die Insel hereinbrechen, und dann würde es noch schwieriger, den Weg nach Norden zu finden. Trotzdem musste er es versuchen. Der Suchtrupp und die Hubschrauber würden bestimmt bald wieder auftauchen, und damit sanken seine Chancen, nicht entdeckt zu werden, auf den Nullpunkt. Noch einmal atmete er tief durch, bevor er sich erhob. Zumindest schützten ihn die Bäume ein klein wenig vor dem Regen. Als er den Waldrand im Westen der Insel erreichte, schlug er die nördliche Richtung ein. Der Wind blies so stark, dass er sich mit aller Kraft gegen ihn stemmen musste. Er zitterte vor Kälte, doch er kämpfte sich voran. Er war nicht aus Cedar Junction ausgebrochen und auf diese Insel gekommen, um sich erwischen zu lassen. Unermesslicher Reichtum wartete auf ihn, und wenn zurzeit das Dorf auch für ihn nicht zu erreichen war, dann musste er sich eben eine Weile in Geduld üben. Einen warmen und trockenen Unterschlupf und Essen, das war alles, was er brauchte. In den Knast würde er auf alle Fälle nicht mehr gehen, das hatte er sich geschworen, als vor ein paar Tagen der Bus die Böschung hinabgestürzt war.
Parish Hall, Hell’s Kitchen Island, Maine,
19 . März 2007 , 16 . 50 Uhr (Montag)
Goldbarren im Wert von dreißig Millionen Dollar. War die Beute aus dem Überfall von Duxbury der Grund dafür, dass auf dieser Insel Menschen auf grausame Art und Weise den Tod fanden? Waren die Opfer an dem Verbrechen beteiligt, und gab es jemanden, der Wind von der Sache bekommen hatte und den Gangstern von damals ihre Beute abjagen wollte? Sicherlich, dreißig Millionen Dollar waren ein ausgesprochen plausibles Motiv, um Menschen zu ermorden. Doch wer steckte hinter den Taten? Frank Duval konnte es jedenfalls nicht gewesen sein, er war erst seit ein paar Tagen auf der Insel, und nachdem Tremblay die weiteren Stiefelabdrücke am Fundort von Bergmans Leiche gesichert hatte, war es eher unwahrscheinlich, dass Bergmans Mörder Frank Duval hieß. War er nur zufällig am Tatort aufgetaucht, oder kannte er den Mann, der auf dieser Insel sein Unwesen trieb? Hatte er sich mit dem Phantom der Insel verabredet? Cathy war hin- und hergerissen, nachdem ihr Noah Fleischman von der Flucht von Tyler und Duval und seiner Theorie zu den Morden auf Hell’s Kitchen Island erzählt hatte.
» Irgendwie passt es nicht ganz zusammen « , murmelte Cathy.
Noah Fleischman zog die Augenbraue hoch. » Ich sehe es so: Der Mörder treibt sich schon lange auf der Insel herum, deswegen auch die komischen Einbrüche mit den Löchern und Gräben in der Scheune, von denen Sie mir erzählt haben. Er hat nach der Beute gesucht, das ist für mich ganz klar. Dann muss er noch am gleichen Tag erfahren haben, dass Wesley Tyler aus Cedar Junction geflohen ist. Er sah seine Felle davonschwimmen und hat sich Tylers Komplizen hier auf der Insel gegriffen. Er hat sie gefoltert, um zu erfahren, wo sich die Beute befindet. Und ich bin sicher, das Gold ist noch immer hier. Und genau aus diesem Grund ist auch Duval auf der Insel. Ich sagte schon, Tyler und Duval waren Zellengenossen. «
Logan stand neben dem Fenster und betrachtete nachdenklich die Fotos von Wesley Tyler und Frank Duval. » Ich habe weder den einen Kerl noch den anderen jemals hier auf der Insel gesehen. Ich wüsste auch nicht, wen ich von unseren Leuten verdächtigen sollte. Bergman war ein guter Mensch, und auch von Gabriel, wenn er auch ein klein wenig verschroben war, kann ich mir nicht vorstellen, dass er an dem Verbrechen in irgendeiner Form beteiligt war. «
» Es wäre schön, wenn wir Verbrecher auf den ersten Blick erkennen könnten « , konterte Fleischman. » Sie sagten selbst, dass damals schwere Zeiten für die Bewohner von Hell’s Kitchen Island angebrochen waren. Um die einzige Firma, die es auf der Insel gab, stand es schlecht, und es gab sonst keine Arbeit. Das bisschen Fischfang warf nicht viel ab. Da geraten auch ehrliche Menschen in Versuchung, wenn man ein
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