Blutspur
Verrückt.
War es wieder so ein Teufelszeug, das die Dunklen gebraut und unter die Vampire gebracht hatten? War es ein Zauber? Oder gar ein Virus, das uns befallen hatte? Wir mussten es herausfinden, sobald wir uns formiert und neu aufgerüstet hatten. Es würde zum Äußersten kommen, das war mir mehr als bewusst.
Brandon wischte mir eine Schneeflocke von der Wange. Ich sah in sein ebenmäßiges, vom Kampf gezeichnetes Gesicht.
„ Ich bin beeindruckt“, sagte er anerkennend.
„ Nicht mehr als ich“, gab ich zu. „Und das ist erst der Anfang. Das Einzige, was mir wirklich Sorgen macht, ist, wem wir vertrauen können.“
„ Das werden wir uns immer fragen, jeden Tag auf's Neue, glaub mir.“
Ich nickte wissend und nahm seine Hand. Wir gingen zum Ausgang des Friedhofs, blutverschmiert, mit zerrissener Kleidung, aber am Leben. Nachdem die Krieger nachgesehen hatten, ob wir unbemerkt durch den Wald zu den Vans laufen konnten, gaben sie uns Zeichen.
Die Autos fuhren aus der Stadt heraus, einmal wurden wir zwischendurch angehalten, aber auch hier waren es Reine, die für die Regierung arbeiteten und uns passieren ließen. Man hatte überall Straßensperren aufgestellt, Hubschrauber kreisten über der Stadt. Ich blickte zurück und sah die Rauchwolken, wie sie immer höher stiegen, Feuerwehrsirenen schrillten durch die Straßen.
„ Ich glaube einfach nicht, dass es mein bester Freund war.“
Brandon lehnte sich im Sitz zurück und schloss die Augen. Blood lag auf seinem zerfetzten Ledermantel und legte den Kopf auf seine Vorderpfoten.
„ Das ist es ja immer. Man kann in niemanden hineinsehen, Brandon. Das ist einfach unmöglich.“
Er drückte meine Hand. „Trotzdem ist es bitter. Ich habe ihm seit Jahren vertraut, das kann ich nicht einfach so vergessen.“
„ Das sollst du auch nicht.“
Rafael redete mit Brandon, sagte ihm, wie leid es ihm tat und dass er hätte merken müssen, was in Sebastian vorgegangen war. Er sprach über die Zukunft, was er sich wünschte und vorstellte, wie es weiterging und fragte mich, welche Pläne ich hatte.
„ Ich weiß es noch nicht. Alles, was du sagst, klingt gut. Auch ich möchte, dass die Menschen gerettet werden und nicht den Dunklen zum Opfer fallen, aber ich fürchte auch, dass es auf ewiges Blutvergießen hinauslaufen wird. Wir werden niemals alle auf einmal bekommen, niemals immer Siege davon tragen, aber wir können viel abwenden und besser machen.“
Rafael lächelte. „Ich sehe und höre deine Mutter in dir. Sie war auch mit kleineren Dingen zufrieden und wurde für ihre Stolz und ihre Hartnäckigkeit geliebt.“
Er fasste in seine Jackentasche und zog ein Foto hervor, das er mir gab. Ich hatte eine Ahnung, was ich darauf sehen würde. Zitternd schaute ich mir die Fotografie an, die meine Mutter und mein Vater zeigte. Beide hielten sich im Arm und lachten in die Kamera. Lana trug ein hellblaues Kleid, das ihren anmutigen Körper zierte. Johns dunkelgrauer Anzug stand ihm sehr gut. Seine Haare formten sich im Nacken zu Locken und seine hellen Augen strahlten Wärme aus.
„ Danke.“
Wir hofften, dass die Dunklen den Krieg wieder auf die Inseln verlagerten, aber nach diesem Angriff war nichts mehr unmöglich. Sie würden sicher keine Milde walten lassen und wir mussten überlegen, wie wir es anstellen sollten, sie zu überlisten. Dafür hatten wir jahrzehntelang Zeit, nur die Menschheit nicht.
Pierre hatte mich heute überrascht, offenbar war er doch nicht der französische Schönling, für den man ihn unweigerlich halten musste. Brandon hatte gelacht, als ich ihm das sagte und mir widerwillig zugestimmt.
Der Doktor hatte es ebenfalls geschafft und die meisten Krieger der Sturmtruppen.
Das Hohe Gericht wurde völlig ausgebombt vorgefunden, keiner hatte überlebt. Brandon hatte das ein Grinsen entlockt. Eine Vampirin, die Phaedra hieß, war auch dem Terrorregime der Dunklen zum Opfer gefallen. Darüber schien Brandon und vor allem Rafael mehr als betrübt. Ich musste dringend mit ihm darüber sprechen.
Wir fuhren durch den anbrechenden Morgen, auf der Suche nach einem neuen Zuhause, weit ab von der Menschheit, weitab von einem normalen Leben, das ich als junge Frau geführt hätte. Doch ich war eine von ihnen, ich war die Königin, auch wenn es mehr als absurd klang, die sie von nun an anführen würde.
Ich war niemals eine Liebhaberin der Nacht gewesen und so sah ich mich
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