Blutinsel
in dem heruntergekommenen Viertel von South Philadelphia im friedlichen Sonntagsschlummer. Auf der Straße war weit und breit keine Bewegung zu sehen. Sonntag, Familientag, Ausschlaftag. Erst gegen Mittag würde das träge Leben die ersten Menschen aus ihren Wohnungen locken, wenn es überhaupt jemanden gab, der bei diesem Wetter seine Behausung verließ, denn der Wetterdienst hatte für den ganzen Tag Regen und Sturm gemeldet.
» Ich glaube, wir sind hier weit und breit die Einzigen. «
Noah Fleischman lachte kehlig.
» Was hast du herausgefunden? «
Fleischman war, nach dem Bekanntwerden des Einbruchs auf Bartol Island, mit dem Helikopter hinauf nach Maine geflogen, um die örtlich zuständige Polizei des Yarmouth County bei der Suche nach den Flüchtigen zu unterstützen.
» Wir hatten zwei Suchtrupps, Bluthunde und ein paar Boote im Einsatz, bislang gibt es noch keine konkrete Spur. Sie haben wahrscheinlich ein Boot gestohlen. Hier im Golf von Maine gibt es über tausend Inseln, sie können überall sein. «
» Hast du überprüft, ob es einen Anlaufpunkt für die beiden auf den Inseln gibt? «
» Conner sitzt schon seit gestern am Computer und forscht in den Akten « , antwortete Fleischman. » Duval stammt aus dem Süden, aber Tyler könnte dort draußen jemanden kennen. Er wurde damals in Brunswick verhaftet, und noch immer fehlt die Beute aus dem Überfall. Gold im Wert von dreißig Millionen Dollar. «
» Der Goldpreis ist gestiegen « , ergänzte Donovan.
» Stimmt, inzwischen ist die Beute beinahe das Doppelte wert. «
» Dreißig Millionen, wie viele Goldbarren sind das? « , überlegte Donovan laut.
» Tausend « , erhielt er zur Antwort.
Donovan pfiff durch seine Zähne. » Eine Tonne Gold, die ist nicht so leicht zu verstecken und noch viel schwieriger zu Geld zu machen. Er muss ein paar Spezialisten als Hintermänner gehabt haben. «
» Conner meinte, in den Akten gibt es einen vagen Hinweis auf eine Verbindung zur Mafia nach Chicago « , berichtete Fleischman, » aber es gab damals keine Beweise. «
Noch bevor Donovan antworten konnte, wurde der Vorhang zum Laderaum zur Seite geschoben. Ein Techniker streckte seinen Kopf in die Fahrgastzelle.
» Stearn hat einen Anruf erhalten « , sagte der Mann kurz. » Ein Mann bat ihn um ein Treffen, er machte es dringend. «
Donovan nickte. » Ich komme. «
Er nahm das Handy wieder ans Ohr. » Ich muss Schluss machen, Stearn wurde angerufen. «
» Okay « , antwortete Fleischman. » Ich hoffe, das sind die Kerle. Wir haben schon lange nichts mehr von ihnen gehört. «
» Dein Wort in Gottes Ohr « , beendete Donovan das Gespräch, bevor er von seinem Sitz rutschte und über den Durchgang den Laderaum des mit Abhörelektronik vollgestopften Einsatzfahrzeuges betrat. Er hoffte inständig, dass es sich bei dem Anrufer tatsächlich um Simmrock oder Lukovic handelte, denn noch einen Tag in diesem Wagen, das würde ihn endgültig schwermütig werden lassen. Er hasste diese stumpfsinnigen Überwachungsaktionen, bei denen er zum Nichtstun und Abwarten verdammt war.
» Also, was haben wir? « , fragte er den Techniker, der neben dem Aufnahmegerät saß. Ein weiterer Kollege, ausgestattet mit einem Kopfhörer, verglich über den Oszillator die Aufnahme mit einer Referenzsequenz der Stimmen der beiden Flüchtigen.
Der Techniker hob abwehrend die Hand und wies auf seinen geschäftigen Kollegen. Donovan wartete geduldig, bis der Spezialist am Oszillator den Kopfhörer abnahm und zu ihm aufschaute.
» Dreiundneunzig Prozent « , verkündete er. » Das war Simmrock. Das gleiche Muster wie die Hörprobe, die wir aus Cedar Junction zur Verfügung gestellt bekommen haben. «
» Und was hat er gesagt? « , fragte Donovan.
» Sie wollen sich heute um Mitternacht mit Stearn treffen. «
» Hat er auch gesagt, wo? «
Der Techniker schüttelte den Kopf. » Mit keiner Silbe. «
» Egal, wir stehen Gewehr bei Fuß « , versetzte Donovan grimmig. » Wird Zeit, dass sich die Ratten endlich aus ihren Löchern wagen. «
The Village, Parish Hall, Hell’s Kitchen Island, Maine,
18 . März 2007 , 11 . 05 Uhr (Sonntag)
Über der Insel tobte ein heftiger Sturm. Beinahe behäbig hatte sich der neue Tag auf die Insel geschlichen, doch schon bald trug der Wind graue Wolken über das Meer, die über der Insel zerbrachen und das Eiland mit einer Sturzflut überschütteten. Nach einem üppigen Frühstück im Hell’s End hatten sich Brian und Cathy zum Aktenstudium in ihr
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