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Blutnebel

Blutnebel

Titel: Blutnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
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hätte vorher Schreie gehört, aber Robbie Joe sagt, er nicht.« Rollins schob den Hut nach hinten und wischte sich die Stirn. »Kann gut sein, dass er recht hat und sie sich nur was eingebildet hat. Als der Anruf bei uns einging, dachten wir erst, es sei jemand ertrunken, doch als wir die Würgemale an ihrem Hals gesehen haben, haben wir das schnell verworfen. Der ärztliche Leichenbeschauer hat kein Wasser in ihrer Lunge gefunden, also können wir davon ausgehen, dass sie dort lediglich abgelegt wurde. Vier Tage lang haben wir die umliegenden Wälder abgesucht und nicht ein Fitzelchen gefunden, das darauf hinweisen würde, dass sie hier ermordet wurde. Höchstwahrscheinlich hat jemand an einer der Straßen in der Nähe angehalten und die Tote hierhergetragen. Wenn die Jugendlichen nicht zufällig an diesem Abend vorbeigekommen wären, wäre die Leiche wahrscheinlich nie gefunden worden. Der Teich ist nämlich ein ehemaliger Kalksteinbruch. Die ersten Siedler der Stadt haben hier Stein für ihre Häuser abgebaut. Das Wasser ist an manchen Stellen sechs, sieben Meter tief.« Er zeigte ans andere Ufer. »Das zweite Paar Jugendliche ist von da drüben gekommen. Und so wie die vier hier rumgetrampelt sind, glaub mir, da hätten wir schon übermenschliches Glück haben müssen, um einen brauchbaren Fußabdruck des Täters zu finden, falls er überhaupt einen hinterlassen hat.«
    Das Funkgerät an Marks Gürtel gab ein lautes Rauschen von sich, ehe die körperlose Stimme aus der Zentrale ertönte. »Wagen eins, wo sind Sie?«
    Mark löste das Gerät vom Gürtel und antwortete. »Wagen eins. Ich bin am Ashton’s Pond. Was gibt’s?«
    Ramsey richtete sich auf und ging am Ufer entlang, wobei sie vor jedem Schritt aufmerksam den Boden musterte. Das polizeiliche Absperrband umgab die Stelle, wo das Opfer gefunden worden war. Sie sah die halb abgeschnittenen Schilfrohre, an denen die Teenager herumgesäbelt hatten. War die Leiche da abgelegt worden, wo man sie gefunden hatte, oder war sie abgetrieben und hatte sich in den Binsen verfangen, die am Ufer wie kleine, hohle Speere aus dem Wasser ragten?
    Sie betrachtete die Wasseroberfläche. Sie war ruhig, ja regelrecht unbewegt. Das Wasser verströmte einen leichten Geruch, etwas Metallisches mit einem Hauch Fäulnis. Kaum eine Welle zeichnete sich ab.
    Ramseys Haut prickelte, und einen kurzen Moment lang stießen Vergangenheit und Gegenwart so heftig zusammen, dass sie nicht mehr unterscheidbar waren.
    Laufen. Eine Hand vor dem Mund, um ihr Keuchen zu dämpfen, während sie durch den morastigen Wald auf den Sumpf zustolperte. Verstört von dem, was hinter ihr lag. Und voller Angst davor, was sie erwartete, wenn sie erwischt wurde. Die Gefahr lauerte in jedem Schatten vor ihr. Hallte in jedem kleinen Laut wider. Die Gewissheit ihres eigenen Todes wurde von Minute zu Minute deutlicher.
    »Ramsey?«
    Sie zuckte zusammen, rutschte aus und landete mit einem Fuß im weichen Matsch. Wasser überspülte ihren Schuh, ehe sie ihn freibekam. Dabei fiel ihr Blick auf etwas silbrig Blitzendes neben ihrem Fuß, als lauere etwas unter der Wasseroberfläche, in der Hoffnung auf ein argloses Fressopfer. »Ja?«
    »Ich muss zurück. In meinem Büro sitzt ein Nachrichtenteam und verlangt nach einem Statement.«
    Er machte sich sogleich auf den Rückweg in die Richtung, aus der sie gekommen waren, doch Ramsey nahm sich die Zeit, ihren Schuh an dem feuchten Gras abzuwischen, das ein paar Meter neben dem Teich wuchs. Irgendetwas veranlasste sie, sich noch einmal umzusehen, und so warf sie einen raschen, verstohlenen Blick nach hinten. Doch alles war unverändert. Ein nasser, stiller Teich, ruhig und irgendwie abweisend, umstanden von Steinen, Sumpfpflanzen und stachligen Büschen. Ein Ort, dem der Tod nicht fremd war.
    Sie schüttelte den Gedanken ab und zwang sich, hinter Mark in die zunehmend dichter stehenden Bäume zu laufen.
    Das Einzige, was noch schlimmer wäre, als ein zweites Mal durch diesen Wald zu gehen, wäre, ihn allein durchqueren zu müssen.
    »Motel« war ein höflicher Ausdruck für die Zeile kleiner Bungalows, die sich am Ortsrand von Buffalo Springs über eine grob gekieste Fläche verteilten. Ramsey stand in der Tür von Nummer neun und musterte ihr einstweiliges Zuhause. Grüner Teppichboden – mein Gott, war das Schlingenware? –, der erbarmungslos gesaugt worden war. Die billige Holzverkleidung an den Wänden war frisch poliert, und sie hätte gewettet, dass weder auf dem

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