Bodyfinder - Das Echo der Toten
… na ja, außerdem haben wir Wochenende.« Violet hatte ihren Cousin und ihre Cousine sehr gern, aber sie konnte sich etwas Schöneres vorstellen, als den Freitagabend mit ihnen zu verbringen.
Ihre Mutter zog die Augenbrauen hoch. »Solltest du heute mit deinem Traumprinzen verabredet sein, musst du ihm wohl oder übel absagen.«
Violet lachte. »Nein, nein.« Sie seufzte, sie wusste, dass es kein Entrinnen gab. »Na gut. Ich fahre direkt nach dem Abendbrot zu ihnen.«
»Okay, Liebes, ich rufe dich, wenn das Essen fertig ist.«
Violet ging in ihr Zimmer und warf sich aufs Bett. Sie hatte sich vorgenommen, sofort ihre Hausaufgaben zu machen, aber auf einmal war sie so müde und außerdemhatte sie ja noch das ganze Wochenende Zeit … und ehe sie sichs versah, fielen ihr die Augen zu.
Es war ein Geruch, der sie plötzlich hochschrecken ließ. Er hatte etwas Strenges, Aufdringliches an sich.
Sie schaute sich um und setzte sich mit angehaltenem Atem auf.
»Was zum …« Da fiel ihr Blick auf Carl. Der Kater musste auf ihr Bett gesprungen sein, während sie gedöst hatte. Eine beißende Aura umgab ihn.
»Carl!«, rief Violet vorwurfsvoll, hob den dicken Kater vom Bett und brachte ihn zur Tür.
Genau wie den leblosen Mäusen und zerrupften Vögeln, die Carl ihnen regelmäßig vor die Tür legte, hafteten auch dem Kater die Zeichen des Todes an, als wäre er durch das Töten der Tiere von ihnen markiert worden. Im Lauf der Jahre hatte Violet gemerkt, dass es keine zwei Echos gab, die vollkommen gleich waren. Jedes für sich war einzigartig und blieb für immer bestehen, auch wenn es im Lauf der Jahre an Intensität verlor.
Sie hielt die Luft an, während sie Carl die Treppe hinuntertrug. Er wollte sich aus ihrem Griff befreien, doch Violet hatte ihn so fest gepackt, dass es kein Entrinnen für ihn gab. Erst vor dem Haus ließ sie ihn wieder zu Boden, kurz bevor sie ihm die Tür vor der Nase zuschlug. Violet atmete tief durch. So war es besser. Doch ganz ließ sich der Geruch, den Carl verströmte, nicht ausblenden.
Plötzlich konnte Violet es nicht erwarten, aus dem Haus zu kommen, wenn auch nur zum Babysitten.
Sie packte schnell ihre Sachen zusammen und sagte ihrer Mutter Bescheid, dass sie bei ihrem Onkel zu Abend essen würde.
Onkel Stephen, der Bruder von Violets Vater, war der Jüngste von vier Brüdern. Er war der Polizeichef ihrer kleinen Stadt und immer zu Späßen aufgelegt, jedenfalls wenn er nicht im Dienst war.
Onkel Stephens Frau Kathryn war Anfang dreißig, wurde aber aufgrund ihres jugendlichen Aussehens oft auf Mitte zwanzig geschätzt.
»Steht mir das Kleid?«, wollte sie von Violet wissen.
»Wieso fragst du
sie
?«, beschwerte sich Onkel Stephen.
Kat verdrehte die Augen. »Weil du dich normalerweise nur dafür interessierst, ob ich fertig bin oder nicht. Du würdest auch sagen, dass ich in einem Flanellnachthemd gut aussehe, wenn wir dann endlich loskönnten.«
Stephen lächelte sie an. »Du würdest ja auch in einem Flanellnachthemd gut aussehen.«
Kat warf Violet einen entschuldigenden Blick zu. »Verstehst du jetzt, was ich tagtäglich ertragen muss?«
»Ich finde, das Kleid steht dir toll.« Violet runzelte die Stirn. »Aber die Kette würde ich weglassen, das ist ein bisschen zu viel.«
Ihre Tante nickte, als hätte sie schon das Gleiche gedacht, und streifte die lange Kette über den Kopf. »Siehst du, Stephen? Deshalb frage ich sie.«
»Meine Güte, wir gehen doch nur ins Kino.«
»Nein, nein, nein. Restaurant und Kino. Heute ist unser Ausgehabend, Freundchen, vergiss das nicht.« Sie pikste ihm in die Brust. »Außerdem komme ich viel zu selten raus. Da möchte ich wenigstens was hermachen.«
Stephen schlang den Arm um Kats Taille und zog sie an sich. »Du siehst doch immer gut aus. Müssen wir wirklich ausgehen?«
Ihre Tante schüttelte nur den Kopf und setzte an, Violet ein paar letzte Anweisungen zu geben, als Stephen dazwischenging.
»Kathryn Ambrose«, sagte er. »Los jetzt. Sie macht das schon.«
Als die Tür endlich hinter den beiden ins Schloss gefallen war, machte sich Violet daran, das Chaos vom Abendessen zu beseitigen. Im Gegensatz zu Joshuas aufgeräumtem Platz sah der Hochstuhl der kleinen Cassidy aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Und auch die Zweijährige selbst hatte Ketchup an den Händen, im Gesicht und sogar in den Haaren. Violet brauchte eine Viertelstunde, um sie sauber zu machen.
Wenigstens ging das Zubettbringen einigermaßen schmerzlos
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