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Blutkrieg

Blutkrieg

Titel: Blutkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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beklemmenden
Schemen im Eis los und ging ein wenig schneller, um zu Abu
Dun und dem Jungen aufzuschließen. Die beiden waren
mittlerweile weit genug von ihm entfernt, um zu bloßen
Schatten geworden zu sein, die manchmal mit dem grünen
Wogen zu verschmelzen schienen, und er befürchtete, den
Anschluss zu verlieren.
    Die Anzahl der dampfenden Quellen nahm ab, je tiefer sie in
das Eislabyrinth vordrangen, und es wurde kälter. Andrej schritt
noch rascher aus, stolperte und konnte gerade noch einen
hastigen Schritt machen, um nicht zu stürzen.
    Verwirrt blieb er stehen, senkte den Blick und runzelte
überrascht die Stirn. Der Boden, über den er schritt, bestand
nach wie vor aus Eis, war aber nun von unzähligen dünnen,
ineinander gedrehten und gewundenen Ranken übersät. In
seinem ersten Schrecken kamen sie ihm vor wie heimtückische
Tentakel, große Nester voller glitzernder, sich windender
Würmer, die nach ihm zu greifen schienen. Doch als er genauer
hinsah, entdeckte er nichts anderes als dünne, gewundene
Stränge aus Wurzelwerk, die sich zu einem knorrigen Teppich
verbanden. Mehr als einmal blieb er mit der Stiefelspitze an
einem der Stränge hängen und geriet abermals ins Stolpern.
    Irgendwann – endlich – wurde es vor ihnen heller. Gelbliche
Lichtfinger stahlen sich durch das Grün, und von weiter oben
drang ein sanfter Schimmer auf sie herab, gebrochen und
abgeschwächt, aber so ungewohnt … normal wirkend, dass
Andrej vor Erleichterung beinahe laut aufgelacht hätte.
    Der Junge und Abu Dun wurden langsamer, dann bogen sie
auf einen Pfad ein, der ein Stück weiter in die Tiefe führte.
Trotzdem wurde das Licht vor ihnen heller. Andrej beeilte sich
aufzuschließen. Die Helligkeit nahm nun rasch zu, sodass es ihm
leichter fiel, den Stolperfallen der Wurzeln und Ranken
auszuweichen.
    »Das ist es!« Der Junge blieb stehen und drehte sich zu Andrej
um. Er winkte ihm aufgeregt zu. »Das Haus! Dort könnt ihr
euch ausruhen!«
    Andrej war mit zwei schnellen Schritten bei seinem Freund
und ihrem kleinen Führer. Ihm entfuhr ein Ausruf des
Erstaunens.
    Nachdem das Licht heller geworden war – und vor allem nach
den Worten des Jungen – hatte Andrej angenommen, dass sie
nun das Ende der Eishöhle erreicht hatten und wieder ins
Tageslicht hinaustreten würden. Doch das Gegenteil war der
Fall: Sie kamen lediglich in eine weitere Eishöhle, wenngleich
in eine, deren schiere Größe ihm im ersten Moment den Atem
verschlug.
    »Da vorne ist unser Haus! Seht ihr? Genau, wie ich es euch
gesagt habe!« Lif deutete, heftig mit beiden Armen
gestikulierend, nach vorne, und Andrej riss sich mit einiger
Mühe von dem unglaublichen Anblick los und sah in die
angegebene Richtung. Tatsächlich, der Junge hatte Recht. Das
Dach des Hauses war nur als schwarzer, schwerer Schatten zu
erkennen, der auf mächtigen Wänden ruhte. Aber er sah auch
Fensteröffnungen, erkannte ein Geländer, das eine schwere und
erstaunlich breite Holztreppe einrahmte, die irgendwo unter
ihnen in der Dunkelheit endete. Es war ein Haus unter der Erde
– ein sehr großes Haus! – so bizarr Andrej der Gedanke auch
vorkam.
»Lif!«
    Ein heller, dünner Schrei schallte vom Haus zu ihnen herüber.
Aber Andrej und Abu Dun zuckten zusammen, als hörten sie das
Signal für einen Angriff. Auch der Junge duckte sich, dann
jedoch fuhr er herum und begann auf das Haus zuzuhetzen.
    »Liftrasil!«, schrie er. »Wo bist du? Bleib da! Ich habe Gäste
mitgebracht.«
»Gäste«, knurrte Abu Dun. »Nun ja, das ist vielleicht nicht
ganz der richtige Ausdruck.«
Ehe Andrej ihn fragen konnte, was er damit meinte, eilte er Lif
auch schon hinterher. Seine Schritte polterten laut und sonderbar
hart auf dem abschüssigen Boden. Andrej folgte ihm, wenn auch
deutlich langsamer. Er war noch immer verwundert von dem,
was er sah. Die Höhle war nicht einfach nur eine weitere Höhle
– sie war gigantisch, eine ungeheuerliche unterirdische Schlucht
von einer Breite von vielleicht hundert Manneslängen und einer
Länge, die er nicht einmal zu schätzen vermochte, mit Wänden,
die steil in die Höhe strebten, als hätte ein leibhaftiger Gott eine
Axt von der Größe eines Landes gehoben und die Welt damit
gespalten. Der Himmel aus Eis befand sich mehr als hundert
Meter über ihren Köpfen, und das Grün, das auch hier die
vorherrschende Farbe war, kam nicht allein aus den Wänden.
Auch hier war der Boden von einem dichten

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