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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen
Autoren: Joe Abercrombie
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Ich werde mich an Ihnen allen rächen, an diesem ganzen Pack! Ich werde keine weitere Enttäuschung hinnehmen! Ich werde …« Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss.
    »Wer war dieser Trunkenbold?«, wollte Sarmis wissen.
    »Nicomo Cosca, Euer Exzellenz«, brachte Tempel hervor, der noch immer auf Knien hockte und eine Hand gegen den blutenden Mund presste. »Ein berüchtigter Glücksritter.«
    Der Legat stieß ein Brummen aus. »Nie von ihm gehört.«
    Lorsen legte eine Hand auf die Brust und verneigte sich tief. »Euer Exzellenz, ich bitte inständig, nehmen Sie meine Entschuldigung an, was jegliches Ungemach, Grenzüberschreitungen und …«
    »Sie haben acht Wochen, um das Territorium des Kaiserreichs zu verlassen«, unterbrach ihn Sarmis. »Jeden von Ihnen, den wir nach Ablauf dieser Zeit noch innerhalb unserer Grenzen aufspüren, begraben wir lebendig.« Er klopfte Staub von seinem Brustpanzer. »Gibt es hier so etwas wie ein Bad?«
    »Selbstverständlich, Euer Exzellenz«, säuselte Hochwürden, die beinahe vor ihm auf dem Bauch rutschte. »Wir werden unser Bestes tun, damit alles zu Ihrer Zufriedenheit sein wird.« Sie richtete ihren Blick auf Dimbik, während sie den Legaten zur Treppe geleitete. »Raus mit Ihnen«, zischte sie.
    Der frischgebackene Generalhauptmann brauchte dazu keine Extraeinladung. Mit größter Erleichterung strömten er und seine Männer wieder auf die Straße und bereiteten ihre müden Reittiere darauf vor, die Stadt zu verlassen. Cosca wurde gewaltsam in seinen Sattel geschoben, das schüttere Haar zerrauft, und er sah mit einem Ausdruck schockierter Benommenheit auf Dimbik herab.
    »Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich Sie bei mir aufnahm«, murmelte er. »Versoffen, ausgemustert, wertlos. Und ich habe Ihnen gütig die Hand gereicht.« Er versuchte, diese Geste nachzuahmen, doch die Handschellen hinderten ihn daran.
    Dimbik glättete sich das Haar. »Die Zeiten ändern sich.«
    »Das ist eine Gerechtigkeit, was, Sworbreck? Das ist ein Beispiel von Treue! Schauen Sie nur hin, Sie alle, das ist es, wohin einen die Nächstenliebe bringt! Das sind die Früchte der Höflichkeit und der Rücksicht auf andere Menschen!«
    »Bring doch endlich jemand diesen Kerl zum Schweigen!«, fauchte Lorsen, und Kogg lehnte sich aus dem Sattel und stopfte Cosca ein Paar Socken in den Mund.
    Dimbik beugte sich zum Inquisitor hinüber. »Es wäre vielleicht besser, sie zu liquidieren. Cosca hat noch immer Freunde in der Kompanie, und …«
    »Ein durchaus gut gemeinter und gut vorgebrachter Hinweis, aber das kommt nicht infrage. Sehen Sie ihn an.« Der berüchtigte Söldner gab tatsächlich ein äußerst elendes Bild ab, wie er da mit hinter dem Rücken gefesselten Händen auf dem Pferd saß, der zerrissene und verdreckte Mantel völlig verrutscht, angetan mit einem Brustpanzer, von dem das Gold abblätterte und der Roststellen zeigte, mit dem Ausschlag auf seiner faltigen Haut und Koggs Socken, die aus seinem Mund hingen. »Seine Zeit ist vorbei, das ist doch offensichtlich. Und überhaupt, mein lieber Generalhauptmann …« Dimbik richtete sich auf und zog seine Uniform bei dieser Anrede glatt. Ihm gefiel der Klang der Worte außerordentlich. »Wir brauchen doch jemanden, dem wir die Schuld an allem geben können.«
    Trotz der starken Schmerzen im Magen, dem Ziehen in seinen Beinen, dem Schweiß, der sich stetig unter der Rüstung ausbreitete, blieb er gerade aufgerichtet auf dem Balkon stehen, starr wie eine mächtige Eiche, auch lange noch, nachdem die Söldner im Dunst verschwunden waren. Denn hätte es sich der große Legat Sarmis, der skrupellose Befehlshaber, der unbesiegte General, die rechte Hand des Kaisers, die im ganzen Weltenrund gefürchtet wurde, etwa gestattet, auch nur das geringste Zeichen von Schwäche zu zeigen?
    Es kam ihm vor wie eine schmerzhafte Ewigkeit, bis Hochwürden, gefolgt von Tempel, zu ihm hinaustrat und die ersehnten Worte sprach: »Sie sind weg.«
    Alles an ihm wurde schlaff, und aus den Tiefen seiner Seele entrang sich ihm ein Stöhnen. Dann setzte er den albernen Helm ab und wischte sich den Schweiß mit zitternder Hand von der Stirn. Er konnte sich kaum daran erinnern, während all der langen Jahre am Theater je ein alberneres Kostüm getragen zu haben. Zwar wurden ihm jetzt keine Blumengirlanden von einem bewundernden Publikum zugeworfen, wie sie sich nach jeder seiner Vorstellungen als Erster der Magi auf der breiten Bühne des Schauspielhauses zu Adua getürmt
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