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Blutkrieg

Blutkrieg

Titel: Blutkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Füßen. »Den … den Toten, Hexenmeister.«
Andrej sah ihn nur verständnislos an.
»Wir haben versprochen, sie nach Hause zu bringen.«
Und ihr habt euer Wort gebrochen. Dafür werdet ihr sterben.
»Aber wir haben unser Wort nicht gebrochen!«, begehrte
Andrej auf. »Wir bringen sie nach Hause! Aus keinem anderen
Grund sind wir hier!«
»Nein, Hexenmeister, das tun wir nicht.« Abu Duns Stimme
klang flach, wie ein erschüttertes Flüstern. Andrej konnte nicht
sagen, ob er die Worte des Rabenwesens nun ebenfalls gehört
oder auf seinen Einwand antwortete. Es spielte auch keine Rolle.
»Was redest du da, du Narr?«, keuchte er. Der Rabe starrte aus
glänzend schwarzen Augen auf sie herab.
Abu Dun wurde noch bleicher, als er unter seiner
nachtschwarzen Haut ohnehin schon war. Einen endlosen
Herzschlag lang starrte er zu dem unheimlichen Geschöpf über
ihnen hinauf, dann drehte er sich herum und ging mit steifen
Schritten über das Deck. Andrej folgte ihm, verwirrt und bis ins
Mark beunruhigt, und aus dem Krächzen des Raben wurde …
etwas anderes. Ein halbes Dutzend lautlos gleißender Blitze
zerriss den Himmel rings um sie herum und ließ den weißen
Schemen am Horizont geisterhaft aufleuchten.
»Dort.«
Abu Dun war stehen geblieben, hatte sich vorgebeugt und
deutete auf eine Stelle am Heck des Schiffes, wo der Rumpf
unmittelbar über der wie mit einem Lineal gezogenen reglosen
Wasserlinie auf mehr als Manneslänge geborsten war. Im ersten
Moment wusste Andrej nicht, was Abu Dun ihm bedeuten
wollte und nahm an, dass er ihm erneut vor Augen führte, wie
erbarmungslos der Sturm der Schwarzen Gischt zugesetzt hatte,
doch dann erinnerte er sich: Es war gestern gewesen, während
des Sturms, und unmittelbar bevor er ins Wasser gesprungen
war, um die davontreibenden Toten zu bergen. Für einen
Moment glaubte er den in schmutziges Leinentuch eingenähten
Körper noch einmal zu sehen, der langsam, zugleich auch mit
einer Beharrlichkeit, die nur von einem Toten auszugehen
vermochte, gegen die morschen Wände seines Gefängnisses
antrieb.
»Sag nicht, dass du -?«, keuchte er.
»Woher sollte ich denn das wissen?!«, unterbrach ihn Abu
Dun gereizt. Er schrie fast.
»Er ist davongetrieben?«, krächzte Andrej. Ein Gefühl kalten
Entsetzens begann sich in ihm auszubreiten. Er spürte die
bohrenden Blicke eines schwarzen Augenpaares, das sie von der
Höhe des Mastes herab anstarrte.
»Ich hatte damit zu tun, dich vor dem Ertrinken zu retten, du
Narr!«, verteidigte sich Abu Dun. Doch auch in seiner Stimme
schwang nun ein unüberhörbarer Unterton von Betroffenheit
mit. Ihr habt euer Versprechen gebrochen. Ihr werdet sterben.
»Aber es war nicht unsere Schuld!«, verteidigte sich Andrej.
»Woher sollten wir es denn wissen?«
Ihr habt euer Versprechen gebrochen. Ihr werdet sterben.
»Kennst du denn gar kein Erbarmen?«, murmelte Andrej.
Ein einzelner, diesmal ganz besonders greller Blitz spaltete
den Himmel und die ganze Welt über ihnen in zwei ungleiche
Hälften, und in seinem flackernd verlöschenden Licht schwang
sich ein riesiges geflügeltes … Etwas von der Rahe, breitete
seine Schwingen unendlich weit aus und schoss ein kurzes Stück
weit fast senkrecht in den Himmel hinauf. Dann erlosch das
Gleißen des Blitzes und aus der Kreatur wurde wieder etwas,
was ihren Augen vorzugaukeln versuchte, nichts anderes als ein
Rabe zu sein. Für einen Augenblick schöpfte Andrej beinahe
Hoffnung, dass seine Worte gehört worden waren, und als hätte
der Dämon seine Gedanken gelesen, machte er mitten im Flug
kehrt und stieß wie ein Raubvogel auf Abu Dun und ihn herab.
Andrej duckte sich instinktiv und machte einen hastigen
Schritt zur Seite. Der Nubier aber hieb mit seinem Krummsäbel
nach dem herabstoßenden Raben. Er verfehlte ihn um
Haaresbreite; gerade dicht genug, dass sein Schwerthieb eine
Handvoll abgetrennter Schwanzfedern des Vogels aufwirbelte,
die ihn noch einen Moment lang umtanzten, wie um sich für den
feigen Angriff zu rächen. Der Rabe selbst stieß in schrägem
Winkel auf die Wasseroberfläche unter ihnen herab, verschwand
in einem gewaltigen Aufklatschen darunter und wurde kurz zu
einem schlanken, glitzernden Schemen, der schnell und elegant
wie ein Fisch durch das Wasser glitt, bevor er zehn Schritte
weiter wieder auftauchte – und in der Öffnung im Rumpf
verschwand!
»Bei Allah!«, keuchte Abu Dun, und noch bevor Andrej
verstand, welche Vorahnung ihn so

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