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Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Titel: Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Oktober 2000 ERSTER TEIL
1
    Allein der Anblick des Flugtickets brachte Christians Herz zum Pochen. Er hatte keine Angst vorm Fliegen, er mochte es einfach nicht, versuchte er sich einzureden. Er schob das Ticket Nizza-Frankfurt zurück in sein Notizbuch und sah dabei auf das Foto von Tina unter der Plastikhülle im Inneneinband. Hier war der zweite Grund für sein pochendes Herz. Wenn er den Flug überstanden hatte, wartete eine Belohnung auf ihn. Vorläufig befand sich Christian aber noch in seinem Büro in der Produktentwicklungsabteilung von IC-Pharma in Sophia Antipolis, dem großen Technologie-und Wissenschaftspark an der Cote d'Azur. Er trat an ein Regal, das vor Ordnern und Büchern überquoll, nahm diverse Unterlagen zum Thema Nervenwachstumsfaktor heraus und warf sie auf die Couch. Auf seine Hochzeitsreise wollte er nicht allzu viel Arbeit mitnehmen.
    Das Telefon auf seinem Schreibtisch läutete.
    »Brian hier«, sagte eine aufgeregte Stimme. »Alarm in der Drei. Anaphylaktischer Schock.«
    Christian riss die Für auf und rannte so schnell er konnte den Gang entlang. Entschlossen schob er die Kennkarte, die um seinen Hals hing, in den Schlitz neben der Tür zu Labor 3 und drückte den Notschalter. Die elektrische Tür blieb hinter ihm offen, darüber blinkte ein rotes Licht im Takt einer ohrenbetäubend heulenden Sirene. Die Menschen in den weißen Kitteln, die sich vor der Tür zum PET-Labor drängten, traten zur Seite, und Christian eilte in den kühl klimatisierten und von Laborlampen erleuchteten Raum. Auf der Vorbereitungsliege des Gehirntomographen lag regungslos ein Mann mit langen Haaren. Es war derselbe Mann, dem Christian einige Stunden zuvor versichert hatte, die Tomographie würde nicht die geringste Gefahr mit sich bringen.
    »Was ist passiert?«, fragte Christian atemlos und beugte sich über den Patienten. »Ich habe seine Kopfhaut gereinigt«, antwortete Brian.
    »Womit?«
    »Chlorhexidin.«
    Der Mann hatte einen schwachen Puls, aber er atmete. Christian riss die Verpackung einer Einwegspritze auf und nahm eine Adrenalinampulle aus dem Erste-Hilfe-Koffer. »Blutdruck«, sagte er zu seinem Forschungsassistenten, während er einen Milliliter Adrenalin mit der Spritze aufzog. Der magere Arm des Patienten war voller Einstiche. Christian suchte eine Vene, fand aber keine. Die Haut fühlte sich feuchtkalt an, die Peripherie der Vene war zu. Christian musste gegen aufsteigende Panik ankämpfen. »Ich bekomme keinen Venenkontakt«, sagte er so ruhig er konnte und nahm erneut eine Adrenalinampulle zur Hand. »Ich werde es intramuskulär versuchen. Schulter frei machen.«
    Mit leicht zitternden Händen zog Christian zwei weitere Milliliter Adrenalin auf. Er war kein Notarzt, er war Wissenschaftler. Der Assistent schnitt dem Patienten das Hemd auf.
    »Blutdruck sinkt. Siebenundachtzig zu sechsundvierzig.«
    Mit einem energischen Stich in den Bizeps des Patienten injizierte Christian das Adrenalin. »Ringer-Infusion«, sagte er zum Assistenten.
    Man hörte ein Poltern auf dem Gang, und gleich darauf wurde ein Bett ins Labor geschoben. Nachdem der Patient umgebettet worden war, wurde er zum Seitenausgang befördert. Christian begleitete ihn und sah, dass der Mann ein schmales Lederband mit einem roten Kreuz als Anhänger um den dünnen, sehnigen Hals trug.
    Mit Blaulicht fuhr der Krankenwagen rückwärts an die Tür heran. Eine jungenhaft wirkende Frau mittleren Alters in weißer Jacke sprang heraus und zog im Gehen Latexhandschuhe an.
    »Anaphylaktischer Schock«, sagte Christian zu der Notärztin mit einem leichten Zittern in der Stimme. »Offensichtlich durch das Chlorhexidin, mit dem die Haut für die Befestigung der Elektroden gereinigt worden ist. Er wurde für ein PET vorbereitet... Ich habe ihm drei Milliliter Adrenalin und eine Ringer-Infusion gegeben.«
    Die Frau sah sich die Einstiche am Arm des Patienten an, während die Sanitäter ihn einluden. »Drogensüchtig?«
    »Er nimmt als freiwilliger Proband an einer pharmazeutischen Versuchsreihe teil.« »Was untersuchen Sie?«
    Christian machte eine Kopfbewegung zu den Handschuhen der Frau. »Ich würde Ihnen empfehlen, auf Latex zu verzichten. Kann sein, dass er auch dagegen überempfindlich reagiert. Haben Sie Vinylhandschuhe?«
    »Nein. Aber ich werde vorsichtig sein.«
    »Das reicht nicht.«
    Die Frau sah Christian gereizt an, aber er störte sich nicht daran. »Brian, geh Vinylhandschuhe holen!«
    »Ich benutze kein Vinyl«, sagte die

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