Blutinsel
entrüstete sich der Prior. » Du glaubst doch nicht wirklich im Angesicht des Herrn, dass ein Geistwesen diese Freveltat beging! «
» Die Männer erzählen davon, dass die verdammte Seele des alten Belfour aus der Hölle zurückgekehrt ist und grausame Rache nimmt. «
» Marsha, gute Marsha « , schüttelte der Prior lächelnd den Kopf. » So viel Aberglaube im Hause Gottes. Es sind die Menschen, die verderbt sind und Böses tun. Böses mit den Geschöpfen, die uns Gott schenkt, und auch Böses zu Gott selbst. Doch der Tag des Jüngsten Gerichts wird alle Sünden zu Tage fördern, die auf den verderbten Seelen lasten, auf dass sie ewiglich brennen im Feuer der Verdammnis. «
» Wenn es nicht Belfour war, wer soll es sonst gewesen sein? «
» Es sind die Menschen, die Übles im Schilde führen « , erwiderte der Prior. » Gottes Geschöpfe sind grausam geworden, der Teufel hat sich ihrer bemächtigt. Wir können nur beten für unser aller Seelenheil. «
Marsha blickte auf den Mond, der durch das Seitenfenster blickte. » Lionel macht sich sicher schon Sorgen, und Tamy wird bald verrückt vor Angst « , sagte sie nachdenklich. » Es ist spät geworden, ich muss nach Hause. «
Der Prior lächelte. » Es kommt gar nicht in Frage, dass ich dich der Gefahr aussetze und dich den langen Weg zurück ins Dorf bei Dunkelheit mit deinem Rad fahren lasse. Nicht in diesen dunklen Tagen. Pater Thomas wartet auf dich im Hof. Er ist mit dem Lastwagen vorgefahren. Dein Rad ist bereits verladen. «
Marsha nickte dankbar. » Bis morgen, Hochwürden. «
» Gottes Segen, und kommt gut ins Dorf, Schwester. Ich bin gespannt, mit welcher Wohltat du unseren Gaumen morgen verwöhnen wirst. «
» Morgen steht Gemüse auf dem Speiseplan, Hochwürden. «
Der Prior lächelte. » Grüße deine Tochter und deinen lieben Mann und sage ihm, dass wir ihm danken, weil er das Aggregat trotz seines betagten Alters wieder zum Laufen gebracht hat. Wir stehen tief in seiner Schuld. «
Marsha winkte dem Prior noch einmal zu, ehe sie den Eimer mit dem Putzwasser in den Hof hinausleerte, wo Bruder Thomas in einem fünfzehn Jahre alten roten Ford F 150 auf sie wartete.
Otter-Brook-Damm, Keene, New Hampshire,
15 . März 2007 , 03 . 20 Uhr (Donnerstag)
» Was ist mit dir? « , fragte Duval, der durch das laute Stöhnen seines Begleiters aus dem Schlaf gerissen worden war.
» Diese … diese verdammten Schmerzen « , stöhnte Tyler. » Es ist, als wenn es dir die Eingeweide zerfrisst. «
Duval erhob sich und entzündete die Lampe. » Ich hol dir Wasser. «
» Lass mich zurück, ich glaube, ich bin am Ende « , flüsterte Tyler.
» Du bist wohl verrückt. Wir sind zusammen abgehauen und wir stehen das hier gemeinsam durch. Ich lass dich nicht zurück. «
» Die Bullen werden uns erwischen, du musst verschwinden, irgendwann wird jemand hier auftauchen … «
Duval kehrte mit einem Glas Wasser zurück, setzte sich auf den Rand der Couch und hob den Kopf seines Gefährten an. Langsam flößte er ihm Wasser ein.
» Lass mich zurück, ich halte dich nur auf. «
Frank Duval war am frühen Morgen aufgebrochen und hatte die Umgebung erkundet. Die Jagdhütte lag beinahe fünf Kilometer von der nächsten Ansiedlung entfernt. Mitten im Wald war er auf eine kleine Wohnsiedlung getroffen. Ein Haus, an dem alle Rollläden geschlossen waren und unter dessen Vordach ein roter Pontiac Aztek unter einer durchsichtigen Plane abgestellt war. Er hatte sich bis zu dem Haus geschlichen und die Umgebung erkundet. Ein Schild mit der Aufschrift For Sale und der Telefonnummer einer Immobilienfirma aus Keene bestätigte seinen Verdacht, dass das Objekt unbewohnt war. Als er den Wagen inspizierte, sah er, warum er hier zurückgeblieben war. Die gesamte Beifahrerseite war eingedellt, aber vielleicht war der Wagen ja doch noch fahrbereit. Die Beifahrertür war jedenfalls unverschlossen. Duval sah sich um. In der Umgebung war niemand zu sehen. Die zum Waldstück gelegene Hintertür schien kein besonderes Hindernis darzustellen. Er tastete sich an der Hauswand entlang und hebelte die Tür mit einem Schraubenzieher auf, den er zur Sicherheit mitgenommen hatte. Die Wohnung war leer geräumt, und außer der Einbauküche befand sich kein Mobiliar in den Zimmern. Den Schlüssel für den Wagen musste er nicht lange suchen, er hing am Schlüsselbrett neben dem Eingang zur Küche. Nachdem er das Haus durchsucht und nichts Brauchbares gefunden hatte, wandte er sich wieder dem Carport
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