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mayday mayday ... eastern wings 610

mayday mayday ... eastern wings 610

Titel: mayday mayday ... eastern wings 610 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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17. September, Alquería Blanca, Mallorca, Ortszeit: 9 Uhr 30
    Anja wußte es … Sie hat es vorausgesehen, ihr war klar, was kommen würde … Du aber? Nichts als zum Flughafen wolltest du, koste es, was es wolle. Deine Schuld! … Jawohl, deine verfluchte Schuld … Iris dachte es. Doch alles war bereits zu spät. Die Flammenschlangen krochen bereits über das nasse Gras. Sie dachte es wenige Sekunden vor ihrem Tod …
    Als sie die Koffer in den Leih-Peugeot 204 schoben, schien auch Anja gewahr zu werden, daß sich etwas verändert hatte: Die silberfeuchten Schleier über dem Land waren verschwunden. Wolken hatten sich über das Meer gesenkt, und ein stumpfes Grau, ungreifbar und doch allgegenwärtig, nahm von der Welt Besitz und löschte selbst über dem Klosterberg der Consolación jede Farbe. Zwischen Meer und Berg aber verdichteten sich die Wolken zu einer hohen schwarzen, von weißen Streifen durchbrochenen Mauer.
    »Was ist denn das?«
    Von den Brotfruchtbäumen, die rechts und links der steinigen Zubringerstraße auf rotgebrannten Feldern standen, flogen Blätter auf, nun ganze Büschel von Zweigen – sie wirbelten durch die Luft wie schwarze, verrückt tanzende Vögel. Die Zypressen oben am Kloster schnellten peitschengleich hin und her, bis sie sich zu einer demütigen Kurve beugten.
    »Los, in den Wagen!« Iris warf hinter Anja die Tür zu, rannte um die Kühlerhaube und setzte sich hinters Steuer. Den Druck des Windes spürte sie nun körperlich. Dann trommelte es wie mit Fäusten gegen die Karosserie.
    Sie ließ den Motor an und rollte hinunter zur Zubringerstraße. Sie hatte alle Mühe, um den Peugeot mit Gegensteuern einigermaßen in der Spur zu halten. »Mein lieber Mann!« schrie sie. »Gibt das eine Verspätung heute! Bei dem Wetter bleiben die Flieger doch unten, oder?«
    Anja nickte. In derartigen Situationen war sie die Expertin. Ihre Erfahrung hatte sie als Freundin eines Lufthansa-Piloten gesammelt – doch weder das Wort Lufthansa noch den Namen Paul wollte sie denken. Zu sehr hatte sie gehofft, während der Tage auf der Insel beides aus dem Bewußtsein streichen zu können …
    Eine breite, gerade Straße führte den Abhang hinab, schnurgerade auf Campos zu. Nun war sie verschwunden. Iris hatte die Scheinwerfer eingeschaltet. Die Scheibenwischer bewältigten die Wassermassen nicht mehr. Sie tickten sinnlos vor sich hin.
    Auch die anderen Fahrzeuge hatten ihre Geschwindigkeit verlangsamt. Alle fuhren im Schrittempo mit eingeschalteten Scheinwerfern.
    Iris versuchte einen Landrover zu überholen und fiel wieder zurück: »Wieso auch? Ist doch Blödsinn. Jetzt startet keiner. Das gibt ein Theater auf dem Flughafen.«
    Sie hatte die Worte kaum ausgesprochen, als es wirklich losging: Ein bläuliches Funkeln erleuchtete die unheimliche Wolkenmasse von innen, ein zweiter Schein weiter rechts, nun links, und schließlich, gleich einem Sieg, ein triumphaler, gleißender, vielfach geäderter blauer Feuerstrom, der vom Himmel vor ihnen ins Feld fuhr.
    Der Peugeot schleuderte. Instinktiv hatte Iris den Fuß auf die Bremse gerammt.
    »Warum drehen wir denn nicht um?« rief Anja.
    »Würde dir so passen, Kleines. Du kennst doch den Spruch: Was Iris Seifert im Kopf hat …«
    Ein neuer Blitz. Und noch mehr Regen. Regen? Nein, Wasser – Wasser pur … Nie in den Jahren auf Mallorca, und das Ferienhaus bei der Consolación besaß die Familie Seifert seit fast einem Vierteljahrhundert, hatte Iris eine derartige Wetterentladung erlebt. Grau schien der Regen, fast ohne Struktur, schräg kam er, von Böen gepeitscht, und knallte gegen die Scheibe. An Fahren war nicht mehr zu denken. Überall aus dieser grauen, sonderbar entfremdeten Welt, die sie umschloß, leuchteten rote Kleckse – Stopplichter. Alles stand. Rechts und links der Straße zogen sich tiefe Wassergräben. Sie waren längst gefüllt. Schaumkronen und abgerissene Äste tanzten darauf, braune Wasserkatarakte schossen über die Fahrbahn.
    »Herrgott, wenn das so weitergeht …«
    »Du willst es ja so!« schrie Anja.
    Und wieder Donner. Er kam aus dem Nordwesten, vom Tramontana-Gebirge. Ein wahres Gewitterkarussell mußte das sein.
    Aber der Peugeot fuhr. Die alte Stadt Campos war unpassierbar. Männer in orangefarbenen Plastiküberhängen und Südwestern schickten sie in eine Seitenstraße, die der Regen in einen Fluß verwandelt hatte. Der Wagen mühte sich tapfer, dabei mußte das Wasser seinen Motor überfluten. Innen blieb's trocken – noch

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