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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen
Autoren: Joe Abercrombie
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Ein Schweigen, das Tempel nicht etwa mit der Frage unterbrach: »Glaubst du wirklich, dass er zurückkommt?« Stattdessen nickte er nur, als sei es eine Tatsache, dass Lamm kommen würde, und sie war ihm dafür dankbar. »Und wohin gehst du dann?«
    »Gute Frage.« Das neue Leben im Westen sah nicht viel anders aus als das alte. Es gab keine Abkürzung zum Reichwerden, jedenfalls keine, die eine Frau mit Verstand hätte einschlagen wollen. Und es war auch nicht die richtige Umgebung für Kinder. Sie hätte nie gedacht, dass das Leben als Bäuerin ihr wie eine angenehme Alternative erscheinen würde, aber nun zuckte sie die Achseln. »Ich denk mal zurück nach Naheland. Das Leben dort ist nicht leicht, aber ich habe hier auch nichts gesehen, was leichter wäre.«
    »Ich habe gehört, dass Dab Süß und Weinender Fels einen Trupp für die Rückreise zusammenstellen. Majud reist mit, er möchte noch irgendwelche Geschäfte in Adua erledigen. Lord Ingelstad auch.«
    »Wenn dann auf dem Weg ein paar Geister kommen, kann seine Frau sie mit ihrem finsteren Gesicht ohne Probleme verjagen.«
    »Sie bleibt hier. Ich habe gehört, dass sie für ein Ei und ein Butterbrot Camlings Wirtshaus gekauft hat.«
    »Schön für sie.«
    »Die anderen werden binnen einer Woche nach Osten aufbrechen.«
    »Jetzt? Bevor das Wetter umschlägt?«
    »Süß sagt, es wäre jetzt die beste Zeit, bevor die Schneeschmelze die Flüsse anschwellen lässt und die Geister wieder unruhig werden.«
    Sie holte tief Luft. Sicher, sie hätte nichts gegen ein oder zwei Jahre im Bett gehabt, aber das Leben brachte ihr selten das, was sie bestellt hatte. »Könnte sein, dass ich mit dabei bin.«
    Tempel sah sie mit gesenktem Kopf an. Beinahe nervös. »Vielleicht … hänge ich mich auch mit dran?«
    »Davon kann ich dich wohl kaum abhalten, oder?«
    »Willst du das denn?«
    Sie dachte darüber nach. »Nein. Könnte ja sein, dass wir jemanden brauchen, der hinten in der Herde als Treiber reitet. Oder aus einem Fenster springt. Oder einen Wagen voller Gold in einen Graben kippt.«
    Er plusterte sich auf. »Rein zufällig bin ich in allen drei Bereichen ein echter Fachmann. Dann werde ich mal mit Süß sprechen und ihm Bescheid sagen, dass wir dazustoßen. Es könnte allerdings sein, dass er meine Fähigkeiten nicht so hoch einschätzt wie du … vielleicht muss ich mir meinen Platz dann erkaufen.«
    Sie sahen einander kurz an. »Du bist knapp bei Kasse?«
    »Du hast mir nicht gerade viel Zeit zum Packen gelassen. Ich habe nichts außer den Kleidern am Leib.«
    »Dein Glück, dass ich immer so hilfsbereit bin.« Sie griff in ihre Tasche und zog einige der antiken Münzen hervor, die sie sich eingesteckt hatte, als der Wagen über das Hochplateau raste. »Genügt das?«
    »Bestimmt.« Er nahm die Münzen zwischen Daumen und Zeigefinger, aber sie ließ nicht los.
    »Das wären dann wohl ungefähr so zweihundert Mark, die du mir schuldest.«
    Er starrte sie an. »Versuchst du, mich zu ärgern?«
    »Das versuche ich nicht nur, das gelingt mir mit Leichtigkeit.« Damit ließ sie die Münzen los.
    »Wahrscheinlich sollte man sich immer an das halten, was man gut kann.« Er lächelte, warf eine der Münzen in die Luft, dass sie sich drehte, und fing sie wieder auf. »Und ich bin wohl immer dann am besten, wenn ich Schulden habe.«
    »Ich sag dir was.« Sie nahm eine Flasche, die auf dem Tisch neben ihrem Bett stand, und schob sie in ihre Hemdtasche. »Ich zahle dir eine Mark, wenn du mir nach unten hilfst.«
    Draußen hatte dünner Schneeregen eingesetzt, der rund um Curnsbicks räuchernde Schornsteine bräunlich gefärbt zur Erde fiel, während seine Arbeiter sich im Matsch auf der anderen Straßenseite weiter abrackerten. Tempel half ihr zum Geländer, und sie stützte sich darauf und sah den Leuten zu. Komisch. Sie wollte ihn trotzdem nicht loslassen.
    »Mir ist langweilig«, sagte Pit.
    »Eines Tages, junger Mann, wirst du noch feststellen, was Langeweile für ein Luxus ist.« Tempel bot ihm seine Hand. »Aber warum hilfst du mir nicht, diesen berühmten Pfadfinder und Grenzlandkenner aufzustöbern, Dab Süß? Vielleicht ist da sogar ein Stückchen Lebkuchen für dich drin. Ich bin gerade zu ein wenig Geld gekommen.«
    »In Ordnung.« Tempel hob den Jungen auf seine Schultern, und die beiden machten sich halb im Laufschritt auf den Weg über die klapprigen Veranden. Pit lachte, als er auf und nieder wippte.
    Er hatte ein Händchen für Kinder, dieser Tempel. Mehr
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