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Blutstern

Blutstern

Titel: Blutstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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nervös.
    Â»Nun entspanne dich, mein Lieber«, sagte sie. »Du willst sicher sterben wie ein Mann und nicht wie eine jammernde Memme.«
    Â»Mir ist es egal, wie ich sterbe. Ich will überhaupt nicht sterben, bin noch zu jung, will noch leben!«
    Sie lächelte. Sie hatte ein überirdisches Lächeln. Thomas Drucker hatte den Eindruck, es gäbe für sie nichts Schöneres, als andere zu töten. Sie erhob die Peitsche und schlug ihm mit voller Wucht auf die Brust.
    Â»Nun ergib dich endlich in dein Schicksal«, sagte sie. »Für dich ist ein schöner Tod vorgesehen. Genieße ihn!«
    Sie ging um die Bahre herum, bückte sich und brachte eine Flasche Wodka zum Vorschein.
    Â»Hier, trink einen Schluck, mein Freund«, sagte sie. »Das macht alles viel leichter.«
    Er presste die Lippen aufeinander, wollte nicht trinken, aber sie kam näher, er sah ihre kalten grauen Augen, roch ihr Parfüm. Sie hielt ihm die Nase zu, bis er nach Luft schnappte. Dann schob sie schnell die Flasche in seinen Mund, der Wodka floss in ihn hinein, bis der Wodka ihm aus dem Mund lief, seitlich über seine Wange, am Hals hinunter, auf den Holztisch.
    Â»Wirst du wohl trinken«, schimpfte sie und schlug ihm mit der Peitsche zwischen die Beine. »Das ist ein guter Tropfen, den lässt man nicht auf den Tisch rinnen!«
    Sie flößte ihm mehr Wodka ein und er bemühte sich zu schlucken, denn er sah keinen anderen Ausweg mehr. Vielleicht war es das Beste, ihr nachzugeben. Gefesselt hatte er gegen die beiden Männer mit ihren schwarzen Kapuzen ohnehin keine Chance. Er dachte wieder an Sabine, sah sie vor sich, in seiner kleinen Wohnung unter dem Dach, wo sie sich geliebt hatten und wo sie sicher auf ihn wartete und vielleicht noch nicht einmal ahnte, dass er heute nicht mehr kommen würde. Er merkte, dass der Wodka Wirkung zeigte. Es wurde ihm leichter ums Herz. Manche starben früh, manche starben spät. Keiner hatte das in der Hand. Gut, er hätte gern noch gelebt, aber wenn es jetzt sein sollte …
    Â»Sie haben eine gute Sorte für dich gebucht. Du wirst keine Kopfschmerzen bekommen«, lachte sie.
    Fast wurde sie ihm sympathisch, obwohl sie älter war als er. Dreißig war er vor wenigen Wochen geworden, hatte groß mit Sabine und seinen Freunden gefeiert. Sie wollten sich verloben, wollten in eine gemeinsame Wohnung ziehen. Und jetzt? Alles vorbei?
    Die beiden Männer beobachteten die Zeremonie still. Sie hielten Abstand und ließen die Maskierte ihr Werk verrichten. Die hatte inzwischen eine zweite Flasche unter dem Tisch hervorgeholt und gab Thomas weiter zu trinken. Er lag ergeben auf der Bahre, trank Schluck für Schluck und spürte, wie eine tiefe Müdigkeit in seine Glieder zog.
    Â»Na, geht’s inzwischen besser?«, fragte sie.
    Â»Es geht so«, antwortete er. »Doch ich möchte leben!«
    Â»Du Dummerchen«, sagte sie und strich ihm mit der Peitsche über die Augen. Sie tat das zärtlich, fast, als habe sie sich in ihn verliebt.
    Â»Ich schätze meine Opfer«, flüsterte sie, »nur so kann man ihnen den guten Tod geben.«
    Guter Tod?, dachte er. Kann der Tod gut sein?
    Er schlief jetzt fast, spürte den harten Tisch nicht mehr unter sich, spürte kaum noch die Peitsche, mit der sie ihn hier und da berührte. Er sah die Kerzen rechts und links neben der Bahre, die stark heruntergebrannt waren. Er sah die beiden Männer mit ihren Kapuzen wie in weiter Ferne.
    Â»Bist du bereit?«, fragte sie ihn.
    Â»Ja, ich bin bereit«, sagte er.
    Er konnte sie kaum noch erkennen. Sie schien auf einmal jünger zu sein, nahm das Gesicht von Sabine an.
    Â»So ist es gut«, sagte sie, »du hast es begriffen. Du wirst den Tod lieben. Bald kommt er zu dir, bald wird er dich erlösen.«
    Die Kerzen flackerten. Er wusste nun, warum in Kirchen Kerzen brannten. Er sah die Decke der Sixtinischen Kapelle über sich, sah das Werk Michelangelos, das er mit Sabine in Rom bewundert hatte, in Rom, beim Papst, der aus dem Fenster winkte. Ihm war er jetzt ganz nah, nun konnte der Tod kommen. Er hatte keine Angst mehr vor ihm, begrüßte ihn als seinen Bruder, der ihn mitnahm in eine andere Welt, wo ewiger Frieden herrschte.
    Â»Er ist so weit«, sagte sie leise. »Legt ihn in den Sarg. Ihr wisst was zu tun ist. Alles wie besprochen.«
    Er spürte, dass sie seine Fesseln und die Ledergurte lösten und

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