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Blutinsel

Blutinsel

Titel: Blutinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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, antwortete Mia und schaltete den Tauchsieder ein. » Er hat Grippe und fühlt sich nicht gut. «
    » Kein Wunder, bei dem Wetter. «
    William Evans rückte ein Stück näher. » Hast du schon gehört, Logan? Malcom ist in der Nacht am Northern Trail beinahe überfallen worden. Er glaubt, Belfour ist seinem Grab entstiegen, weil ihm die unschuldigen Seelen der Siedler keine Ruhe lassen. «
    Logan grinste. » Hab schon gehört, Malcom. Du machst einigen auf der Insel Angst mit deinen Geschichten. «
    Malcom Hurst hob abwehrend die Hand. » Das sind keine Geschichten. «
    » Wenn uns jemand in den nächsten Tagen umbringt, dann ist es das Wetter und nicht dein erfundener Geist. «
    Hurst erhob sich und trat ein Stück näher. » Ich würde gerne eure Gesichter sehen, wenn er hier durch die Tür käme. Mich jedenfalls bringt niemand mehr an den Northern Trail. Er war es sicher auch, der in die Scheune und die Villa eingebrochen ist und die Löcher in den Boden grub. Er sucht nach etwas, ohne das er nicht zur Ruhe kommt. «
    Logan nippte an seinem heißen Tee. » So, er sucht also nach etwas. Und was meinst du, sucht er? «
    Hurst fuhr sich mit der Zunge über seine Lippen. » Er sucht nach seinem Herzen, das ihm gestohlen wurde, denn nur dadurch ist er zu diesem herzlosen Piraten geworden, der harmlose Seeleute und Siedler abschlachtete. Und solange er sein Herz nicht gefunden hat, wird er auf dieser Insel herumspuken. Fragt den Admiral, er hat ihn im letzten Jahr am South Bench gesehen. «
    Logan winkte ab. » Der Admiral hat schon oft Gespenster gesehen. «
    » Und weiße Mäuse « , fügte Evans hinzu.
    » Immer wenn er zu tief ins Glas geschaut hat, kommen die ungebetenen Besucher. Bald sind es rosafarbene Elefanten. «
    Die Männer am Tresen brachen in lautes Gelächter aus und klopften sich auf die Schenkel.
    » Ihr werdet schon sehen, wenn Belfour vor euch steht « , brummte Hurst, griff nach seinem Mantel, setzte seinen Hut auf und verschwand durch die Tür im Regen.

3
    South Bench Lighthouse, Hell’s Kitchen Island, Maine,
    13 . März 2007 , 23 . 20 Uhr (Dienstag)
    Der Leuchtturm von South Bench stand im Südosten der Insel an der steilen Küste oberhalb der Southern Shoals und lag beinahe einhundert Meter über dem Meeresspiegel. South Bench war wohl der zugigste Ort, den es auf der Insel gab, denn beinahe das gesamte Jahr wehte der Wind vom Meer aus über das kleine Eiland. Der Leuchtturm war längst außer Betrieb gestellt, denn mittlerweile gab es GPS und Funknavigation, dennoch lebte Gabriel Jefferson zusammen mit seiner Frau Ava gerne an diesem Ort, an dem er beinahe sein gesamtes Leben zugebracht hatte.
    Vor beinahe fünfzig Jahren war er zum Leuchtturmwärter auf Hell’s Kitchen Island ernannt worden, und er nahm seine Arbeit sehr ernst, denn die Untiefen und kantigen Felsen der Southern Shoals waren unzähligen Seefahrern zum Verhängnis geworden. Vor zehn Jahren war der Leuchtturm außer Dienst gestellt worden, aber Gabriel war geblieben. Nun war er vierundsiebzig und bezog eine schmale Rente, doch dafür hatte man ihm und Ava ein lebenslanges Wohnrecht im kleinen Häuschen neben dem Leuchtturm von South Bench eingeräumt, und Gabriel und Ava hatten beschlossen, an diesem Ort auch zu sterben.
    Er hatte sich zusammen mit seiner Frau sein kleines Stückchen Erde unmittelbar am Abgrund liebevoll hergerichtet. Das kleine schmucke Holzhaus mit dem Schuppen in unmittelbarer Nähe zum Leuchtturm war in freundlichen, hellen Pastelltönen getüncht und ein kleiner Garten, in dem Ava Salate und Gemüse anbaute, war gegenüber dem Haus angelegt. Anfänglich waren noch ein paar versprengte Schafe in sein Reich eingedrungen und hatten sich an den frischen Kräutern gütlich getan, doch ein eilends errichteter, schmiedeeiserner Zaun hatte Schlimmeres verhindert. Im Village waren Ava und Gabriel nur selten zu sehen. Er war Leuchtturmwärter mit Leib und Seele gewesen, und er liebte es, die Einsamkeit an der unwirtlichen Steilküste am South Bench mit dem einzigen Wesen zu teilen, für das er jemals etwas empfand: mit Ava, die er bereits seit seiner Schulzeit kannte und die er schließlich in Freeport zum Altar führte, nachdem er in der Libanon-Krise als Soldat einer US -Marine-Division an der Operation Blue Bat teilgenommen hatte.
    Ab und zu, wenn er Lebensmittel oder neues Material und Werkzeuge für seine Leidenschaft, der Schnitzerei, ergänzte, fuhr er mit seiner Indian Chief, Baujahr 1948, in das Dorf.

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