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Blutmusik

Blutmusik

Titel: Blutmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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ich.«
    Kenneth kniete neben ihr nieder. »Wir möchten dir gern
zeigen, wie es ist, wie sie sind.«
    »Ihr habt eine Gehirnwäsche bekommen«, sagte sie.
»Ich möchte lebendig sein.«
    »Mit ihnen sind wir noch weit mehr lebendig«, sagte ihre
Mutter. »Kindchen, wir haben keine Gehirnwäsche bekommen,
wir sind überzeugt. Anfangs haben wir Schlimmes durchgemacht,
aber das ist jetzt nicht mehr notwendig. Sie zerstören nichts.
Sie können alles in sich bewahren, in der Erinnerung, aber es
ist viel besser als Erinnerung…«
    »Weil du dich selbst hineindenken und dort seinkannst,
genauso wie es war…«
    »Oder sein wird«, ergänzte Howard.
    »Ich weiß noch immer nicht, was ihr meint. Sie wollen,
daß ich meinen Körper aufgebe? Sie werden mich umwandeln,
wie sie euch umwandelten, wie sie die ganze Stadt
umwandelten!«
    »Wenn du bei ihnen bist, wirst du deinen Körper nicht
mehr brauchen«, sagte ihre Mutter. Suzy schaute sie entsetzt an.
»Suzy, Kindchen, wir haben es mitgemacht. Wir wissen
Bescheid.«
    »Ihr redet wie diese Leute von der Mun-Sekte«, sagte
Suzy. »Ihr habt mich immer gewarnt, daß die Mun-Leute und
andere Jugendsekten mich übervorteilen und ausnutzen
würden. Nun kommt ihr und wollt mir eine Gehirnwäsche
machen. Ihr füttert mich und macht es mir angenehm, und ich
weiß nicht mal, ob ihr meine Mutter und Brüder
seid.«
    »Du kannst so bleiben wie du bist, wenn du das willst«,
sagte Kenneth. »Sie dachten bloß, du würdest gern
mehr darüber wissen. Es gibt eine Alternative zu Alleinsein und
Angst.«
    »Werden sie meinen Körper verlassen?« fragte sie
und hielt die Hand hoch.
    »Wenn es das ist, was du willst«, sagte ihre Mutter.
    »Ich möchte lebendig sein, nicht ein Geist.«
    »Ist das deine Entscheidung?« fragte Kenneth.
    »Ja«, sagte sie mit Entschiedenheit.
    »Möchtest du, daß auch wir gehen?«
    Sie spürte wieder die aufkommenden Tränen und griff nach
der Hand der Mutter. »Ich bin verwirrt«, sagte sie.
»Ihr würdet mich nicht belügen, nicht wahr? Ihr seid
wirklich Mutter und Kenny und Howard?«
    Sie nickten. »Nur besser«, fügte Howard hinzu.
»Hör zu, Schwesterchen! Ich hatte die Weisheit wirklich
nicht mit Löffeln gegessen, nicht wahr? Ich war vielleicht
gutmütig, aber manchmal doch ein rechter Klotz. Doch als sie in
mich kamen…«
    »Wer sind sie?«
    »Sie kamen von uns«, sagte Kenneth. »Sie sind wie
unsere eigenen Zellen, nicht wie eine Krankheit.«
    »Sie sind Zellen?« Sie dachte an die klumpigen Dinger
– die Namen hatte sie vergessen –, die sie in der Schule
unter dem Mikroskop gesehen hatte. Das machte ihr noch mehr
Angst.
    Howard nickte. »Und klug. Als sie in mich kamen, fühlte
ich mich so stark – im Geist. Ich konnte denken und mich an
alles mögliche erinnern, sogar Ereignisse, die ich gar nicht
erlebt hatte. Es war, als unterhielte ich mich am Telefon mit
Tausenden von klugen Leuten, allesamt gute Freunde, zur
Zusammenarbeit geneigt…«
    »Meistens«, sagte Kenneth.
    »Na ja, sie streiten manchmal, und wir streiten auch. Es ist
nicht alles eitel Sonnenschein. Aber niemand haßt den anderen,
weil wir alle hunderttausendfach, vielleicht millionenfach dupliziert
sind. Weißt du, wie im Kopiergerät. Über das ganze
Land verteilt. Sollte ich hier und jetzt sterben, so gibt es Hunderte
von anderen, die auf mich eingestimmt sind, bereit, ich zu werden,
und so sterbe ich nicht. Ich verliere bloß dieses bestimmte
Ich. Dafür kann ich mich auf alle anderen einstimmen, und ich
kann überall sein, und es wird unmöglich – zu
sterben.«
    Suzy hatte aufgehört zu essen. Nun ließ sie das
Herumstochern mit der Gabel sein und legte sie aus der Hand.
»Das ist jetzt zu schwer für mich«, sagte sie.
»Ich möchte wissen, warum ich nicht auch krank
wurde.«
    »Laß sie diesmal antworten«, sagte ihre Mutter.
»Du brauchst ihnen bloß zuzuhören.«
    Suzy schloß die Augen.
    Verschiedene Leute
    manche wie du
    starben/Unheil/Ende
    beiseitegelegt, konserviert
    wie Nationalparks
    diese Leute/du
    zu lernen.
    Die Worte formten sich nicht bloß in ihrem Bewußtsein.
Sie waren begleitet von einer klaren, lebhaften Serie visueller und
sinnlich wahrgenommener Reisen über weite geistige und
physikalische Entfernungen. Sie wurde sich der Unterschiede zwischen
Zellintelligenz und ihrer eigenen bewußt, der verschiedenen,
nun zusehends integrierten Erfahrungen; sie kam in Berührung mit
den Gestalten und Gedanken vom Menschen, die in die Zellerinnerungen
eingegangen

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