Blutinsel
keinen Strafantrag « , erwiderte Logan. » Es war gewissermaßen … es war ein Unfall. «
» Wir werden sehen « , beendete Cathy das Gespräch. » Das muss ich mir noch genau überlegen, ob man ihn frei über die Insel spazieren lassen kann, solange wir den Mörder nicht gefasst haben. «
Brian wartete, bis Logan den Raum verlassen hatte. » Wie gehen wir vor? « , fragte er.
» Wir schauen uns Travis an und achten dabei genau auf seine Füße « , erklärte Cathy. » Zuvor besuchen wir die Bergmans und die Havermans. Das sind die ältesten Einwohner auf der Insel. Vielleicht haben die eine Idee. Ich muss nämlich zugeben, deine Theorie von dem Schiffsunglück und einer verspäteten Rache hat etwas. «
Anglewood, Hell’s Kitchen Island, Maine,
18 . März 2007 , 11 . 25 Uhr (Sonntag)
Der Regen prasselte auf das mit Holztafeln gedeckte Dach der Jagdhütte im Anglewood und bahnte sich hier und da seinen Weg ins Innere. Aber Frank Duval störte das nur wenig. Er hatte in der Hütte ein paar warme Decken und ein Bärenfell gefunden, unter denen es mollig warm war, auch wenn er kein Feuer anschüren konnte. Was war das nur für eine verfluchte Insel! Entweder war es neblig trüb und bitterkalt, oder es stürmte und regnete, als wäre der Jüngste Tag nicht mehr fern. Hell’s Kitchen Island, ja verdammt, hier war offenbar tatsächlich des Teufels Küche, wenn er auch früher immer gedacht hatte, dass es in der Hölle heiß wäre.
Er hatte sich auf das altersschwache Sofa gelegt und grübelte darüber nach, wie er Tylers Kontaktmann ausfindig machen konnte. Tyler hatte ihm zwar viel über den Überfall und über die Beute erzählt, die noch immer darauf wartete, endlich wieder unter die Leute gebracht zu werden. Aber alles wusste Frank nicht, offenbar hatte Tyler trotz aller Knastbruderschaft eine Lebensversicherung für sich zurückbehalten. Vertrauen war in dieser Zeit keine Sache mehr von Dauer, sondern hing von vielerlei Umständen ab. Dennoch wäre es Duval viel lieber gewesen, Tyler wäre noch immer an seiner Seite.
Duval erhob sich und griff nach dem durchweichten Rucksack. Hunger nagte in seinen Eingeweiden. Zwei Dosen Roastbeef und ein Glas Marmelade waren noch als Verpflegung übrig. Bald würde er sich auf die Suche nach etwas Essbarem machen müssen, wenn er nicht rechtzeitig seinen Kontaktmann ausfindig machen konnte. Er fluchte und warf die Dose Roastbeef wutentbrannt in die Ecke. Grüner Schimmel bedeckte das übel riechende Fleisch. Offenbar war Luft hineingekommen. Er öffnete die zweite und letzte Dose und atmete auf, als sich ein köstlicher Duft von Fleisch im modrigen Raum ausbreitete. Schmatzend aß er und löffelte mit seinem Messer das Fleisch in kleinen Stücken heraus. Dreißig Millionen Dollar, so viel Geld konnte ein Mensch gar nicht in einem einzigen Leben ausgeben. Gut, er würde teilen müssen, und auch beim Einschmelzen und Verkaufen der Barren würde es Verluste geben. Doch selbst wenn nur fünf Millionen für ihn übrig blieben, eine davon hätte er jetzt gern gegen ein warmes, duftendes Stück Brot eingetauscht, denn seit Tagen ernährte er sich ausschließlich von Fleisch aus der Dose. Bald würde dies ein Ende haben.
New Haven, Hell’s Kitchen Island, Maine,
18 . März 2007 , 12 . 45 Uhr (Sonntag)
Der Sturm legte sich am Mittag. Der kräftige Wind hatte die Wolken zum Festland getrieben, und der Himmel riss auf. Cathy und Brian hatten erfolglos versucht, die Bergmans zu treffen, doch niemand war zu Hause. Bei den Havermans hatten sie mehr Erfolg. Die in Ehren ergraute Alison bat die beiden Polizeibeamten in ihr schmuckes und aufgeräumtes Haus, in dem Sam Haverman in der Stube saß und Angelhaken sortierte. Nachdem Alison Haverman Tee aufgebrüht und Plätzchen gereicht hatte, lenkte Cathy schnell die Unterhaltung auf das eigentliche Thema.
» Oh, es war grauenhaft « , erinnerte sich Sam Haverman, gefragt nach dem Vorfall mit Elijah Travis vor zweiunddreißig Jahren. » Ich kam dazu, als wir das Boot bargen. Jon und ich. Wir waren auf der See zum Fischen und kehrten nach Hell’s Cove zurück. Da trieb das Boot kieloben auf dem Teich. Elijah hing in der Takelage und war am Ende seiner Kräfte. Er schrie immer nur ihren Namen. Mary, die ganze Zeit über schrie er Mary. Jon hat ihn zuerst entdeckt, ich kam nur hinzu. Wir schnitten ihn aus seiner Fesselung und brachten ihn an Land. Er verlor die Besinnung. Aber diese Schreie, das vergesse ich nie. «
» Waren Lawrence und
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