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Bob, der Streuner

Bob, der Streuner

Titel: Bob, der Streuner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Bowen
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ich verließen erleichtert die Praxis, und ich löste die Rezepte gleich in der Apotheke nebenan ein. Die Apothekerin in dem weißen Kittel war etwas freundlicher als der Tierarzt.
    »Das ist aber ein hübscher Kerl«, bemerkte sie mit Blick auf den Kater. »Meine Mutter hatte auch mal so einen Roten. Er war der beste Kamerad, den sie je hatte. Und eine sehr starke Persönlichkeit. Er saß immer zu ihren Füßen und ließ die Welt an sich vorüberziehen. Wenn eine Bombe neben ihm explodiert wäre, er wäre ihr nicht von der Seite gewichen.« Dabei tippte sie Zahlen in ihre Kasse und legte mir die Rechnung auf den Tresen.
    »Das wären dann zweiundzwanzig Pfund, mein Lieber«, zwitscherte sie. Mein Herzschlag setzte kurz aus.
    »Zweiundzwanzig Pfund! So viel?«, stammelte ich. Zu diesem Zeitpunkt belief sich mein gesamtes Barvermögen gerade mal auf 30 Pfund.
    »Leider ja«, antwortete die Apothekerin lächelnd, aber mit unerbittlichem Blick.
    Ich übergab ihr meine 30 Pfund und strich das Wechselgeld ein. Ich hatte gerade eine komplette Tageseinnahme für Katzenmedizin ausgegeben. Aber was blieb mir übrig? Ich konnte meinen neuen Freund doch nicht im Stich lassen!
    »Sieht aus, als müssten wir zwei die nächsten vierzehn Tage miteinander auskommen!«, informierte ich den Kater auf meiner Schulter, als wir aus der Apotheke traten und uns auf den langen Weg zurück nach Tottenham machten.
    Es war ein Versprechen. In den nächsten zwei Wochen würde ich den Kater auf keinen Fall freilassen. Nicht, bevor seine medizinische Versorgung abgeschlossen war. Außer mir würde niemand dafür sorgen, dass er regelmäßig seine Tabletten nahm. Der Tierarzt hatte wegen der Infektionsgefahr auch Freigänge ab sofort verboten.
    Zum ersten Mal in meinem Leben wurde ich gebraucht. Es gab jemanden, um den ich mich kümmern musste. Verwundert stellte ich fest, dass mich die neue Verantwortung beflügelte. Für ihn zu sorgen, gab meinem Leben endlich einen Sinn.
    Am Nachmittag stürmte ich die nächstgelegene Zoohandlung und kaufte Katzenfutter für die nächsten beiden Wochen. Der Tierarzt hatte mir eine Probe von wissenschaftlich erprobtem, hochwertigem Trockenfutter mitgegeben. Mein eigenwilliger Schützling hatte es für gut befunden. Also kaufte ich einen großen Sack davon und eine Palette Nassfutter. Neun Pfund kostete mich dieser Großeinkauf für die Katz. Danach war ich total pleite.
    An diesem Abend musste mein schnurrender Patient allein zu Hause bleiben. Ich fuhr mit meiner Gitarre nach Covent Garden, um Geld zu verdienen. Ab jetzt hatte ich zwei Mäuler zu stopfen.
    In den darauf folgenden Tagen wurde Rotpelzchen aufgepäppelt. Dabei lernte ich ihn besser kennen und fand endlich auch einen passenden Namen für ihn: Bob. Die Idee hatte ich, als ich mir eine DVD meiner alten Lieblingsserie Twin Peaks ansah. Darin kommt einer vor, der heißt Bob, der Killer. Er ist ziemlich durchgeknallt und spielt einen Mann mit zwei Gesichtern, so eine Art Jekyll und Hyde. Zeitweise ist er ganz normal, dann wieder total verrückt und unberechenbar. Der Kater erinnerte mich sehr an diesen Bob. Die meiste Zeit gab er das glückliche, zufriedene Schmusekätzchen. Aber von einer Sekunde zur anderen, völlig unerwartet, drehte er komplett durch. In diesen verrückten fünf Minuten schoss er wie ein blutrünstiger, etwas zu klein geratener Tiger durch mein Apartment und bearbeitete mit weit aufgerissenen Augen, angelegten Ohren und Kampfmaunzen gnadenlos meine gesamte karge Einrichtung.
    Ich unterhielt mich mit meiner Freundin Belle über diese seltsamen Anwandlungen meines Mitbewohners, als es mir wie Schuppen von den Augen fiel: »Er hat viel gemeinsam mit Bob, dem Killer aus Twin Peaks«, teilte ich ihr mit. Aus ihrem verständnislosen Blick schloss ich, dass sie die Serie nicht kannte. Auch egal! Hauptsache, ich wusste, warum Bob der perfekte Name für meinen roten Pflegekater war.
    Inzwischen war ich überzeugt, dass Bob noch nie mit Menschen unter einem Dach gelebt hatte. Denn er verweigerte stur und standhaft das Katzenklo. Sobald die Natur rief, stand er an der Wohnungstür und jammerte so lange, bis ich ihn nach unten trug, damit er sich in der Grünanlage rund um unser Haus erleichtern konnte. Wenn ich ihn vor der Haustür absetzte, raste er los zu den Büschen, erledigte sein Geschäft und scharrte danach endlos lange in der Erde herum. Es schien ihm ungemein wichtig, jeglichen auch noch so kleinen Beweis seiner Tat bis auf das letzte

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