Blutsbund 5 Viktor (German Edition)
Verwirrung, sodass Lew vorsichtig seine Hand ausstreckte und diese anbot. Es dauerte einen Moment, bis sich die wesentlich kleinere und eiskalte in seine legte. Er richtete sich auf, ging langsam mit Vadim auf die Beifahrertür seines Wagens zu und kaum hatte er ihn auf den Sitz verfrachtet, schloss er diese und stieg selber ein.
»Ich versteh nicht, wieso er dich gewandelt hat«, flüsterte Lew.
»Sagst du mir jetzt, was ein Vampir ist und wie ich nach Hause komme?«
»Ich erkläre dir auf dem Weg ein wenig, zumindest was ich weiß, in Ordnung? Lass uns erst einmal aus der Kälte verschwinden.« Er wartete keine Antwort von Vadim ab, sondern setzte den Wagen in Bewegung.
»Vampire sehen genauso aus wie Menschen, aber sie altern nicht mehr und ernähren sich von Blut. Außerdem sind sie schneller und stärker und können sogar von einem Ort zu einem anderen springen, sich in Luft auflösen sozusagen.«
»Wenn ich einer bin, dann kann ich ja nach Hause.«
»Hast du eine Familie, Vadim?«
»Ja, meine Eltern. Sie warten bestimmt schon auf mich.«
Lew schluckte und setzte vorsichtig an. »Du bist kein Mensch mehr, Vadim. Du brauchst jetzt Blut und nicht nur Essen und ... du musst von Menschen trinken.« Er blickte nur eine Sekunde auf das Kind neben sich, doch dessen Augen waren so entsetzt aufgerissen, dass ihn die Erkenntnis ebenso schmerzte, wie es wohl auch Vadim tat.
»Ich kann nie wieder nach Hause?«
»Es ... ich ... es tut mir leid. Ich weiß nichts genaues, Vadim, und werde erst mit einem anderen Vampir sprechen müssen. Ich bin keiner von euch.«
Der Junge begann zu schluchzen und barg sein Gesicht in den Händen. Lew fühlte schlagartig Hilflosigkeit in sich aufkommen. Während er schweigend die restliche Strecke nach Hause fuhr, verfluchte er sich dafür, dass er so abgeschnitten von der Außenwelt war, sonst hätte er jetzt, wenn auch ungern, Alexander angerufen, um zu erfahren, was er tun sollte.
Es dauerte einen Moment, bis er registrierte, dass neben ihm Stille eingetreten war. Als er kurz zur Seite blickte, war der Junge eingeschlafen. Ihm wurde in dieser Sekunde klar, dass auf dem Beifahrersitz ein Vampir saß, der früher oder später Blut bräuchte und hier gab es weit und breit niemanden, außer ihm. Gedanken rasten ihm durch den Kopf, denn er dachte daran, dass Werwolfblut dafür gesorgt hatte, dass Valja nach St. Petersburg gegangen war. Er rieb sich mit der freien Hand über die Schläfe und rätselte, welche Wirkung sein Blut auf einen derart jungen Vampir haben würde. Ebenso sorgte ihn die Frage, wie viel davon nötig war, damit Vadim satt wurde, denn mehr als sechs oder sieben Liter besaß auch ein Werwolf nicht. Er seufzte leise und verzweifelt.
Knapp dreißig Minuten später lag Vadim auf seinem Sofa, während Lew die Einkäufe verstaute. Er blickte auf die Wodka-Kartons, die er gerade in die Kammer geschafft hatte, und sehnte sich danach, eine Flasche zu öffnen und sich den Inhalt in den Rachen zu schütten, als würden dadurch Lösungen präsentiert werden. Doch er schüttelte den Kopf, denn zeitgleich wurde ihm bewusst, falls das Kind Blut von ihm brauchte, wäre es wohl ganz und gar unpassend, wenn sich Alkohol darin befand. Er stiefelte in die Küche und beschloss, dass er sich stattdessen lieber einen Kaffee genehmigte. Ein Schmerzensschrei aus dem Wohnzimmer sorgte dafür, dass er fast seine Tasse hätte fallen lassen. Er stellte diese ab und ging ins Nebenzimmer.
»Was ist, Vadim?«
Das Kind blickte ihn entsetzt an und hielt sich den Magen, dann sah er die Fänge, die sich in die Unterlippe gruben.
»Oh«, mehr brachte er nicht heraus, denn das war der Moment, der ihn die ganze Zeit beschäftigte. Würde der Vampir gleich über ihn herfallen und er müsste sich wehren, um am Leben zu bleiben? »Du brauchst Blut.«
Die Augen des Jungen weiteten sich vor Entsetzen und Lew versuchte mit aller Macht, die Ruhe zu bewahren. »Ähm. Ein Glas. Blut in einem Glas«, stammelte er zusammenhanglos. Jedoch gefiel ihm der Gedanke nicht recht, dass er sich die Pulsadern aufschneiden musste, um eine derartige Menge in einem Gefäß zu sammeln. »Ähm ... Vampire beißen einen normalerweise ... traust du dir das zu, Vadim?«
Der Kopf schüttelte sich so schnell, dass Lew der Bewegung kaum folgen konnte. »Gut ... ich ... ja ... ich bin dann mal in der Küche und bringe dir gleich etwas Blut.« Er drehte sich um und unterbrach den Weg zur Küche. »Verbandsmaterial. Wo habe ich
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