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Blutportale

Blutportale

Titel: Blutportale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Nachmittag abgeholt werden sollte. Dabei konnte er sich auch eine Taktik zurechtlegen, was beim Auftauchen der Schläger zu tun war. Klein beigeben würde er nicht. Will nahm einen grünen Steckschaumstoffblock und fing an, das Gesteck zusammenzusetzen, das er vor seinem inneren Auge sah. Dabei verblasste alles andere, seine Konzentration galt allein seiner Kunst; indische Farbenlehre, Ikebana, sein ganz eigenes Bauchgefühl und deutsches Handwerk flössen ineinander. Schlicht und stilvoll zugleich erwuchs aus Tannenzweigen, zarten Ranken, weißen Lilien und dezenten blauen Trockenbeeren ein letzter Gruß der Arbeitskollegen an Arnold Wengert, sechsundfünfzig Jahre alt, gelernter Busfahrer. Auf dem schwarzen Trauerband, das er von Hand mit schönster Kalligraphie und weißem Lackstift verzierte, sollte der Spruch stehen: Rechts vor links - wo immer du bist, Arnold! Kopfschüttelnd schrieb Will. Nachdem er das Ausrufezeichen gemalt hatte, streckte er sich, blickte auf die Uhr - und erstarrte: Die Stunde, die ihm Hansen eingeräumt hatte, war viel zu rasch verstrichen. Die Türglocke schrillte; und noch einmal, und gleich darauf erneut. Schließlich ein viertes und fünftes Mal.
    Will merkte, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief. Er spähte aus dem kleinen Zimmer über den Arbeitstisch in den Verkaufsraum.
    Vor dem Tresen standen fünf breit gebaute Männer, die alle schwarze Anzüge, weiße Hemden und Sonnenbrillen trugen. Eindeutig nicht die Trauergäste von Arnold Wengerts Beerdigung, die erschienen, um das Gesteck abzuholen.
    Der Mann in der Mitte hielt einen Schnellhefter in den behandschuhten Fingern. Handschuhe gegen Abdrücke, schoss es Will durch den Kopf. Er stand auf, wischte sich die Finger an einem Tuch ab und behielt es in der rechten Hand. Durch die Scheibe sah er einen dunkelgrünen Transporter mit getönten Fenstern vor dem Laden stehen.
    Sein Kalarippayat betrieb er in erster Linie wegen des meditativen Charakters, weniger zur Verteidigung. Gebraucht hatte er diese Kunst in einem echten Kampf bisher nur einmal, gegen die beiden Typen mit den Baseballschlägern, die vor einiger Zeit versucht hatten, Schutzgeld von ihm zu erpressen. Die hier waren zu fünft, aber immerhin unbewaffnet.
    »Guten Tag. Was kann ich für Sie tun, meine Herren?«
    Der Mann legte den Schnellhefter vor sich, dann schob er ihn langsam auf Will zu. »Sie können etwas für sich selbst tun, Herr Gul«, bekam er zur Antwort. »Leiten Sie den Kaufvertrag weiter, und wir sind wieder verschwunden.« Dann grinste er, die Drohung blieb unausgesprochen, schwebte aber so deutlich im Laden wie der Qualm der Räucherstäbchen.
    Will lächelte und wusste, dass es nicht echt aussah. Seine Mundwinkel fühlten sich vollkommen verkrampft an, als würden sie mit Plastikhaken nach hinten gezogen. »Gehen Sie.« »Das werden wir, Herr Gul«, der Mann tippte auf die Mappe, »aber nicht ohne eine Antwort.« »Verschwinden Sie!«
    Sein Gegenüber legte den Kopf etwas schief, erwiderte nichts, sondern steckte die Hände in die Taschen. »Brauchen Sie eine Entscheidungshilfe?«
    Ein zweiter Mann trat vor, nahm die schwere elektronische Kasse mit beiden Händen - und schleuderte sie, ohne hinzuschauen, hinter sich. Sie krachte in eine Standvitrine und brachte sie zum Einsturz. Die darin präsentierten Deko-Artikel polterten zu Boden.
    »Hey, nein!«, rief Will und langte nach den Unterlagen, ohne nachzudenken. »Ich mache es, bevor Sie meinen Laden vollständig zerlegen«, sagte er, um Zeit zu gewinnen. »Wie viel bekomme ich?«
    Der Schlägerboss fasste unter sein Jackett und reichte ihm gönnerhaft einen silbernen Umschlag. »Dreißigtausend Euro. Hier habe ich eine kleine Anzahlung für Sie und eine Entschädigung für die Folgen unseres ... Gesprächs. Mehr werden Sie von Frau Hansen erfahren. Ihre Nummer haben Sie. Und jetzt, Herr Gul, unterschreiben Sie hier die Erklärung, dass Sie unseren Auftraggeber mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen werden.«
    So viel zum Thema Zeit gewinnen. Er würde ganz sicher nicht durch eine Unterschrift bezeugen, dass er sich einschüchtern ließ. Also lief es doch auf eine körperliche Auseinandersetzung hinaus - und zwar jetzt.
    Eine Strategie war ihm beim Gesteckanfertigen nicht eingefallen, also musste er improvisieren. Er benötigte einen Vorteil, um es mit der Übermacht aufnehmen zu können. Bei fünf Männern, die wahrscheinlich genügend Erfahrung im Geschäft des

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