Blutrote Schwestern
er immer noch Gitarre spielen lernt – und nach wie vor nicht besonders gut ist – und dass Rosie immer noch die alten Rezepte von Oma March durchprobiert – und das ebenfalls nicht besonders gut hinbekommt. Scarlett lächelt und stellt die Karte zu den anderen auf den Küchentisch. Es sind Hunderte, fast für jeden Tag eine, gefüllt mit gefalteten Rosen, Schwänen und Fröschen. Sie stammen aus verschiedenen Städten – San Francisco, Phoenix, Boston, New York. Silas hat das Haus seines Vaters verkauft, damit Rosie und er von dem Geld seine Geschwister besuchen und ihr Verhältnis zueinander verbessern können. Sie wollen sich absichtlich an fremden Orten verlieren, das örtliche Essen probieren und Händchen halten, während sie die Welt erkunden. Ihr Leben dreht sich um die dringende Frage »Wo sollen wir hingehen?«, während Scarletts entschiedene Antwort darauf ist: »Genau hier werde ich gebraucht.«
Die Schwestern rufen sich selten gegenseitig an, denn sie wissen, was sie einander zu sagen haben: Ich liebe dich. Ich vermisse dich. Machen wir einen Fehler? Beide kennen die Antwort auf die Frage. Nein, es ist kein Fehler. Es ist eine harte und vielleicht sogar grausame Notwendigkeit.
Rosie grinst, als Silas bei ihr ankommt, zwei Bahnkarten in der Hand. Er lässt seinen Koffer fallen und umarmt sie. Sie küssen sich wie Liebende in alten Filmen, zwei Menschen, die es nicht kümmert, wenn andere ihnen zusehen. Sie kichert, als er sie anblickt, als wäre sie das Wunderbarste, was er jemals gesehen hat. Als könne sie verschwinden, falls er blinzelt. Sie lässt die Finger über die Haare an seinem Genick gleiten und lächelt, als der Zug in den Bahnhof einfährt.
Scarlett klettert die Treppenstufen zur Dachterrasse hinauf. Heute Nacht ist eine gute Nacht zum Jagen. Das Verlangen, sich auf die Straßen zu begeben, zerrt bereits an ihr wie ein alter Freund. Ihr Blick wandert über die Stadt.
Wohin heute Nacht gehen? Wen beschützen und wen verteidigen?
Sie bindet ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen, als sie auf die Straßen unter sich blickt.
Ihre
Straßen,
ihre
Verantwortung und Passion. Es dämmert bereits – daher eilt sie zurück nach unten und bereitet sich darauf vor, früh zu gehen. Das Apartment ist nicht mehr das, was es einmal war; unzählige Verzierungen schmücken die einst kahlen Wände: kunstvoll gefaltetes Papier, das Rosie geschickt hat, so viel davon, dass es wie eine Blumenwiese aussieht, die das ganze Jahr hindurch blüht. Scarlett lässt ihre Finger über den blutroten Mantel gleiten, der über einer Stuhllehne hängt.
Rosie setzt sich, während Silas das Gepäck über ihrem Kopf verstaut. Ihr Mantel liegt in dem ramponierten Koffer, zerschlissen und weitestgehend unbenutzt, aber immer noch vorhanden. Wie ein stiller Freund, der auf den richtigen Moment wartet, um sich am Gespräch zu beteiligen. Sie dreht sich, um aus dem Fenster zu blicken, während der Zug ruhig dahinrollt, unsicher, wonach sie eigentlich genau sucht.
Scarlett wirft sich den Mantel in einer fließenden, schnellen Bewegung über die Schultern. Rosie lächelt, als die Landschaft dahinzufliegen beginnt. Scarlett tritt auf die Straßen der Stadt hinaus. Rosie greift nach Silas’ Arm.
Identische Erinnerungen wirbeln durch ihre Köpfe, Erinnerungen an das Rennen durch taufeuchtes Gras, daran, wie sie sich im Kreis drehen und sich im Garten gegenseitig festhalten. Erinnerungen, in denen sie den Überblick verlieren, wer von ihnen wer ist. Als würde ein wunderschöner goldener Faden sie verbinden. Ein einziges, gemeinsames Herz.
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Danksagung
W enn das Schreiben meines ersten Buches
Drei Wünsche hast du frei
schwer war, dann war die Arbeit an meinem zweiten nahezu unmöglich. Unter diesen Umständen sollte ich mich fürchten, ein drittes Buch zu schreiben, aber glücklicherweise kenne ich ein paar Leute, die mich unterstützen – Menschen, die mir dabei geholfen haben, Scarlett und Rosie Stimmen, eine Geschichte und ein Herz zu verleihen. Aus diesem Grund bin ich den folgenden Personen auf ewig zu Dank verpflichtet:
Natürlich meiner Schwester, Katie Pearce, nicht nur, weil sie die Quelle vieler Inspirationen war, sondern auch, weil sie mir gesagt hat, wie viel Scarlett, Rosie und Silas einstecken können, ehe es medizinisch unglaubwürdig wird.
Großvater Pearce, ohne den Rosie vermutlich niemals aus dem U-Bahn-Tunnel herausgekommen wäre.
Saundra Mitchell, die in Rekordzeit Anmerkungen zu frühen
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