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Blutlust

Blutlust

Titel: Blutlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riccarda Blake
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träumen wagte.
    Diese Augen! Obwohl sie ebenso sympathisch lächelten wie sein Mund, war da zugleich eine merkwürdige Wachsamkeit in ihnen zu lesen, gepaart mit außergewöhnlicher Intelligenz und einer Spur tiefer Melancholie, die ihn sehr viel älter erscheinen ließ, als er war.
    Das Bemerkenswerteste an diesem Blick jedoch war, dass er absolut und uneingeschränkt mir galt. Man kennt die Formulierung »bohrender Blick« für besonders eindringlich schauende Augen, und im ersten Moment hätte ich sie beinahe auch benutzt, aber in Wahrheit war dieser Blick vielmehr in mich eintauchend als bohrend. Sich in mich einschmiegend. Mich von außen kommend erfüllend.
    Es war ein seltsam vertrautes Gefühl, und ich wollte es fassen, suchte in meiner Erinnerung nach dem passenden Vergleich. Wie ein zärtlicher, unaufdringlicher Kuss?
    Nein, das traf es nicht ganz. Es fühlte sich noch anders an. Ebenso sinnlich, aber weniger romantisch. Mir wurde bewusst, wie es sich anfühlte … und ich wurde rot. Aber es war genau das, was ich empfand: Sein Blick fühlte sich an wie ein warmer, fester, in mich gleitender Schwanz.
    Ja, das war es, was seine Augen in mir auslösten: pure Erregung!
    So etwas hatte ich noch nie erlebt. Ich stand hier auf einem verlassenen Fabrikgelände vor einem Club, und der Blick dieses schönen fremden Mannes erregte mich so sehr, als würde er jeden Moment heiß und lustvoll in mich eindringen. Ich fühlte, wie es zwischen meinen Schenkeln tatsächlich zuckte, und meine Wangen glühten bei dem Gedanken, dass diese außergewöhnlichen Augen vielleicht gerade lesen konnten, was ich dachte.
    Mit einer fließenden Bewegung griff er nach meiner Hand.
    Wieder durchfuhr mich ein wohliger Schauer, als seine Finger die meinen berührten. Seine Haut war angenehm kühl und der Griff fest, ohne plump oder grob zu sein. Mit vor Verblüffung offen stehendem Mund sah ich zu, wie er meine Hand hob, ihr in einer leichten Verbeugung entgegenkam und sie mit seinen weich-festen Lippen auf altertümliche Art küsste. Das Gefühl seiner Lippen auf meiner Haut war beinahe noch erregender als sein Blick, und meine Knie wurden so weich wie mein Hals trocken.
    Verdammt! Er benahm sich wie ein Gentleman und Mann von Welt, und ich stand hier wie ein tölpelhaftes Bauernmädchen aus North Dakota und gaffte ihn an, als käme er von einem anderen Stern.
    »Hallo, Sinna«, erwiderte er meinen Gruß, sein Gesicht jetzt nicht mehr weit von meinem entfernt. Ich konnte die einzelnen Härchen seiner dunklen und ungemein dichten Augenbrauen erkennen und sein Eau de Toilette riechen. Es hatte eine markante, aber unaufdringliche Sandelholz-Note und einen Moos-Ton. Ich mochte vom Land kommen, aber ein gutes Parfüm erkannte ich, wenn ich es roch. Unter größter Anstrengung schloss ich meinen offen stehenden Mund und lächelte.
    Da geschah etwas Seltsames.
    Sein Gesicht noch immer über meine oben gehaltene Hand geneigt, sog er die Luft mit seiner schmalen, geraden Nase ein und schloss genussvoll die Augen. Schnupperte er etwa gerade an mir? Irritiert wollte ich meine Hand aus seiner ziehen, als seine Augen sich wieder öffneten und direkt und tief in meine blickten.
    Seine Pupillen waren größer geworden. So groß, dass sie das Braun darum herum fast völlig verschluckten. Sie leuchteten wie polierter Onyx im Schein einer flackernden Kerze. Animalisch. Verführerisch.
    Und dann sagte er etwas, das meine Irritation mit einem Schlag wegwischte; vielmehr mit einem Wort, denn mehr war es nicht. Aber danach hätte er meinetwegen meine Hand auch mit Honig beschmieren und abschlecken können, ohne dass es mich gestört hätte. Offen gestanden hätte er danach einfach alles mit mir tun dürfen, und ich weiß nicht, ob es am Inhalt dessen lag, was er sagte, oder an der Stimme, mit der er es sagte, oder an der Art, wie er es sagte.
    Er sagte einfach nur: »Einzigartig!«
    Aber er sagte es so melodisch, so vibrierend stark und zugleich so sehr voller Bewunderung und Sehnsucht, ja fast Hunger, dass ich plötzlich den Eindruck hatte, dass kein Wort, das ich jemals zuvor gehört hatte, so ehrlich und so wahr geklungen hatte. Ich will damit nicht sagen, dass ich ihm glaubte, einzigartig zu sein oder mich selbst dafür hielt, sondern dass ich ihm ohne auch nur den Hauch eines Zweifels glaubte, dass er mich für einzigartig hielt.
    »Findest du?«, fragte ich trotzdem. Ich wollte es einfach noch mal hören.
    »Es ist so«, antwortete er, und sein Lächeln

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