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Bob, der Streuner

Bob, der Streuner

Titel: Bob, der Streuner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Bowen
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immer fasziniert. Warum ist ihnen das so wichtig?
    Als Bob endlich mit seinem Werk zufrieden war, schlenderte er gemütlich über die Wiese auf mich zu. Aber plötzlich erstarrte er zur Salzsäule. Sämtliche Muskeln waren angespannt, und er fixierte mit starrem Blick etwas für mich Unsichtbares im Gras. Ich wollte ihm schon entgegengehen, um herauszufinden, was ihn so störte. Aber noch bevor ich einen Fuß vor den anderen setzen konnte, ging Rotpelzchen ab wie eine Rakete.
    Alles ging so schnell, dass ich ihm mit den Augen kaum folgen konnte. Mit blitzschnellem Pfotenschlag grapschte Bob nach etwas für mich Unsichtbarem im Gras. Erst als er es hochwarf, sah ich, was es war. Eine kleine graue Maus, keine fünf Zentimeter lang. Das kleine Ding hatte tatsächlich versucht, unbemerkt an Bob vorbeizuhuschen. Aber es hatte keine Chance. Bob hatte sich mit Lichtgeschwindigkeit und hundertprozentiger Treffsicherheit auf das Mäuschen gestürzt. Jetzt war es zwischen seinen Zähnen gefangen – kein schöner Anblick. Ich sah nur die hilflos zappelnden Beinchen, während Bob in aller Ruhe den Körper der Maus in seinem Maul so zurechtlegte, dass er sie zerbeißen konnte. Das Unvermeidliche war schnell vorbei. Als sich das arme Tier nicht mehr wehrte, legte Bob die tote Maus zurück ins Gras.
    Ich wusste, was als nächstes kommen würde, aber ich wollte nicht, dass er die Maus verspeiste. Mäuse sind berüchtigt als Überträger von Krankheiten. Ich kniete nieder, um ihm seine Beute wegzunehmen. Das fand er leider gar nicht witzig. Er gab ein Geräusch von sich, das ich noch nie zuvor von ihm gehört hatte: eine Mischung aus Knurren und Fauchen. Verwundert hielt ich inne. Mehr Zeit brauchte er nicht, um sich seine Trophäe mit der Pfote wieder zu angeln.
    »Nein, Bob«, schimpfte ich. »Gib sofort die Maus her!« Aber diesmal wollte er nicht hören. Wie kam ich dazu, ihm seine Beute abzuluchsen? Sein stolzer und herausfordernder Blick fragte verständnislos: »Warum sollte ich?«
    So kamen wir nicht weiter. Ich musste ihm einen Tausch anbieten. Hektisch durchwühlte ich meine Manteltaschen nach einem Leckerchen und wurde zum Glück fündig. »Nimm das hier, Bob! Das schmeckt bestimmt viel besser«, lockte ich.
    Aber mein Bestechungsversuch kam nicht an, der Gegenwert war offenbar nicht attraktiv genug. Es folgte ein Kräftemessen mit den Augen. Ich durfte in dieser Situation nicht blinzeln, das wäre in der Katzensprache einer Unterwerfung gleichgekommen. Irgendwann gab er nach und spuckte die Maus aus. Sofort schnappte ich sie an der Schwanzspitze, brachte sie außer Reichweite meines kleinen Killers und entsorgte sie in der Mülltonne neben unserem Wohnhaus.
    Durch den kleinen Zwischenfall fiel mir wieder ein, warum mich Katzen schon immer so fasziniert haben: Sie sind Raubtiere. Die meisten Katzenbesitzer wollen sich ihr süßes kleines Katzenkind zwar nicht als Massenmörder vorstellen, aber genau das sind sie, wenn man sie nur lässt. In vielen Ländern, wie auch in Australien, gibt es eine nächtliche Ausgangssperre für Katzen, weil sie nachts gerne jagen und in der Vogel- und Nagerwelt ihres Reviers wahre Gemetzel anrichten und ganze Arten-Generationen auslöschen können.
    Bob, der Killerkater, hatte gerade seinem Namen alle Ehre gemacht. Seine Vorstellung als kaltblütiger, blitzschnell zuschlagender Räuber war beeindruckend gewesen. Er wusste genau, was er wann und wie zu tun hatte.
    Und schon wieder grübelte ich: Wie und wo hatte er gelebt, bevor er im Flur meines Mietshauses aufgetaucht war? Wovon hatte er sich ernährt? Wie hatte er überlebt? Musste er sein Futter täglich jagen und erlegen wie heute? Hatte er je in einer Familie gelebt oder musste er sich von dem ernähren, was die Natur hergab? Was hatte ihn geprägt, ihn zu dem werden lassen, der er war? Ich hätte es so gern erfahren. Sicher hätte mein Freund Bob, der Straßenkater, die eine oder andere interessante Geschichte erzählen können.
    Auch in diesem Punkt hatten Bob und ich etwas gemeinsam. Als ich obdachlos war, wollten viele Leute von mir wissen, was mich in diese ausweglose Situation getrieben hatte. Manche fragten aus beruflichen Gründen. Ich habe meine Geschichte Dutzenden von Streetworkern, Psychologen und sogar Polizisten erzählt. Sie alle wollten wissen, warum ich auf der Straße gelandet war. Aber es gab auch einige Passanten und Zufallsbekanntschaften, die mich aus reiner Neugier ausquetschen wollten.
    Ist es wirklich so

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