Blutportale
sollte. Dann machte er sich lang und stach tief, genau auf ihr Knie zu.
Wieder parierte sie, fälschte die Klinge ab und konterte, indem sie in seine Schulter stach und eine rote Linie über das Schlüsselbein zog.
»Un point pour Rapier«, sagte der Professor.
»Trop tard, n'est-ce pas?«, kommentierte Justine und schlürfte ihren Kaffee. »Trop lentement.« Noch während Levantin versuchte, die Schmerzen zu kontrollieren, griff Saskia wieder an, trieb ihn rückwärts in den schmalen Flur, aus dem es kein Entkommen gab; eine Planche mit Wänden. Es wäre ein Leichtes, durch die dünnen Begrenzungen zu brechen, aber das hatte er nicht nötig. Nicht gegen einen Menschen.
Absichtlich wich er zurück, bis er die Tür hinter sich spürte. Beim nächsten Angriff der Frau lenkte er ihre Klinge dagegen. Das Rapier fuhr durch das Plastik in die Füllung. Sofort stach er nach Saskia, die ihm gefährlich nahe gekommen war - doch sie zog den Bauch ein, und das geschliffene Ende verfehlte sie. Ein lauter Fluch drang über seine Lippen. Sie trat ihm gegen die Brust, warf ihn rückwärts gegen die Tür, die unter seinem Gewicht brach. Saskia zog ihre Waffe wieder an sich und griff ihn an, deckte ihn mit schnellen Schlägen ein, die mehr an Bühnenfechten als an einen Wettkampf erinnerten, bis sie ihn ein drittes Mal verletzte. Dieses Mal schnitt sie ihm quer über den Bauch. Sein Hemd und sein Anzug hingen in Fetzen an ihm. Dann zog sie sich mit ausgestrecktem Arm bis ins Wohnzimmer zurück und grüßte.
»Un point pour ...«, setzte der Professor an.
»Ich weiß«, schrie Levantin, rammte sein Rapier in die Wand, warf Sakko, Krawatte und Hemd von sich und stampfte ins Wohnzimmer. Im Vorbeigehen riss er die Waffe heraus. Er fühlte, dass seine Augen golden leuchteten und seinen aufgewühlten Zustand verrieten. Es lief gar nicht so, wie er es hatte haben wollen. Die Frau kämpfte heute anders. Gelöster und befreiter ... und mit der Unterstützung ihres Ahnen, wie es den Anschein hatte. Das Rapier brachte ihr Glück. Er blutete aus drei Wunden, und sie schwitzte gerade mal ein bisschen. Zwei sehr unterschiedlich wertvolle Körperflüssigkeiten.
Levantin hatte nicht vor, den Kampf nach dem fünften Punkt zu beenden. Er würde sie wieder zeichnen. Wenn sie mit so etwas wie Anstand oder Ehrenhaftigkeit rechnete, würde er sie enttäuschen. Er stand weit über ihr, und sie erfuhr die Gnade der zweiten Erhöhung. Dieser durfte sie sich nicht verweigern. Weder sie noch die anderen minderwertigen Geschöpfe würden ihn daran hindern.
Dieses Mal begann er mit einer Ausfallserie, zwang sie rückwärts auf das Fenster zu. Sie leitete seinen Angriff ab, die Klinge prallte gegen das Glas und rutschte mit einem Quietschen über die Oberfläche, ehe es unter dem Druck barst. Saskia trat hinaus auf den Balkon und lächelte. Levantin setzte nach, sprang hinaus und spürte, dass das Holz unter seinen Füßen knirschte. Etwas mehr als dreihundert Kilogramm auf der recht kleinen Fläche belasteten das Material sehr.
Saskia stach schon wieder zu.
Er blockte ihr Rapier und rammte seinen Ellbogen gegen ihre Schläfe, woraufhin sie zur Seite taumelte und von der Brüstung aufgehalten wurde. »Un point pour...«, prophezeite er grinsend. Saskia schoss herum, ging tief in die Knie - und stach ihm von unten durch den rechten Arm. »... moi!«
Levantin schrie seinen Ärger heraus. Was war mit ihm, dass er schlechter kämpfte als jemals in seinem langen Leben?
Die Frau hatte sich an seinen Beinen vorbei abgerollt, und er sprang instinktiv in die Höhe, damit die Klinge ihn nicht in den Kniekehlen erwischte.
Noch bevor er landete, wusste er, dass das ein Fehler gewesen war.
Krachend barsten die Latten unter seinen Sohlen.
Levantin schoss abwärts, die Stockwerke und Balkone hinab, ohne seinen Fall aufhalten zu können, bevor er auf dem harten Platz vor dem Gebäude mit den Füßen voraus aufschlug. Es knackte in seinem rechten Bein, und heiße Schmerzen durchzuckten ihn.
Die ersten Neugierigen erschienen auf den Balkonen, Passanten blieben stehen, und die Menschen mit Handys, die alles und jeden fotografierten, um Leserreporter zu werden, waren auch schon da. Einen solchen Sturz sah man nicht alle Tage.
Fluchend zog er sich an einem Betonkübel in die Höhe, setzte sich auf eine Bank, nahm das Rapier in die Hand und wartete, dass Saskia erschien. Sein Handy, das er aus der Hosentasche zog, hatte den Aufprall nicht überstanden.
Die Tür
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